Liebe Rita, Du hast uns geschrieben, dass Deine Tochter Nara unter einer seltenen Krankheit leidet. Wie äußert sich diese und wie lange hat es gedauert, bis Du die Diagnose hattest?
Nara ist 16 Monate alt und sie hat einen die seltene Form des LCHAD-Mangel, dem MTP-Mangel – das ist eine Fettstoffwechselstörung. Die Diagnose bekamen wir relativ schnell, auf diese Krankheit wird beim Neugeborenen-Screening, das am 3. Lebenstag gemacht wird, getestet.
Dies bedeutete für uns, dass ich nicht stillen durfte und mein Kind zuerst per nasale Magensonde und später per Flasche eine Mischung aus Spezialnahrung und Muttermilch bekam. Die Uniklinik hat uns gut über die Krankheit aufgeklärt und ich fühlte mich zur Entlassung einen Monat später gut auf den Alltag zu Hause vorbereitet. Jeden Monat müssen wir in der Stoffwechselambulanz der nächsten Uniklinik zur Kontrolle.
Wie sieht Dein Alltag mit der Krankheit aus?
Nara hat keine feste Essenszeiten, tagsüber schafft sie maximal 4 Stunden ohne Nahrung, nachts aktuell 6 Stunden. Die Krankheit wird erst seit 1999 erforscht, es gibt keine Medikamente. Auch leichte Infekte können zu einer Stoffwechselentgleisung führen, was ernste Folgen wie Bewusstlosigkeit oder sogar Koma zur Folge haben kann. Die ersten Monate klappte alles glücklicherweise sehr gut, mit acht Monaten bekam Nara dann eine Angina und verweigerte jede Nahrung – was zur Entgleisung führte und uns ins die Klinik brachte.
Seitdem hat sie immer wieder Problem mit dem Trinken, mal schafft sie die Mindesttagesmenge nicht geschafft, mal verweigert sie die die Nahrung ganz – was immer zu Klinikaufenthalten führt. Momentan verweigert sie jede Nahrung außer der Milch komplett. Weil sie in den letzten Monaten nicht an Gewicht zunahm, schlugen die Ärzte eine dauerhafte Mangensonde vor. Sie sollte uns entlasten. Die Idee dahinter war, dass wenn Nara die Mindesttagesmenge nicht schafft, der Rest über die Sonde zugeführt werden kann.
Am Aufnahmetag zur Legung der Sonde verweigerte Nara wieder komplett die Nahrung und es kam zur erneuten Entgleisung, die Sonde konnte dann erst fünf Tage später werden. Seit der letzten Entgleisung im Februar verweigert Nara komplett die Nahrung und wird ausschließlich über die Sonde ernährt. Dies erfolgt mit einer Nahrungspumpe. Da sie aber recht empfindlich darauf reagiert, muss das Sondieren langsam erfolgen. Eine Mahlzeit dauert 1,5 Stunden und wir müssen 5 Mahlzeiten am Tag geben (2, 8, 12, 16 und 20 Uhr). Da Nara oft spuckt und erbricht muss ich die ganze Zeit dabei sitzen und das Sondieren überwachen.
Du bist alleinerziehend. Ist die Partnerschaft an der Herausforderung zerbrochen?
Ich war schon vor der Geburt vom Vater getrennt und es besteht von seiner Seite keinerlei Interesse an uns.
Welche Erfahrungen hast Du mit der Gesellschaft gemacht – wie reagiert sie auf Dein Kind?
Es gibt neugierige Blicke, aber ich gehe dann ganz offen auf die Leute zu und erkläre, was mit Nara los ist.
Wurdest Du von Ämter-Seite gut unterstützt?
Von den Ämtern kam leider keine Unterstützung. Der Antrag auf Höherstufung der Schwerbehinderung läuft (aktuell haben wir 20%), die Pflegestufe wurde bisher abgelehnt. Ein neuer Antrag kann gestellt werden, sobald mein Kind 18 Monate ist.
Hast Du überhaupt Unterstützung?
Nein, momentan nicht. Aber ich ziehe bald zurück zu meiner Familie, die mir dann helfen wird. Dort habe ich auch einen Kitaplatz für die Kleine.
Was wünscht Du Dir für Dein Kind?
Im Juli haben wir einen Termin im Dysphagiezentrum in Darmstadt. Dort erhoffe ich mit eine Erklärung, warum Nara nicht essen und trinken kann und ob und wie wir sie von der Sonde entwöhnen können.
Was möchtest Du allen Müttern sagen, die in ähnlichen Situationen stecken?
Es ist hart, aber man kann es schaffen. Familie ist das Wichtigste auf der Welt.
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Sondenernährung
Liebe Rita, wir hatten auch ein sondenernärtes Kind. Unser Sohn wurde zwei Jahre über ein PEG ernährt, weil auch er krankheitsbedingt Nahrung verweigerte. Das normalste der Welt, nämlich das Essen, wird zur täglichen Herausforderung. Gut ist, dass ihr nach Darmstadt geht. Das Team dort ist super und haben uns hervorragend von der Diagnose, OPs, Sondenentwöhnung und Esstherapie unterstützt. Auch lange Zeit nach den Klinikaufenthalten hatten wir regelmäßig Kontakt und Hilfe.