Mommywars aus Vatersicht: Über schwierige Begriffe wie Familienbett oder Impfen

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Heute gibt es eine Premiere bei uns im Blog. Einer unserer Männer schreibt! So wenig, wie die Papas hier im Blog vorkommen, so sehr haben wir uns gefreut, als Lisas Mann Markus sich für einen Gastbeitrag bereit erklärte. Und nein, das Thema haben wir ihm nicht vorgegeben. Lest selbst!     

Es gibt Worte, die sind in Deutschland ziemlich kontaminiert. Sie sind wie Hundekacke auf einem Berliner Gehweg. Tritt man rein, wird man den Geruch lange nicht wieder los. Rechts ist so ein Wort. Rechts steht für alles Üble, für alles, was niemals wieder sein darf. Wer sich auch nur dem Verdacht aussetzt, rechts zu sein, der bleibt es – beinahe sein Leben lang.

Nie hätte ich gedacht, dass auch Begriffe wie "Familienbett" oder "Impfen" in die Kategorie der kontaminierten Begriffe gehören. 

Mein Eindruck ist: Wer – vorzugsweise in Mütter-Blogs – eine Diskussion zum Thema Familienbett los tritt und auch noch begründet, warum er/sie nichts vom Familienbett hält, der erntet einen Sturm der Entrüstung, dessen Ausmaße beinahe an die Netz-Hysterie nach den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht erinnert. Mir persönlich ist ein Familienbett – anders als Lisa – auch nicht ganz geheuer, weil auch ich finde, dass mein Bett mir gehört und Kinder allenfalls Gastrecht besitzen (auch wenn dieses Gastrecht beinahe Nacht für Nacht auf das Übergriffigste missbraucht wird und ich mich gelegentlich dabei erwische, dass ich den Regel-Missbrauch sogar ganz kuschelig finde…)

Familienbett, ein Substantiv wie Radio, Fernseher oder Tiefkühltruhe, das allenfalls eine Diskussion über Preis, Größe und Farbe auslösen könnte – so dachte ich -, führt dem Tenor nach zu einer Debatte darüber, ob eine Gegnerin des Familienbetts noch eine Mutter oder nicht vielmehr so etwas wie die böse Tante Dete aus Heidi ist. Ich frage mich wirklich seit längerem: Wie kann das sein? 

Nichts anderes beobachte ich, wenn die Sprache auf das Thema Impfen kommt. Ich dachte, Impfen ist eine der großen medizinischen Errungenschaften des vergangenen Jahrhunderts, es hat die Polio und die Diphterie so gut wie besiegt. Vergleichbar vielleicht mit der Erfindung des Rads oder der Demokratie. Wenn also jemand sagt: "Meine Kinder sind geimpft" hat das die Tragweite von "Ich gehe mal eben zum Bäcker, Brot kaufen." 

Trotzdem: Vielleicht gibt es ja gute Gründe, sein Kind nicht impfen zu lassen. Und wer das schreibt, sollte genauso gehört werden dürfen – ohne, dass gleich die verbale Giftspritze rausgeholt wird. 

Warum nur löst ein an sich harmloser Begriffe wie Familienbett, den ich bis vor einem Jahr eher bei Möbel Höffner als in Mütterforen verortete, solche digitalen Schlachten aus, mit Attackierten und Verletzten auf den verschiedenen Seiten der Ideologen-Fronten? Das frage ich mich ernsthaft, seit ich immer mal wieder mehr oder weniger aufmerksam in Mütterblogs reinschiele. Ich habe den Eindruck, nicht mal unter Fußballfans rivalisierender Clubs wird so verletzend diskutiert und kommentiert. 

Geht's nicht eine Nummer kleiner? Ich glaube ja schon, dass die meisten Mütter und Väter, die mitdiskutieren, vor allem eint, dass sie gute Eltern sein wollen. Und wahrscheinlich auch sind, sonst würden sie nicht so vehement für ihre Meinung eintreten.

Fußballfans vertragen sich in aller Regel nach 90 Minuten wieder (nein, wir sprechen hier nicht von Hools, sondern von echten Fans). Und manchmal richten sich Enttäuschung und Wut danach auf das eigene Team, während der Gegner schon wieder vergessen ist. Ein Familienbett ist eigentlich nichts anders als ein Fußballspiel, das in die Verlängerung geht: Nach meist acht Stunden ist alles vorbei, der Tag bricht an. Und wer wann wo geschlafen hat, ist jetzt eigentlich unwichtig.

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10 comments

  1. Inhaltlich völlig richtig, aber..
    Ich stimme Dir vollends zu! Doch über den Anfang bin ich gestolpert…
    Mein Mitgefühl gilt eher jenen, die mit einem ebenfalls kontaminierten Begriff, dem „Gutmensch“, ein Klassiker aus der Nazizeit, in Verbindung gebracht werden. Ihnen wird pauschal und für alle Ewigkeit Einfältigkeit und Blindheit unterstellt. Das juckt mich mehr als die Identitätskrise der Rechten, die angeblich oder vielleicht auch wirklich nicht rechts sind. Übrigens auch mehr als Familienbett oder nicht, so gesehen sind wir absolut auf einer Linie 🙂

  2. diestachelbeere.wordpress.com
    Das sind dann die Hooligans unter den Müttern. Und so, wie diesen nach Ärger suchenden Fans gehe ich auch dieser Sorte Mütter aus dem Weg. Ich erzähl doch nicht jedem, was oder was nicht in meinem Bett passiert 😉 Nur Auserwählten.
    Danke für diesen Beitrag!

  3. Toller Beitrag
    Lieber Markus,
    unterschreib ich alles.
    Theoretisch.
    Aus dem Beitrag von Lisa ging allerdings hervor, dass zumindest sie unter der Situation leidet.

    1. Familienbett
      Ja, liebe Kerstin, es ist ein bisschen paradox bei uns: Lisa befürwortet das Familienbett (tendenziell), schläft aber viel schlechter, wenn ein Kind neben ihr liegt. Ich bin kein großer Anhänger eines vollen Bettes, merke aber manchmal gar nicht, wenn ein Kind da war…

  4. So ist es!
    Ich bin ganz dieser Meinung. Mir schließt sich nur immer die bange Frage an, wie Eltern, die so intolerant sind und nicht ertragen können, dass es in anderen Familien anders läuft als in der eigenen, ihre Kinder dann zu toleranten und offenen Menschen erziehen wollen???

  5. Familienbett
    Richtig, lieber Landpapa, das Thema Familienbett darf, sollte und muss ohne Emotionen diskutiert werden. Das aber das Thema nach 8 Stunden Schlaf erledigt ist, das ist ein Trugschluss. Trotz des zugebenermaßen netten Kuscheleffekts sind die Eltern lange nicht so gut ausgeschlafen wie nach einer Nacht ohne Besuch im Bett. Diese Schlafdefizit wirkt sich mindestens noch auf den folgenden Tag und die innerfamiliäre Stimmung aus. Dass kann dann schon mal so laut wie im Stadion werden. Jedenfalls bei uns

    1. Familienbett
      Stimmt absolut, lieber Jens R., weswegen ich ja eigentlich auch kein Verfechter des Familienbettes bin – zumindest werktags nicht 😉

      1. Es kommt drauf an
        Es kommt sicherlich auch auf die Größe des Familienbettes an und auf das Schlafverhalten der Kinder.