„Ich bin Mama und ich kann nicht mehr. Ich bekomme nichts mehr auf die Reihe und habe Sorge, wo das hinführen soll.“
So oder so ähnlich starten die Gespräche mit meinen Kundinnen. Immer wieder. Die Anzahl der Mütter, denen die Kräfte ausgehen steigt stetig. Es ist wohl eine seltsame Mischung aus hohen Ansprüchen, die wir Frauen an uns haben und der Vielzahl der Belastungen, mit denen wir kämpfen.
Wir Mütter wollen doch eigentlich unterm Strich nur eines: Wir wollen es hinkriegen. Oder?
Wir wollen arbeiten, eine gute Mutter sein und einfach nur glücklich sein.
Doch statt unser Leben zu genießen sind wir täglich mit Kämpfen beschäftigt.
Dem Kampf, den die anderen Mütter auslösen. Die ihre Wohnung auf Hochglanz geputzt haben, die tolle Aktionen mit den Kindern unternehmen, zusätzlich erzählen, dass sie Sport machen und ins Yoga gehen. Das alles mit einem Lächeln auf den Lippen. Scheinbar.
Wir fühlen uns schlecht und kommen uns nach Treffen mit anderen Müttern wie Versager vor. Im Kopf sitzt diese fiese gemeine Stimme: „Schau doch. Schau. Die schafft es doch auch. So schwer kann es doch nicht sein. Wieso nur schaffst du es nicht? Hä?“
Und als ob das noch nicht reichen würde, kämpfen wir täglich gegen uns selbst. Seien wir doch mal ehrlich, wie viele Minuten ist es her, dass du dir selbst die letzte Gemeinheit an den Kopf geworfen hast? Es gibt Tage, da folgen sie im Minutentakt, oder nicht?
Da ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen.
Gestern mal wieder die Kinder angeschrieen, obwohl man doch weiß, wie schlimm das für sie ist.
Die Wäscheberge mal wieder nicht weggeräumt.
Schon wieder nicht abgewaschen.
Den Termin verbummelt
Eine halbe Stunde oder länger den Autoschlüssel gesucht.
Eine Freundin war kurz angebunden, da muss ich mich wohl falsch verhalten haben. Sie mag mich jetzt bestimmt nicht mehr.
Schon wieder ausgenutzt worden von den Kollegen, weil ich mal wieder nicht nein gesagt habe.
Wie bitte? Du willst dich kurz mal ausruhen? Das geht aber jetzt nicht, denn du musst noch….
Was sollen da die anderen denken?
Kennst du das auch? Diese fiesen Gedankenspiralen, die da im Kopf laufen?
Und man weiß, man würde diese Gedanken am liebsten aus dem Kopf kriegen. Sie tun einem nicht gut.
Und irgendwann, beim Versuch, alles besser und richtiger zu machen und möglichst viel zu schaffen, gehen die Kräfte aus.
Der Körper meldet sich schon mit verschiedenen Warnsignalen. Aber die Kopf- und Rückenschmerzen, all die Verspannungen, die Gereiztheit, Müdigkeit, Unkonzentriertheit, werden weiterhin ignoriert.
Das Außenbild wird weiterhin auf Hochglanz poliert. Und das ist anstrengend. Kräfteraubend.
Wohin das führen kann, ahnen wir. Aber wir sprechen es nicht aus und nicht an. Bei wem auch? Selten gibt es jemanden, der einen versteht.
Es ist nach wie vor ein Tabu-Thema. Man bekommt dann so hilfreiche Sachen gesagt, wie z.B. „Naja, arbeiten und Mutter sein. Ich hab dir ja gesagt, das ist anstrengend. Jetzt musst dich da halt mal durchbeißen.“
Es will im Grunde niemand hören und wir wollen es nicht zugeben, wie es im Inneren aussieht.
Woher ich das weiß? Weil ich selbst betroffen war. Weil ich mich noch zu gut erinnern kann, wie es sich angefühlt hat. Bevor es nicht mehr ging und zu dem Zeitpunkt, als ich im Bett gelegen bin und nicht mehr aufstehen wollte. Als dann letztlich wirklich nichts mehr ging.
Nenn es Burnout oder Erschöpfung oder beginnende Depression, ganz egal. Einfach der Moment als arbeitende Mutter, wenn nichts mehr geht.
Wie viele sind davon betroffen? Wie wenige holen sich Unterstützung? Und vor allem: Muss es damit enden?
Der Weg von den alltäglichen Belastungen hin zu krank machendem Stress und letztlich Burnout ist kein geradliniger und auch keine Autobahn ohne Ausfahrten.
Jederzeit gibt es Kreuzungen, Abzweigungen, an denen wir uns entscheiden können, welchen Weg wir weiter gehen. Ich weiß, manche möchten das vielleicht nicht gerne hören, aber wir selbst sind dafür verantwortlich, wie der Weg verläuft und wo er endet.
Du kannst jederzeit entscheiden, ob du etwas an deinem Leben ändern möchtest, oder ob du diesen Weg weiter gehen möchtest.
Mit deiner Entscheidung, dass du es so nicht mehr willst, machst du den ersten wichtigen Schritt raus aus deiner Situation.
Frage dich also, ob du dein Leben so leben möchtest, wie du es jetzt erlebst?
Denn es gibt viele Möglichkeiten und viele Ansatzpunkte, etwas an deiner Situation zu verändern.
So individuell und unterschiedlich wir sind, gibt es auch unterschiedliche und vielfältige Möglichkeiten.
Weißt du, wer dir am besten helfen kann? Dein Bauchgefühl. Deine innere Weisheit.
Denn wenn du ganz in Ruhe und in der Stille in dich hinein hörst, dann weißt du, was du brauchst.
Ist es die Hilfe von außen? Ist es die Unterstützung durch deinen Hausarzt oder einen Therapeuten oder Coach?
Wo kannst du Einfluss nehmen und was möchtest du verändern?
Wie soll denn dein Leben als arbeitende Mutter überhaupt aussehen? Wie stellst du es dir vor?
Mit diesen ersten Fragen wird sich schon ganz viel verändern. Natürlich ist dies ein Anfang. Ein Anfang hin zu einem Leben, in dem du dich wohl fühlen wirst. Aber genau das ist es doch, was wir alle wollen, oder? Ein Leben, das wir lieben, oder nicht?
Und nicht weniger hast du verdient.
Kein Mensch muss sich durch irgend etwas durchbeißen. Kein Mensch muss es aushalten wenn nichts mehr geht. Du nicht, deine Freundin nicht, deine Kollegin nicht. Niemand.
Du bist eine wundervolle Frau, eine großartige Mutter und einzigartig so wie du bist. Genau richtig wie du bist.
Und falls du das nicht sehen kannst, nicht spüren kannst, dann hol dir ein kleines Schäufelchen und fang an, diesen Schatz auszugraben. Denn er ist da. Ich weiß es. Grab ihn aus. Stück für Stück. Immer wieder ein bisschen. Und du wirst ihn finden.
Und falls dir eine andere Mutter gegenüber steht, dann schau ihr in die Augen.
Und wenn du spürst, dass sie eine schwere Zeit durchmacht, dann reiche ihr die Hand. Erzähle ihr ein wenig davon, dass sie nicht alleine ist. Dass es vielen Müttern so geht.
Dass wir alle schwierige und manchmal furchtbare Zeiten durchmachen. Dass es Tage gibt, an denen man nicht weiter weiß.
Du verstehst sie doch so gut. Weil es ein tiefes, inneres Wissen gibt, eine innere Weisheit gibt, die Mütter miteinander verbindet.
Ich hätte mir das so sehr gewünscht damals."
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ZUR PERSON : Katja ist Coach, Wegbegleiterin und Mutter von 2 Kinder. Ihre Themen: raus aus der Mehrfachbelastung rund um Familie und Beruf, sie hilft Müttern, besser mit Stress und Krisen umzugehen. Mehr Infos zu ihr, findet Ihr hier.