Wenn mich jemand fragt, was ich am Allerschönsten und Zuckersüßesten an Kindern finde, sage ich: Die Phantasie.
Als ich ein Kind war, konnte ich mich völlig in meinen Traumwelten verlieren. So erzählte ich in der Grundschule einmal allen Kindern, ich hätte einen Schlitten, mit dem ich über die Bäume fliegen könnte. Woraufhin meine Mutter zur Lehrerin bestellt und gebeten wurde, mir beizubringen, ich solle keine Märchen erzählen. Glücklicherweise sagte meine Mutter damals: "Einen Treufel werde ich tun" und ließ mich weiterhin an meinen fliegenden Schlitten glauben.
Etwas später war ich der festen Überzeugung, eine kleine Hexe zu sein. Gemeinsam mit meiner Freundin Christina war ich wohl der größte Bibi Blocksberg-Fan der Welt, hatte sogar einen Hexenbesen und wir verbrachten unsere Nachmittage damit, in alten Büchern nach Hexensprüchen zu suchen oder brauten in Tupperdosen Hexen-Tränke.
Das waren so ungaublich glückliche Zeiten voller kreativer Ideen und Kopf-Abenteuer.
Tja, und nun haben wir durch die wunderbare Phantansie meines Sohnes seit einigen Wochen einen neuen Mitbewohner. Es ist ein Dinosaurier, den natürlich nur er sehen kann und der der beste Freund meines 3-Jährigen ist. Sein Name: Bellbock (warum er so heißt, kann ich nicht erklären oder herleiten – er heißt eben so :-))
Der Bellbock sitzt manchmal draußen am Fenster und guckt uns beim Abendessen zu, manchmal sitzt er im Kofferraum und fährt mit auf den Ausflug. Manchmal ist er tagelang weg, manchmal schläft er jede Nacht bei meinem Sohn im Bett.
Er hat blaue Haut, wohnt in einem geheimen Haus in der Nachbarschaft, hat keine Eltern mehr, isst gerne Suppe und Bananen und beißt Menschen, die er nicht kennt.
Die Tatsache, dass er Bellbock alleine wohnt, machte mich fast ein wenig traurig und so schlug ich meinem Sohn schon mehrmals vor, ihn zu uns einzuladen, damit er nicht so einsam ist. Dann sprudelten die Ausreden, warum der Dino leider nicht kommen könne nur so aus meinem Sohn heraus: Der Bellbock sei krank oder er habe zu viele Hausaufgaben oder ihm schmecke mein Abendessen nicht oder er sei so schlecht gelaunt, dass er uns alle nur beißen würde.
Oft sitzen wir dann zusammen und überlegen, wie wir dem kleinen Dino beim Lernen helfen könnten oder was ich denn mal kochen könnte, damit es ihm schmeckt. Lustigerweise beteiligt sich dann auch meine Große an den Tagträumereien, obwohl sie natürlich weiß, dass es den Bellbock nicht wirklich gibt.
Jeder, der Kinder hat, kennt diese völlige Versunkenheit im Spiel. Da wird aus einem Sandhaufen der Mount Everest, aus einem Stock wird ein Ritterschwert, aus einem Zelt ein Märchenschloss.
Ich liebe diese Kinder-Phantasien, ich liebe auch die Tatsache, dass meine Kinder noch an das Christkind und den Osterhasen glauben. Und das tun sie mit so einer Überzeugung, so einer Begeisterung.
Ich frage mich dann oft, wann die meisten Erwachsenen aufgehört haben, so phantasievoll zu sein, an welche Dinge wir noch so fest glauben wie Kinder an unsichtbare Freunde. Und ich komme nur zu einem Schluss: Wir Erwachsenen können uns da wieder mal eine Menge von unseren Kindern abschauen..
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Ich hatte früher eine
Ich hatte früher eine unsichtbare Oma und bin sicher, dass sie die teilweise unerfüllten Beziehungswünsche, die ich an meine Eltern hatte, erfüllt hat. Sie hat mir alles erlaubt, war immer auf meiner Seite und insgesamt extrem fürsorglich- wie man sich eine Oma eben vorstellt 😉
Als Kindheitspädagogin würde ich bei meinen Kindern wahrscheinlich versuchen zu analysieren, an welchen Tagen der unsichtbare Freund vermehrt auftritt, welche Eigenschaften er hat (die mein Kind wohl gerade braucht) und wie sich die Freundschaft insgesamt gestaltet und entwickelt. Der Dino zum Beispiel wird ja ganz eindeutig nicht mit euch geteilt 😉 Total interessant, was in so einem kleinen Kopf vorgeht 🙂
Merk dir ein paar schöne Geschichten, die du ihm später von dieser Zeit erzählen kannst. Viel Freude weiterhin mit Bellbock 🙂