Ihr Lieben, wie ihr ja wisst, haben wir vor zwei Jahren nochmal einen Nachzügler bekommen, einen super tollen kleinen Jungen, der sehr viel Liebe und Leben in unsere Familie bringt – der uns aber auch eine Rolle rückwärts in die Fremdbestimmung beschert hat. Denn: Unsere „großen“ drei Kinder sind 8, 11 und 14 Jahre alt und im Vergleich zu einem Zweijährigen natürlich schon sehr selbstständig.
Sie fahren mit den Öffis zur Schule und zu den Hobbys, brauchen keine Hilfe beim Schlafanzug anziehen und finden es cool, wenn wir Eltern abends mal zum Italiener gehen wollen, denn das heißt für die Kids: Chips und Glotze!
Mit einem Zweijährigen ändert sich viel: Wir können zwar abends auch mal alleine weggehen und die Große passt auf, aber so ganz unbeschwert ist es für mich um ehrlich zu sein dann nicht. Am Wochenende sind wir auch nicht ganz so flexibel wie Familien mit größeren Kindern, weil der Kleine noch Mittagsschlaf macht (und ich meistens mit :-)) Ich kann nicht einfach ganz spontan mit in eine Yogaklasse oder auf einen Drink, denn zuerst muss immer geklärt werden: Wo ist der Kleine, wer kann kurz übernehmen und aufpassen.
Der Nachzügler katapultiert mich zurück in die Kitazeit
Während meine Freundinnen sich weiterführende Schulen für die Kinder ansehen, habe ich Vorstellungsgespräch im Kindergarten. Während die anderen mit den Teenies über den Sinn von Winterjacken diskutieren, hab ich wieder Schneeanzüge am Haken hängen. Während meine Freundinnen über die Gefahren des Rauchens aufklären, versuche ich die Milchflasche abzugewöhnen.
All das führt dazu, dass ich in einer anderen Lebensrealität stecke als alle meine Freundinnen – denn ich bin mit 43 Jahren die Einzige mit einem Kleinkind. Ganz krass bewusst wurde mir das neulich in zwei Situationen: Ich saß mit einer Freundin im Auto auf dem Weg ins Kino. Wir kamen an einer Baustelle vorbei und ich war kurz davor, laut: „OH, ein Bagger!“ zu rufen. Als mir das bewusst wurde und ich das auch meiner Freundin erzählte, mussten wir lachen und sie meinte, dass es krass sei, wie lange es schon her sei, dass sie mit ihrem Sohn an Baustellen stand.
Und neulich erzählte mir eine andere Freundin, dass sie abends manchmal ganz alleine zu Hause auf dem Sofa sitzt. Der Mann ist beim Sport, die 15-jährige Tochter bei Freundinnen und der 13-jährige Sohn beim Training. Ich dachte nur: „Wie herrlich! Diese Ruhe muss himmlisch sein!“. Denn ich bin eigentlich fast nie alleine. Immer wuselt hier noch jemand rum, will vom Tag erzählen oder kuscheln, braucht noch ein Brot, eine warme Milch mit Honig oder einen Ratschlag. Der Zeitpunkt, an dem bei mir alle Kinder selbstständig abends unterwegs sind, ist schon noch in weiter Ferne…
Manchmal schiele ich etwas eifersüchtig auf die Freiheiten meiner Freundinnen, mit denen ich ins Mutterleben gestartet bin, die aber nun „nur“ zwei Kinder haben, die bereits aus dem Gröbsten raus sind. Die meiste Zeit aber freue ich mich auch total, dass ich durch den Nachzügler einiges viel bewusster erleben darf, als ich es bei den Großen getan habe. Ich freue mich nochmal auf die Kindergartenzeit mit Laternenlaufen und Sommerfest. Ich freue mich über jedes neue Wort, auf all die niedlichen Versprecher und die großartigen Meilensteine. Und gleichzeitig bin ich total froh, dass dies mein viertes Kind ist und ich nicht mehr so aufgeregt und unerfahren bin wie als Erstlings-Mama.
Aber natürlich haben so andere Lebensrealitäten auch Auswirkungen auf Freundschaften und Bekanntschaften. Sie verändern sich – manche werden weniger intensiv, andere bleiben beständig tief. Manche meiner Freunde werden richtig sanft und verschmust, wenn der Kleine bei ihnen auf dem Schoß sitzt. Anderen merkt man an, wie wenig sie nur noch mit Kleinkindern anfangen können und dass sie froh sind, aus der Phase rausgewachsen zu sein. Beides ist total ok.
Warum ich euch das erzähle? Weil ich finde, dass es normal ist, ab und zu mal wehmütig auf das Leben anderer zu schielen und gleichzeitig total dankbar für das zu sein, was man selbst hat. Alles hat seine Zeit, alles sind nur Phasen. Wichtig ist, dass wir nie vergessen sollten, was für ein großes Geschenk es ist, dass wir unsere Kinder ins Leben begleiten dürfen – egal, wie alt diese gerade sind.
1 comment
Sehr tolle Story.
Die eigene Familie ist das wichtigste und nicht das eventuelle Gerede der Leute.
Glückwunsch 👍👍