Liebe Lisa, stell Dir vor, Du sitzt beim Friseur und sagst: „Einmal kurz und schwarzfärben, bitte“ Und während der Friseur Dir Deine langen Locken abschneidet, sitzt Du vor dem Spiegel und denkst Dir: „Was mach ich hier eigentlich?“ Obwohl Du wochenlang über diesen Schritt nachgedacht hast und Dir sicher warst, Dich sogar gefreut hast, bist Du jetzt entsetzt über Deine eigene Courage und würdest am Liebsten aufspringen und wegrennen.
Genau so geht es mir momentan. Nur, dass ich nicht vorhabe, mir die Haare abschneiden zu lassen. Mein Mann und ich fahren alleine in den Urlaub, ohne Kinder. Das haben wir schon zwei Mal gemacht, allerdings hatten wir damals erst ein Kind. Es ist also das erste Mal, dass wir beide Kinder zu meiner Mutter bringen, um uns mal wieder eine Paar-Auszeit zu nehmen. Ich erinnere mich, als wir das erste Mal alleine wegfuhren, habe ich die erste Stunde nur geheult. Ich hatte so ein schlechtes Gewissen, fühlte mich als Rabenmutter und hatte Angst, ob meine Tochter und meine Mutter das überhaupt schaffen würde. Eine Bekannte hatte mir vorher gesagt, durch unseren Kurztrip würde ich für immer das Urvertrauen meiner Tochter zerstören. Du kannst Dir sicher vorstellen, wie viele schlaflose Nächte mir diese Worte beschert haben. Nachdem ich das Auto vollgeheult hatte, beruhigte ich mich irgendwann und es wurden ganz wunderbare Tage zu zweit. Und auch meine Tochter hatte Spaß, ihr Urvertrauen ist noch da und ich war unheimlich stolz auf alle.
Ich halte das Thema Loslassen für eins der wichtigsten Themen überhaupt. Eigentlich beginnt loslassen in dem Moment, wenn wir die Babys auf die Welt bringen. Das bedeutet nicht, dass ich mich ständig aus dem Staub mache, aber ich ab und zu überwinde ich mich, meine Kinder in Obhut anderer zu geben. Schon alleine, um ihnen die Möglichkeit zu geben, andere Vertrauenspersonen zu haben. Und natürlich auch, um etwas Raum für mich und/oder die Beziehung zu schaffen. Jetzt steht also die nächste Premiere an, nämlich beide Kinder abzugeben. Die einzige Person, der ich diese Aufgabe anvertraue, ist meine eigene Mutter. Schließlich hat sie selbst fünf Kinder großgezogen und freut sich schon sehr auf die Zeit mit den Enkeln. Meine Vierjährige ist total aufgeregt und kann es kaum noch erwarten. Der Kleine versteht es natürlich noch nicht. Ich hoffe, dass es für ihn leicht sein wird, weil seine Schwester dabei ist. Und ich das Gefühl habe, dass, solange sie an seiner Seite ist, sowieso alles okay für ihn ist.
Aber es ist schon bemerkenswert, was mein Unterbewusstsein so treibt. 14 Monate bin ich Tag und Nacht für meinen Kleinen da, das ist irgendwie selbstverständlich und dafür klopft man sich ja auch nicht ständig auf die Schulter. Doch kaum stehen ein paar Tage Trennung an, baut sich das schlechte Gewissen auf, ich wälze alle Probleme, die vielleicht auftreten können. Könnte ich nicht sagen: „Eine sehr lange Zeit hast Du fast nie an Dich selbst gedacht. Jetzt gönnst Du Dir mal eine Auszeit. Und die Kinder sind bestens aufgehoben. Falls wirklich etwas Schlimmes passiert, brichst Du den Urlaub eben ab.“
Nein – sofort kommt „schlechte Mutter“ in meinen Kopf. Es ist hart. Und ich würde am Liebsten alles abblasen. Aber in einer Ecke meines Herzens freue ich mich auch so sehr auf den Urlaub und ich weiß, dass alles gut gehen wird. Vielleicht ist es wirklich so wie beim Friseur. Ab und zu muss man mutig sein, Trennung tut immer weh. Und trotzdem guckt man danach in den Spiegel und sagt: Es war eine gute Entscheidung.
4 comments
Oh davon träume ich…
ja jetzt schon. Liebe Katharina, bei uns soll es Ende Juni soweit sein mit dem Wegfahren zu zweit. Für immerhin 4 Tage! Bin jetzt schon hin und hergerissen zwischen Vorfreude und „oh Gott, so weit weg und was machen die ohne mich“… 😉 Wie war es denn??
Liebe Grüße, Julia
Nur Mut!
Erstens, das schlechte Gewissen nützt niemandem. Es bremst Deine (Vor)Freude und Deine Kinder haben auch nix davon. Also lieber im Augenblick leben. Da haben alle was davon. Dieses schlechte Gewissen ist verlorene Lebenszeit.
Zweitens, Oma und Opa einfach mal machen lassen. Dann gucken die Kinder halt mal TV oder essen Kekse und Würstchen bis sie platzen. Ich finds auch nicht immer toll, aber vielleicht sollte man sich selbst nicht so wichtig nehmen in diesem Zusammenhang und darauf vertrauen, dass andere das anders machen, aber dass die Kinder damit durchaus klarkommen. Ich hab früher auch immer gedacht ich müsste dem Opa sämtliche Eigenheiten verklickern, dass alles geklappt. Nach der Marke mit dem Zeigefinger der linken Hand im rechten Ohr vom Kind bohren und dabei LaLeLu singen damit er schläft etc. Von wegen, beim Opa gings dann auch ganz ohne 😉
Eine schöne Paarzeir und viele Grüße!
Ertappt!
Liebe Katharina,
genießt den Urlaub zu zweit! Ich sehne mich auch sehr danach, aber bei uns hat das bisher nicht geklappt.
Wie macht ihr das denn? Wohnt die Oma in der Nähe? Hast du mit den Kindern schon dort geschlafen? Hat sie sie schonmal ins Bettchen gebracht? Würde mich alles sehr interessieren…
Unsere Omas wohnen nämlich sehr weit weg. Die eine sehen wir vielleicht 2,3 mal im Jahr. Die anderen öfter, allerdings gibt es immer Spannungen (sind meine Eltern), da wir so unterschiedliche Vorstellungen von den Treffen haben.
Mich würde diesem Thema Großeltern/Eltern/Kinder eh mal sehr interessieren. Bei manchen läuft das ja total prima, da sind die Großeltern eine totale Entlastung und ein Zugewinn. Und bei manchen – leider ist das bei uns ein wenig so- ist irgendwie der Wurm drin und das Verhältnis zu den Enkeln bleibt auf Distanz (räumlich bedingt aber eben auch konfliktbedingt). Wie isses denn bei euch so?
Das wird gut!
Kenne das mit dem schlechten Gewissen und auch das mit dem Schlechtloslassenkönnen. Wir haben uns noch nicht mal getraut, wirklich weiter weg zu fahren. Haben die Kinder der Oma gebracht (150 km entfernt) und sind einfach alleine zu Hause geblieben. War sehr schön.
Der Kleinen (wird im Mai 2) hat es gar nichts ausgemacht, die Große (wird im Juli 5) hat abends etwas Heimweh gehabt. Alles in allem wars aber für alle toll. Die Kinder hatten eine schöne Zeit bei Oma und beim nächsten Mal fahren wir auch weg!
Liebe Grüße von
Ane
http://mamaleoni.blogspot.de/