Die heutigen Medien verbreiten unglaublich viel Angst und Verunsicherung und stellen oft auch das vollste halbvolle Glas so gut wie leer dar. Das schwächt Eltern und Kinder. Ohne hier besonders politisch zu werden – es ist klar: Unsere Kinder wachsen in eine Welt hinein, die sich nach Veränderung, Respekt und Umsicht nur so sehnt. Das bedeutet, sie müssen unbedingt Kompetenzen entwickeln, um Konflikte zu lösen und auch komplexe soziale Situationen zu erfassen, damit sie in voller Eigenverantwortung Entscheidungen treffen können, die positive langzeitige Wirkungen haben. Hier können Eltern mit vielen Möglichkeiten ansetzen.
Und dann ist da die alltägliche Realität, in der unsere Kiddos uns mit Verhaltensweisen herausfordern wie nie zuvor. Hyperaktivität, Ängstlichkeit, Konzentrationsschwächen und körperliche Symptome lassen viele Eltern hilflos und überfordert auf all diese Herausforderungen und auch noch auf den Wäscheberg blicken, der sich schon wieder aufgetürmt hat.
Keine Frage, Kinder groß zu ziehen ist nicht einfach. Heute erst recht nicht. Das bedeutet aber nicht, dass ein gutes Leben mit Kindern in unserer wilden neuen Welt aussichtslos ist. Im Gegenteil. Als Eltern haben wir viele Möglichkeiten die Gegenwart zu gestalten und somit auch die Zukunft positiv zu beeinflussen. Viele wissenschaftliche Studien und dokumentierte historische Erfahrungen geben uns wertvolles Wissen, das uns im Eltern-Sein unterstützen kann.
Wir wissen heute, dass ein sogenannter demokratischer Erziehungsstil Beziehungen stärkt, Autonomie und Resilienz fördert, zu einem positiven Selbstbild führt und zur körperlichen und mentalen Gesundheit beiträgt. In einer demokratischen Familie werden die Stimmen von allen Mitgliedern gehört. Was nicht bedeutet, dass jede Entscheidung abgestimmt wird. Aber jede Stimme wird gehört und jede Perspektive wird ernst genommen.
“Na, wie soll das denn aussehen, bekommen die Kinder da nicht zu viel Power?”, “Dazu habe ich keine Zeit!”, “Mit was soll ich denn an Stelle von Konsequenzen oder Strafen drohen?” Diese und ähnliche Fragen kommen fast immer als erstes bei meiner Arbeit mit Eltern. Zurecht. Denn das ist das, was viele von uns gelernt haben. Deshalb sollten wir als Eltern oder Erwachsene erst einmal verlernen, wie wir selbst erzogen wurden, um dann neu zu lernen wie wir mit unseren Kindern in Beziehung kommen, ohne zu denken, dass wir nur durch Kontrolle mit ihnen kooperieren können. In einer gesunden Familie oder Beziehung wird nicht Macht ausgeübt, um sich Vorteile zu verschaffen. Das bedeutet jedoch, dass alte Glaubenssätze aufgelöst werden müssen, um Raum für neues Denken und Verhalten zu schaffen. Nicht immer einfach, aber notwendig, wenn wir wirklich die Welt verändern wollen.
In einer demokratischen Familie sind die Eltern standfest und warmherzig. Kinder werden nicht wie kleine Erwachsene behandelt, die wissen sollen, wie sie sich zu verhalten und sich anzupassen haben. Hier werden entwicklungsgerechte Erwartungen gestellt, die für Kinder verständlich sind und die deren Gefühle und Bedürfnisse berücksichtigen.
Falls du das Gefühl hast, in deiner Familie bestimmen die Kids das Familienleben und keiner beachtet Regeln; oder, wenn deine Konsequenzen und Disziplinierungsversuche sich für dich nicht stimmig anfühlen, sind hier 3 Tipps, welche die Beziehungen innerhalb der Familie stärken und gleichzeitig die Struktur in der Familie unterstützen.
3 TIPPS FÜR EIN DEMOKRATISCHES FAMILIENLEBEN
1. Special Time oder Zeit mit Mama/Papa
Zeit mit Mama oder Papa ist eine festgelegte Zeit, die ein Kind mit einem Elternteil verbringt. Das Kind darf bestimmen, was gemacht wird (im Rahmen dessen, was möglich ist) und die Zeit sollte mindestens 10 Minuten dauern. Dies ist besonders wirksam, wenn eine Familie mehrere Kinder hat, ist aber genauso wichtig mit einem Kind. In dieser Zeit sollen keine Anrufe angenommen oder SMS geschrieben und beantwortet werden. Die Zeit soll exklusiv dem Kind gewidmet werden.
Regelmäßig miteinander Zeit zu verbringen ist deshalb so besonders, weil das Kind die Nachricht bekommt : “Du bist mir wichtig” und “Ich nehme mir gerne Zeit für dich.” Dies ist jedoch auf keinen Fall die Zeit Probleme zu besprechen. Das wird im nächsten Tipp beschrieben.
2. Probleme lösen
Nutze deine täglichen Herausforderungen, um Probleme lösen. Beispiel: Wenn sich ein kleines Problem zeigt, benenne es und stelle eine Frage, wie “Du hast Angst, dass es dir weh tut, wenn ich das Pflaster von deinem Knie abmache…..? Hmmh, was können wir wohl tun, um das Pflaster abzuziehen, ohne dass du Angst hast?” Indem du dein Kind einbeziehst und es Vorschläge machen lässt, lernt es seine Selbstwirksamkeit kennen. Du erzeugst eine völlig andere Wirkung, als wenn du sagst: „Wenn du so schreist, dann können wir das Pflaster nicht abmachen.”
Das Problem ist nie das Kind selbst, und auch nicht sein Verhalten. Kinder verhalten sich dann unangemessen, wenn sie ein Problem haben, das sie nicht alleine zu lösen wissen. Deshalb ist es wichtig Person und Problem zu unterscheiden, das Problem zu erkennen, zu benennen und dabei zu helfen es zu lösen. Ein effektiver Glaubenssatz dazu ist: “Everything is figureoutable.”
3. Familien Meetings
Dies ist eines meiner absoluten Lieblings-Tools! Familien Meetings haben meiner Familie eine Struktur gegeben, von der ich vorher nur träumen konnte. Sie sollten möglichst regelmäßig und zur gleichen Zeit einmal die Woche stattfinden. Die ganze Familie sollte Zugang zu einem Papier, einer Tafel oder Ähnlichem haben, worauf Diskussionspunkte für die Agenda gesammelt werden. Das Meeting beginnt mit einer Runde, wo jeder die Gelegenheit hat, jedem etwas Nettes zu sagen, wie “Sarah, ich bin Dir super dankbar dafür, dass du mich auf deinen Klassenausflug eingeladen hast und ich so sehen konnte wie lustig du mit Deinen Freunden bist.” Wenn nicht jeder was Nettes sagen will, kann er/sie passen.
Nachfolgend werden dann Dinge wie „Wer macht wann welche Aufgaben im Haus“ besprochen und festgelegt. Und schließlich wird über die kommende Woche geredet. Was für Aktivitäten stehen an, welche Schulprojekte müssen bis wann fertig sein oder was gibt es nächste Woche zum Mittagessen. So kann sich jeder einstellen auf das, was kommt und die Erwartungen an alle sind klar. Familien Meetings können auch schon mit kleinen Kindern stattfinden, dann ist es am besten sie kurz und einfach zu halten.
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2 comments
Ich denke, das können nur
Ich denke, das können nur Familien mit wenigen Kindern leisten, in denen Mama und Papa viel Zeit haben. Im Alltag alleine mit mehreren kleineren Kindern Special Time zu gewährleisten, wird wohl kaum gegen ausser man setzt die Kinder vor den PC oder Fernseher.
Klingt Alles nett, funktioniert aber wohl nur in Familien mit super Voraussetzungen
Danke
Vielen Dank für diesen positiven Ansatz, da nehme ich gern ganz viel mit – und Danke für das schöne „Everything is figureoutable“! Das hab ich mir gleich mal an den PC gehängt und werde es mehr beherzigen, liebe Grüße Alexandra