Mein Name ist Janina und meine Tochter Anna-Lisa wird im April 10 Jahre alt. Sie ist übergewichtig, bringt 63 Kilo bei 1,59 Metern auf die Waage.
Anna-Lisa war ein Frühchen, sie wurde sechs Wochen zu früh geboren und nahm anfangs sehr schwer zu. Heute denke ich: was für eine Ironie. Die ersten Wochen freuten wir uns über jedes Gramm und nun ist der Fall ganz anders…
Als meine Tochter ein halbes Jahr alt war, fing es an. Sie nahm zu und zu und war bald am oberen Ende der Gewichtskurve. Natürlich habe ich bemerkt, dass aus meinem zarten Frühchen ein propperes Baby ist – ich machte mir aber keine Sorgen. Von allen Seiten hieß es nämlich: "Ach, das ist Babyspeck, der verwächst sind, sobald sie läuft." und "Sei froh, wenn sie etwas Reserven für einen Infekt hat." Nach ihrem ersten Kitajahr sagte eine Erzieherin erstmals, dass wir das Gewicht von Anna-Lisa beobachten sollten.
Um gleich mal ein Vorurteil zu entkräften: Meine Tochter stopft nicht nonstop Süßes in sich hinein. Sie ernährt sich relativ normal. Viel Vollkorn, Gemüse, weißes Fleisch. Aber ja, sie isst sehr gerne Kohlenhydrate, also Reis, Kartoffeln, Brot – so wie wohl die meisten Kinder. Allerdings isst sie recht große Portionen, weil sie einfach Hunger hat. Sie trinkt fast ausschließlich Wasser – ab und zu gibt es auch mal was Geschmack. Ich weiß, dass das mehr Kalorien hat, aber ich möchte auch nicht alles verbieten. Zwei mal die Woche gibt es was zu Naschen. Anna-Lisa weiß genau, welche Lebensmittel dick machen und welche nicht.
Meine Tochter ist auch kein Bewegungsmuffel. Neben dem Schulsport, geht sie zum Hockey, zur Leichtathletik und zum Fußball. Natülrlich ist sie nicht sie Schnellste und springt auch nicht am Weitesten. Darauf kommt es aber auch nicht an. Sie geht mit Freude zum Sport – das finde ich viel wichtiger.
Weil Anna-Lisa weiterhin zunimmt, haben wir eine Ernährungsberatung der Krankenkasse gemacht und waren letzten Oktober zu Kur. Überall wurde bestätigt, dass Anna weiß, welche Lebensmittel dick machen und dass sie sich überwiegend an gesunde Ernährung hält (das wurde mit einem Tagebuch überprüft). Ihr wurde Blut abgenommen, die Test in Bezug auf Diabetes und Schulddrüse ergaben aber keinen Aufschluss. Manchmal denke ich, dass wir daran schuld sind, weil wir ihr am Anfang so viel wie möglich gefüttert haben, damit sie zunimmt….Vielleicht zahlen wir jetzt die Rechnung dafür?
Anna weiß, dass sie dicker und größer ist als andere Mädchen. Bisher hat sie damit kein Problem. Das liegt sicher auch daran, dass wir hier auf dem Dorf leben – jeder kennt jeden. Die Kinder aus der Klasse kennt sie alle aus der Kita oder der Krabbelgruppe und ihre Freundinnen nehmen sie genau so an, wie sie ist. Darüber bin ich sehr froh. Ein einziges Mal wurde sie beim Leichtathletik-Training von einem Mädchen gehänselt. Da hat Anna ganz cool gesagt: "Ich kann abnehmen, Du bleibst blöd."
Aber ich habe Angst, dass Abnehmen und Essstörungen ein Thema werden könnte, wenn sie jetzt in die Stadt aufs Gymnasium kommt. Ich hoffe, sie wird dort wieder gute Freunde finden.
Ich wünsche Anna-Lisa, dass sie ihr Selbstbewusstsein behält. Aber ich wünsche ihr auch, dass sie etwas abnimmt. Es geht nicht darum, dass sie "hübscher" wird. Nein, sie ist ein ganz zauberhaftes, hübsches, lustiges Mädchen. Es geht darum, dass ihre Gesundheit nicht unter dem Gewicht leidet. Ich will, dass sie ein gesundes, langes, glückliches Leben führt.
4 comments
Same same
Liebe janina, wir haben das gleiche „Problem“ – interessanterweise war meine Tochter bei der Geburt auch so zart. Schon als Stillkind war sie fett. Und auch sie ist trotz sehr gesunder Ernährung und Abneigung gegen Cola und fastfood deutlich schwerer als andere. Ist halt so. Sie ist stark und bildhübsch…und das weiß sie auch 😉 schaut euch mal zusammen den Film embrace an. ..Das hat vor allem mir viel gebracht 😉 Ich bin inzwischen stolz darauf, dass mein Kind kurze Pullis anzieht wo man vielleicht auch ein bisschen von ihrem Bauch sieht. Wenn sie sich gut und schön fühlt ist das doch großartig!wer bin ich ihr zu sagen, dass sie das aufgrund ihres Körpers besser nicht tun soll? Ich habe selbst 15 Jahre eßstörung hinter mir. ..mein ziel war es eine selbstbewusste junge Frau zu erziehen, die Werte schätzt und nicht Äußerlichkeiten. Die ihre Weiblichkeit liebt und annimmt. ..Und ich glaube das ist mir gelungen
Ich seh gerade
Das auf Facebook darüber diskutiert wird, ob man das Foto zeigen kann oder nicht von den Mädchen. Ich finde die Fotos sehr süß, weil sie zeigen, wie gut sich Mutter und Tochter verstehen. Kann gar nicht nachvollziehen, dass sich jetzt alle aufregen.
Finde es gut
Dass die Mutter die Tochter unterstützt! Es gibt auch wichtigeres als den perfekten Körper!
Toll, dass ihr das gemeinsam macht
Liebe Janina, ich selbst bin übergewichtig und das seit Kindertagen.
Ich freue mich total für ihre Tochter, dass Sie als Mutter sie so gut begleiten und unterstützen. Ich glaube, das ist ein guter Schutz gegen Selbstzweifel und Essstörungen! So einen Rückhalt und überhaupt die Thematisierung hätte ich mir als Kind und Jugendliche auch gewünscht. Danke, dass sie für Ihre Tochter da sind!