Ihr Lieben, der Grat ist manchmal echt schmal: Bin ich eine lockere, coole Mama oder eine naiv-blauäugige? Fragt ihr euch das im Leben mit euren Teenagern auch manchmal? Was kann ich erlauben, was sollte ich verbieten, wo braucht es Grenzen, wo Freiheiten, wie mache ich es richtig? Und: Bereue ich meine Entscheidung später?
Wir hatten euch bei Instagram gefragt, was euch im Leben mit euren jugendlichen Kindern derzeit am meisten beschäftigt und etliche schrieben, wie wir das handhaben mit dem Ausgehen am Abend. Ob es feste Zeiten gibt, zu denen die Kinder am Wochenende zu Hause sein müssen oder ob es am Abend feste Uhrzeiten gibt, wie lang sie raus dürfen.
Ich weiß noch genau, dass ich mich mit einer meiner Freundinnen damals nie sonntags treffen konnte, weil sie da „Familientag“ hatte und mit ihren Eltern spazieren gehen musste (ja, es fühlte sich an wie ein „musste“).
Ich fand das damals oft schade, weil ich sie gern getroffen hätte und: Ich kannte so etwas von zu Hause nicht. Es gab keine Zeit, zu der wir fest ins Bett gehen mussten, keine feste Zeit, zu der wir zu Hause sein mussten, keinen festen Tag, der nur der Familie vorbehalten war. Und so halte ich es heute auch mit meinen Kindern.

Es gibt natürlich gesetzliche Vorgaben. Viele Clubs – zum Beispiel auch das Bootshaus in Köln – bieten heutzutage auch 16er Partys an, am Eingang geben alle unter 18 ihren Personalausweis ab und müssen ihn dann um 0 Uhr wieder abholen, um nach Hause zu gehen. Länger dürfen sie nicht raus.
Meine eigenen Eltern mussten auch nie die Eltern meiner Freunde oder Freundinnen kennenlernen, bevor ich dort übernachten durfte, bei uns herrschte da echt viel Freiheit und Vertrauen. Und genauso halten wir es auch mit unseren Kindern. Bei uns gibt es in der Schulzeit die Regel, dass Übernachtungen nur am Wochenende erlaubt sind und nicht mitten in der Woche, wenn sie am nächsten Tag früh raus müssen.
Katharina sagte neulich am Telefon, dass sie bewundert, wie cool ich da bleibe, sie – die noch jüngere Kinder hat – könnte das nicht so gut. Und das, obwohl auch sie bezeichnenderweise in ihrer Jugend viele Freiheiten hatte und manchmal ein ganzes Wochenende bei irgendwelchen Leuten übernachtete, von denen ihre Eltern nie etwas gehört hatten, sagt sie.
Coole Mama, die viel erlaubt oder naiv und blauäugig?

Eine Leserin schrieb uns nun, dass ihre Tochter mit zwei Freundinnen mit dem Zug in eine hunderte Kilometer entfernte Stadt fahren will, um dort andere Mädchen zu treffen, die sie bislang nur übers Netz kennen. Sie sei total stolz, dass sich die Mädels das zutrauten und freue sich auch über deren Selbstständigkeit, fragte sich aber gleichzeitig: Bin ich eine supercoole Mutter, weil ich sowas erlaube oder bin ich einfach naiv und blauäugig?
Und leben wir mit jugendlichen Kindern nicht eigentlich immer in genau diesem Zwiespalt? Natürlich spielt da auch gaaanz viel von unserer eigenen Lebenserfahrung mit rein. Wenn ich gerade erst von einer Freundin erfahren habe, dass ihre Tochter bei einer Übernachtungsparty gegen ihren Willen unsittlich berührt wurde, habe ich als Mutter mit Sicherheit mehr Ängste, als wenn einfach immer alles gutgegangen ist.
Ich persönlich habe Schwierigkeiten damit, den Kindern zu erlauben, bei sehr jungen und unerfahrenen Menschen auf dem Motorrad mitzufahren. Einfach, weil ich in meiner Jugend auch selbst mal als Beifahrerin mit einem Moped im Gebüsch landete.
Und andererseits haben meine Eltern mir damals erlaubt, der deutschen Schule in Bogota zu schreiben und an der Pinnwand eine Gastfamilie für mich zu suchen, zu der ich dann einfach hinflog für ein halbes Jahr. Ohne Überprüfung durch irgendeine Organisation. Da wiederum glaube ich, dass ich mich das mit meinen Kindern nicht trauen würde 😉 Aber ein Wochenende woanders oder eine Reise mit der Clique – why not.
Und natürlich hab ich mich in der Anfangs-Pubertäts-Liegezeit der Kinder gefragt, was sie da so hinter verschlossenen Türen so tun. Radikalisieren sie sich? Sehen sie Videos mit Gewalt? Mit pornösen Übergriffen? Und heute, da sie unheimlich viel draußen sind, auch abends: Wem begegnen sie da? Welche Mutproben sind grad en vogue? Kommen sie heile wieder?

Aber was wäre die Alternative? Sie müssen ihr Leben leben, sie sollen Erfahrungen sammeln, wir können sie nicht vor jedem Horror schützen, wir können im Grunde nur hoffen und ans Glück plädieren, dass ihnen in ihrem jugendlichen Übermut möglichst nichts passiert.
Wir können ihnen mitgeben, dass sie niemanden allein lassen, dass sie jederzeit anrufen können, wenn etwas komisch ist. Können ihnen von Fällen erzählen, in denen etwas nicht optimal gelaufen ist, um mit ihnen zu besprechen, wie sie gehandelt hätten. Aber wir können ihnen nicht das Leben verbieten.
Und nein, es gibt bei uns keine festen Familientage, keine festen Ins-Bett-Geh-Zeiten oder Ausgangssperren, wir besprechen das alles individuell und bedürfnisorientiert. Aber als neulich ihre Tante mit Down Syndrom ihren 38. Geburtstag feierte, saßen plötzlich wieder alle Drei auf der Rückbank und kamen freiwillig mit zum Familientag. Für sie ist es der wichtigste im Jahr, das wissen sie.
In unseren Urlauben haben wir eigentlich auch immer mindestens zwei von drei Kindern dabei – und wenn dann wie jetzt in den Osterferien ein Kind mit einer anderen Familie in den Urlaub fährt, leihen wir uns einfach auch noch ein weiteres dazu, damit wir wieder auf drei Kinder kommen 😉
Ich glaube ja, je länger wir die Leine lassen (nicht komplett ohne Leine, ein bisschen Verbindung darf schon bleiben bis zu einem gewissen Alter), desto lieber kommen sie auch freiwillig wieder zurück. Bei meinen Eltern jedenfalls war das so. Mein Bruder und ich haben beide mal in anderen Städten gewohnt, ja, sogar im Ausland.
Heute sind wir alle beide zurück im Großfamilienhaus und Tür an Tür mit unseren Eltern 😉 Auch mit denen gibt es übrigens keine festen Trefftage. Aber wenn Bundesliga läuft, treffen wir uns dann doch oft alle zusammen mal in freiwillig-freudiger Atmosphäre…
3 comments
Ich finde deine Kolumne sehr interessant. Allerdings halten wir es komplett anders. Meine Kinder sind 16 und 14 Jahre alt und mittendrin in der Pubertät. Wir wohnen in einer Großstadt und da sehe ich das schon kritischer mit dem Nachhausekommen. Unter der Woche in der Schulzeit essen wir meistens als Familie zusammen. Ist aber kein Muss. Ansonsten muss mein 16jähriger um 22 Uhr zuhause sein – sich sich oft allein schon durch sein training etc. ergibt. Meine 14jährige um 21 Uhr. Am Wochenende dürfen beide länger raus. Mein Sohn ist kein mit seiner Clique unterwegs. um 24 Uhr ist er aber wieder zuhause. Meine Tochter um 22 Uhr. Übernachtungen sind in ihrem Freundeskreis nicht so angesagt. Wir haben keine festen Familienzeiten, obwohl wir das oft einzurichten versuchen. Meistens ist es der Sonntagabend. Wir gucken Serien oder Filme zusammen, spielen oder reden einfach. Ich persönlich finde das wichtig. Ich hatte damals deutlich mehr Freiheiten, die ich gnadenlos ausgenutzt habe und das war oft nicht gut. Meine Kids sind beide auch eher häuslich. Obwohl ich da sicher „streng“ bin, empfinden uns die Kids und deren Freunde eher als locker.
Wahnsinnig interessant dein Beitrag.Meine Kinder sind noch relativ in der Pubertätsanfangszeit und noch nicht sooo flügge. D.h Tochter fast 11 schläft gern bei ihrer Freundin und Sohn fast 14 ist noch unheimlich gern viel zu Hause und unternimmt viel mit seinen Kameraden aus bzw.mit der Feuerwehr. Im Sommer fährt er viel mit dem Fahrrad zur nächsten Stadt. Da möchte ich auch nur immer gern wissen , wann sie sich auf dem nach Hause Weg machen. Bisher haben wir das noch nicht so wie bei euch. Im Vergleich zu mir früher, war ich mit 14 schon deutlich mehr unterwegs. Aber kann natürlich noch mehr werden. Ich sehe das aber wie du. Um so länger die Leine, umso lieber kommen sie wieder zurück. Wir erlauben auch an Sonntagen, dass sie ihre Freunde treffen. Ich finde, was nützt denn ein zwanghaftes beieinander sitzen, wenn die Kinder sich lieber verabreden. Meine Eltern haben mir ebenso viel Freiraum gelassen und wir wohnen seit 15 Jahren in einem Haus zusammen. Anfangs war auch mein Bruder dabei im Haus, der zog aber nach 10 Jahren wieder aus, weil es ihm doch zu sehr nervte. Platzgründe kamen noch dazu. Und für uns ganz gut im Nachhinein, denn unsere Kids haben nun eine eigene 2 Zimmer Wohnung inkl. Küche für sich. D.h sie könnten hier so lange wohnen wie sie es möchten. Mal schauen, was der Sommer bringt und ob unser großer mehr unternimmt bzw. öfter weg ist. Wir werden es versuchen so zu Handhaben. Lieben Dank für deine Erfahrungen.
Ich feier gerade das hier (ist mir klar, dass da eigentlich Kinder hinsollte; aber so ist es grandios):
„Es gab keine Zeit, zu der wir fest ins Bett gehen mussten, keine feste Zeit, zu der wir zu Hause sein mussten, keinen festen Tag, der nur der Familie vorbehalten war. Und so halte ich es heute auch mit meinen Eltern.“
Und deine Teen Kolumne ist immer wieder super!