Liebe Katja, die Geburt deines Kindes ist nicht so verlaufen, wie Du Dir das gewünscht hast. Erzähl mal, was passiert ist.
Meinen ersten Sohn habe ich in einem großen Krankenhaus bekommen. Ich dachte, ich bräuchte die Sicherheit einer Neugeborenen-Intensivstation, falls irgendetwas schief geht. Als wir in den Kreißsaal kamen, war der Muttermund bereits bei 7cm und es ging mir recht gut. Die Wehen waren zwar schmerzvoll, aber ich konnte recht gut damit umgehen. Ich wurde von einer Hebammenschülerin betreut, die ihr Examen bei dieser Geburt machte. Das war für mich in Ordnung – sie war wirklich nett und fast die ganze Zeit bei uns im Kreißsaal.
Da ich allerdings die ganze Zeit auf dem Kreisbett lag, wurden die Wehen für mich immer schlimmer. Ich bat um Schmerzmittel und habe wirklich alles gegen die Schmerzen genommen, was mit angeboten wurde. Rückblickend war ich dadurch richtig benommen und habe die Geburt nicht mehr richtig erlebt.
Als die Oberärztin kam und mich untersuchte, meinte sie, die Fruchtblase wäre so prall, dass man sie aufstechen könne. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, schließlich steckte ich mitten in der Geburt und willigte einfach ein.
Die Geburt zog sich aber trotzdem weiter und ich war körperlich am Ende. Dann kamen die Presswehen, mein Sohn rutschte aber in den Pausen immet wieder zurück. Mir wurde gesagt, ich solle meine ganze Kraft ins Pressen legen, nicht schreien oder andere Geräusche machen. Ich habe es versucht, aber mein Kind wollte nicht so richtig raus. Schließlich warf sich die Hebamme, die die Hebammenschülerin begleitete, auf meinen Bauch und half mit ihren Armen nach. So wurde mein Sohn geboren. Leider bescherte mir diese Aktion einen Dammriss Grad III.
Wie bist Du mit dieser Geburtserfahrung umgegangen? Wie hast Du das verdaut?
Ich hatte lange damit kämpfen. Ich weiß, es ist nichts super dramatisches passiert und ich habe auch oft gehört: "Ja, aber dafür hast Du jetzt ein gesundes Kind." Deswegen habe ich irgendwann einfach nicht mehr von meinem Erlebnis erzählt. Natürlich weiß ich, dass ich Glück habe, ein gesundes Kind zu haben – und trotzdem war diese Geburt einfach so fremdbestimmt, was mir einfach nicht gut getan hat.
Wusstest du trotz dieser Erfahrung noch ein zweites Kind willst?
Ja, wir wollten gerne ein zweites Kind – allerdings brauchte ich etwas Zeit. Und wenn ich daran dachte, dass ich wieder eine Geburt vor mir haben würde, war mir gar nciht wohl dabei.
Deshalb hast Du Dich in der zweiten Schwangerschaft mit Hypnobirthing beschäftigt. Wie bist Du darauf gekommen?
Genau, 2,5 Jahre später war ich wieder schwanger und sehr glücklich darüber. Aber mich beschäftigte das Thema Geburt weiterhin. Ich habe erst einmal nicht drüber gesprochen. Ich dachte: "Gut, da muss ich halt nochmal durch." Als ich eines Abends mit meinem Mann darüber sprach, sagte er, dass auch er keine guten Gefühle hat, wenn er an die anstehende Geburt denkt. Aber was sollte die Alternative sein? Einen geplanten Kaiserschnitt wollte ich nicht. In einer schlaflosen Nacht durchsuchte ich das Internet nach positiven Geburtserlebnissen und landete irgendwann bei Hypnobirthing. Die Frauen schrieben von tollen Geburten, die schmerzfrei oder so gut wie ohne Schmerzen gewesen waren. Viele von den Frauen hatten bei vorherigen Schwangerschaften auch blöde Erfagrungen gemacht. Ich suchte im Internet, ob es das auch bei uns in der Nähe gibt. Und ja ich hatte Glück. Ich erzählte meinem Mann davon, der erst etwas skeptisch war. So ein Kurs kostet nunmal auch viel Geld und die Krankenkassen zahlen meist nichts dazu. Aber mein Mann sagte dann, dass wir das machen, wenn es mir Sicherheit geben würde.
Wie ging es weiter?
Ich rief bei einer Doula an, die dann sogar zu uns nach Hause kam. Sie erklärte uns, warum es überhaupt zu einem Schmerzempfinden kommt und dass der Kopf dabei eine wichtige Rolle spielt. Wir haben viele Entspannungsübungen gemacht und auch Audiodateien bekommen, mit denen wir das selbst üben sollten. Diese Dateien habe ich mir wirklich fast täglich angehört. Grade, wenn ich schwer in den Schlaf fand oder der Tag einfach nicht so gut war, taten mir die Übungen wirklich gut. Ich fühlte mich durch diesen Kurs einfach sicherer und mein Mann wurde gestärkt. Die Doula hatte ihm gezeigt, wie er mich unter der Geburt unterstützen kann. So wurde auch er gelassener und wir standen dem Ganzen positiv entgegen.
Wie lief die zweite Geburt dann ab?
Drei 3 Tage nach dem geplanten ET war es soweit. Nachts um 1 Uhr wurde ich wach und wusste: Es ist so weit. Ich stand leise auf und ging ins Wohnzimmer. Dort schaute ich etwas Fernsehen und machte meine Atemübungen. So kam ich eine ganze Zeit super zurecht. Die Wellen (beim Hypnobirthing sagt man nicht Wehen, da das schon so negativ klingt) fühlten sich nicht wie ein Schmerz an sondern eher wie Druck. Nach einiger Zeit, es war inzwischen 4:30 Uhr, weckte ich meinen Mann. Die Zeit bis dahin ging unglaublich schnell vorbei.
Ich war einfach ganz bei mir und die Wellen waren gut auszuhalten. Als mein Mann wach war, riefen wir seine Eltern an, die auf unseren Grossen aufpassen sollten. Als sie ankamen, fuhren ins Krankenhaus. Wir hatten uns für diese Geburt übrigens ein kleines Krankenhaus ausgesucht, das einen sehr guten Ruf unter Hebammen hat. Um 5.30 Uhr waren wir da, die Hebamme stellte fest, dass der Muttermund schon bei 8 cm war.
Wir erzählten kurz, dass wir uns mit Hypnobirthing vorbereitet haben und wie wir uns diese Geburt vorstellten. Die Hebamme fand das toll. Sie ließ mir Wasser in die Geburtswanne ein – und hielt sich ansonsten zurück. Ich veratmete die Wellen weiter, aber es fiel mir schwerer. Ich dachte, die Geburt würde sicher noch Stunden dauern und hatte Angst, dass ich es doch nicht bis zum Ende so gut hinbekommen würde wie zu Hause. Als ich im Wasser war, wurden die Wellen stärker und ja – sie taten sie auch weh.
Ich fragte die Hebamme nach einer PDA, aber die meinte, es sei dafür zu spät. Sie fragte, ob ich schon Druck nach unten verspüren würde. Ich verstand erst nicht, dass sie damit sagen wollte, dass ich es schon fast geschafft hatte. Als ich das endlich begriff, wandte ich die Atemtechnik an, die ich anstelle des Pressens nehmen sollte. Ich muss sagen, es tat schon weh und ich war auch nicht leise. Aber die Hebamme hat mich einfach machen lassen. Sie sagte, ich solle auf meinen Körper hören.
Um 7.01 Uhr wurde mein Sohn im Wasser geboren. Es war eine tolle Erfahrung. Sie war nicht komplett schmerzfrei, aber wir haben es zusammen gut geschafft – auch, weil uns keiner die ganze Zeit rein geredet hat. Mein Sohn kam mit stattlichen Maßen von 56cm und 4650 Gramm zur Welt. Ich hatte keine PDA gebraucht und hatte keine größeren Verletzungen. Das war ein tolles Gefühl.
Auch nach der Geburt ging es mir direkt gut. Körperlich war ich um einiges fitter als nach der ersten Geburt. Das alles hat mich wirklich mit der ersten Erfahrung versöhnt.
Was möchtest Du anderen Frauen in ähnlichen Situationen raten?
Wenn Ihr ein unschönes Geburtserlebnis habt, müsst Ihr nicht hinnehmen, dass jede weitere Geburt unschön werden könnte. Setzt Euch mit dem Thema auseinander – für uns hat es sich definitiv gelohnt.