Enttäuscht vom eigenen Kind: Eine Mama erzählt, eine Expertin hilft

Enttäuscht vom eigenen Kind

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Ihr Lieben, wir stehen ja über Messenger viel im Kontakt mit euch und immer wieder erreichen uns Nachrichten, die uns sehr berühren. Auch die von unserer Leserin Chrissi, die ein Gefühl mit sich herumträgt, das sich für sie als ziemliches Tabu anfühlt: Sie ist enttäuscht vom eigenen Kind. Sie hat uns erlaubt, ihre Geschichte hier zu veröffentlichen und wir haben zusätzlich Familienberaterin Inke Hummel um eine Einschätzung ihrer Lage gebeten. Danke an beide für ihr Vertrauen und ihre Mühe!

Brief
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Liebes Stadt Land Mama-Team! Ihr begleitet mich nun schon so viele Jahre und ich habe mich auch schon mit Fragen an euch bzw. die Community gewendet. Ich sitze in meiner Küche und weiß nicht wohin mit meinen Gefühlen und deswegen schreibe ich euch. 

Ich heiße Chrissi und habe drei Kinder. 15, 11 und 4 Jahre alt. Ich arbeite seit drei Jahren als Lehrerin und wohne in Rheinland-Pfalz. Mit den beiden großen Kindern war ich viele Jahre alleine, bevor ich einen neuen Mann kennenlernte und mit ihm dann noch ein Kind bekam. Bei meinem Problem geht es um meine große Tochter. 

Sie war noch nie leicht zu handeln. Von Anfang an – ich war 23, als ich sie geboren habe – war sie mir immer ein kleines bisschen „fremd“. Ich empfand sie oft als anders, als ich es bin. Sie war in vielen Dingen ängstlich, sie klammerte sehr an mir, wir hatten jeden Abend Probleme, wenn es ans Schlafen ging.

Als sie in die Schule kam, bemerkte ich, dass sie begann, häufig den Freundeskreis zu wechseln. Sie kam früh in die Pubertät und ab da wurde sie wirklich richtig schlimm. In der Schule wurde sie immer schlechter. Ich war schon zweimal mit ihr bei einer Psychologin, habe mir Rat bei einer Erziehungsberatung gesucht. Ja, sie sei zwar eben pubertär, aber „krank“ sei sie nicht. Also nicht depressiv oder so etwas, sie wird auch nicht gemobbt.

Sie ist jetzt 15 und teilweise sehr verletzend. Sie lügt mich an, hält Noten zurück. Sucht meinen Rat nicht in schulischen Dingen. Ihr Zimmer sieht aus wie Sau. Manchmal hat sie auch gute Laune und wir haben eine gute Zeit zusammen, aber oft ist es richtig schlimm mit ihr. Was ich sagen möchte: In mir wohnt seit langer Zeit und nun ganz dick und fett ein schlimmes Gefühl: Enttäuschung!!!

Es ist richtig schlimm, teilweise muss ich deswegen weinen oder werde auch sauer. Ich denke mir so oft: Warum ist sie so geworden? Ich bin so traurig über ihre Entwicklung. Neulich stellte sich auch heraus, dass sie bereits vor Monaten Fotos von sich selbst in Unterwäsche an einen Jungen gesendet hat, welche immer mal wieder die Runde machen, wodurch einige diese Bilder auch kennen. Für meine andere Tochter (11) ist das natürlich auch nicht schön.

Sie hat immer mal einen Freund, nimmt auch die Pille, sagt mir aber, dass sie noch keinen Sex hat. Ob ich das glauben kann, weiß ich nicht. Ich traue ihr einfach alles zu. Sie hat mir schon oft Geld geklaut, sie lügt mit kleinsten Dingen und auch mit größeren. Ich sehe so oft andere Kinder und denke dann ganz heimlich, dass ich auch gern solch ein Kind hätte, auf das ich stolz sein kann. Das irgendwo beim Karneval tanzt, schön singt, was malt, boxt, Sport macht, in irgendwas gut ist.

Wie gerne würde ich mal einem Chor lauschen, in dem sie mitsingt. Ich höre immer nur, was sie wieder angestellt hat. Letztens sendete sie mir völlig aus dem nichts per Foto ihr Halbjahreszeugnis. Es war super schlecht, mit 5ern usw. Vorher sagte sie mir nichts von diesen schlechten Noten. Ich war mal wieder so traurig, dass es mich erstmals in der Öffentlichkeit völlig überkam und ich im Lehrerzimmer saß und weinte und weinte und nicht mehr unterrichten konnte. 

Es ist mittlerweile wie eine Wand zwischen uns. Ich kann mit niemandem darüber sprechen, denn ich schäme mich so sehr für dieses Gefühl in mir. Es ist doch mein Kind und ich sollte sie lieben, wie sie ist. Mein Partner ist dabei auch 0,0 hilfreich, denn er sagt immer, sie sei so, weil ich nicht streng genug war, es zu wenig Konsequenzen gab. Aber er war auch nie mit zwei Kindern alleinerziehend und kann das 0,0 nachvollziehen. 

Ich weiß einfach nicht mehr, was ich noch machen soll, wie ich es schaffen kann, dass ich zufrieden bin mit mir als Mama, denn ich fühle mich wie eine Versagerin. Auch mit Blick auf meinen Beruf. Dabei geht’s nicht mal um das Schulische. Sondern um das soziale. Sie redet so schlimm, so abwertend von anderen, dass ich oft einfach nur schockiert bin von ihrer Denkweise und ihrem Verhalten.

Ich denke dann immer, sowas kann sie doch nicht von mir haben, so habe ich sie nie aufgezogen oder es ihr so vorgelebt. Ich wünsche ihr einfach auch gute Freunde! Wie ich sie immer hatte. Aber so wie sie sich benimmt, klappt das einfach nicht. Ständig verdirbt sie es sich, weil sie lästert und teilweise so richtig fies ist. 

Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll, wo ich Hilfe finden kann. Ich würde mich so gern selbst in die Arme nehmen und mir sagen, dass ich nichts falsch gemacht habe, aber das klappt einfach nicht. Oft sehe ich meine Schüler vor mir und merke, wie mir schwer ist ums Herz und ich denke „Warum ist mein Kind nicht so?“ Ich bin einfach so so traurig. Vielleicht habt ihr einen Rat für mich. Liebe Grüße, Chrissi

Wir haben Familienberaterin und Bestsellerautorin Inke Hummel um Rat gebeten. Hier kommt ihre Einschätzung:

„Ich bin enttäuscht vom eigenen Kind“

Familienberaterin

Liebe Chrissi, das Gefühl „Mein Kind ist anders, als ich mir das vorgestellt habe“ kennen sehr viele Eltern in unterschiedlichen Abstufungen. Manchmal ist es nur das leise Bedauern, dass das Kind Fußball nicht mag, obwohl man selbst diese Sportart so liebt und sich darauf gefreut hatte, mit ihm jedes Spiel zu analysieren und jedes Wochenende mit einer Jugendmannschaft unterwegs zu sein.

Manchmal ist es das Unverständnis, dass das Kind die teuren Filzstifte nicht zu schätzen weiß, die man als Kind immer haben wollte, sich aber erst jetzt fürs eigene Kind kaufen konnte. Manchmal ist es der kurzzeitige Frust, dass das Kind den teuren Urlaub torpediert. Aber nicht selten ist es auch, dass man spürt, das eigene Kindheit hat eine Persönlichkeit, die man echt nicht leiden kann.

Daran ist das Schwere, dass man im Grunde täglich damit konfrontiert ist. Und dass das manchmal Eigenschaften sind, von denen wir froh waren, dass wir sie nicht mehr im Leben hatten seit dem Auszug von zu Hause, weil das Kind total so ist wie die eigene Mutter oder der nervige kleine Bruder – vielleicht auch ganz ohne genetische Verwandtschaft wie der idiotische Ex-Freund. Das ist echt hart!

Aber wir können uns unsere Kinder nun mal in keinem Katalog zusammenstellen (genauso wenig wie Kolleg*innen übrigens meistens). Wir leben mit ihnen zusammen wie in einer WG mit jemandem, den wir nicht mit aussuchen konnten und der ständig weniger Einsatz zeigt als wir.

Wichtig ist folgendes:

  1. Darüber sprechen. Nicht mit dem Kind! Aber mit der Partnerperson, einem guten Freund, der Therapeutin – egal. Rauslassen, sortieren. Es ist nicht gut, dass immer nur wegzudrücken. Und man muss sich echt nicht dafür schämen. Das ist menschlich!
  2. Die Aufgabe annehmen. Auch wenn ihr nicht die engsten Buddys werdet, bist du verantwortlich fürs Stärken und Schützen des Kindes. Wie tickt es? Was braucht es? Versuch, deine Elternschaft vor allem pragmatisch auf der Job-Ebene zu sehen.
  3. Beziehung knüpfen. Interessier dich für das Fremde in deinem Kind. Stell Fragen, gerade im Jugendalter. Erzähl von dir und erbitte Hilfe, wünsch dir seine Meinung. Wie das mit dem Fremden noch besser werden kann, zeigt zum Beispiel Dr. Oliver Dierssen in „Kinder lieben, auch wenn’s schwierig wird“.
  4. Schütz dich. Welche Strategien helfen dir, mit unangenehmen Verwandten oder schrecklichen Kolleg*innen zurechtzukommen? Lässt sich davon etwas übertragen? Da kann zum Beispiel auch mein Buch „Vom Müssen zum Wollen“ Inspiration liefern.
  5. Such Netz. Du musst nicht die Nr. 1 Bezugsperson sein. Dein Kind kann auch von anderen Beziehungen profitieren.

Für das Beispiel aus dem Brief würde ich außerdem dazu raten, mit Kind gemeinsam den Kontakt zur Schule zu suchen. Nicht einfach laufen lassen, nicht einfach übergriffig mit den Lehrkräften über das Kind reden, aber Flagge zeigen und gemeinsam Beziehung aufbauen. Für weitere seriöse Tipps müsste ich aber individueller und tiefer in die Beratung einsteigen. Vielleicht gibt dir das aber erstmal einen ersten Anstoß.

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22 comments

  1. Ich habe die Geschichte mit großem Interesse gelesen und festgestellt, dass ich sowohl Mutter als auch Tochter verstehe….
    Als Tochter einer Lehrerin habe ich mein ganzes Leben versucht es meiner Mutter recht zu machen… immer waren alle anderen Kinder (von Freunden und Verwandten) besser oder konnten irgendetwas außerordentlich gut.. ich nicht… hatte ich in Physik (ein Fach, dass mir schwer fiel) eine 2 kam nur die Frage „Warum ist es keine 1?“ nie war ich „richtig“. Ich habe dann auch bewußt Dinge getan, die meine Mutter nicht mochte. Das Verhältnis zu meiner Mutter ist bis heute angespannt denn mein Leben entspricht nicht ihren Erwartungen.
    Nun habe ich selbst zwei erwachsene Kinder. Ich habe ihnen viele Freiheiten gelassen, die ich nie hatte und habe alleinerziehend mein Bestes gegeben. Mit meinem neuen Partner kamen sie nicht gut klar und sind früh ausgezogen. War ich meiner älteren Tochter früher sehr nahe, so hat sich das nun geändert … sie ist auch Lehrerin und hat jetzt Ähnlichkeiten mit meiner Mutter. Sie ist mir irgendwie entglitten. Meine jüngere Tochter und ich hatten früher eher Schwierigkeiten, sie kam mit meiner Art nicht immer gut zurecht, dafür sind wir uns jetzt näher. Ich habe für mich festgestellt, man muss nicht das ideale Kind sein und auch nicht die ideale Mutter und es ändert sich mal in die eine oder andere Richtung. Ich denke man muss sich erlauben sein eigenes Leben zu leben und das auch den anderen zugestehen.
    Liebe Grüße
    Kerstin

  2. Also ich denke, wenn ich höre, dass ein Kind aus der Spur läuft immer zuerst, die arme Mutter. Wer so was nicht erlebt hat, kann es nicht nachvollziehen, was das mit einem als Mutter macht. Die Anrufe aus der Schule, die Elterngespräche…
    Ich zucke jedes Mal zusammen, wenn mein Handy klingelt und die Schule anruft, und bin froh, wenn nur eins der Kinder krank geworden ist.
    Mein Sohn läuft auch aus der Spur, schon immer, aber nicht so extrem. Belasten tut es trotzdem, mich, und den Rest der Familie aber auch.
    Gut, wenn man sich Hilfe oder Beratung holen kann.
    Drücke die Daumen, dass sich deine Situation bald bessert (und deiner Tochter natürlich auch), aber meine Empathie gilt hauptsächlich der Mutter.
    Die Psychiaterin hat uns gesagt, klar, man macht als Eltern auch Fehler, aber man ist nicht an allem Schuld. Die Kinder bringen auch was mit, was man nicht wegerziehen / wegvorleben kann.
    Manchmal würde ich gerne in die Zukunft schauen und wissen, dass alles gut wird…

  3. Es kann sein, dass ich anecke mit meinem Kommentar. Aber der Bericht hat bei mir Bauchschmerzen hervorgerufen.
    Auch wenn die Mutter Lehrerin ist, wirkt mir alles wenig reflektiert. Hier wird viel Schuld dem Kind zugeschoben, jedoch nicht erwähnt, was seitens der Eltern/Erwachsenen falsch oder nicht korrekt lief. Kinder entwickeln sich dem Umfeld entsprechend.
    Die Sache mit dem Partner kann das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Ein neuer Partner für die Mutter und ein neues Geschwisterkind, eine neue Dreifaltigkeit der Familie. Wenn Kinder sich ohnehin schon unverstanden fühlen und vielleicht eine Art Ablehnung von Anfang an spüren, dann folgt Rebellion oder Resignation. In dem Fall ist die Tochter in einer für die Mutter enttäuschenden, rebellischen Phase.
    Das ganze Thema wird mir zu sehr als „Wir Eltern sind die Opfer, das Kind der Täter“ dargestellt. Triggert mich ungemein, weil ich auch mal in einem Haushalt mit Mutter, Stiefvater und Halbgeschwistern lebte. Bei mir setzte Resignation ein. Und stets war ich der Sündenbock für elterliche Verfehlungen, weil den meisten Erwachsenen eine gesunde Selbstkritik fehlt.
    Lehrerin hin oder her, hier fehlt einiges.

  4. Liebe Chrissi!
    Ich kann mir ganz genau vorstellen wie du dich fühlst, da ich ähnliches mit meiner Tochter erlebt hab. Ich bin 54 jahre alt ,meine Tochter wird 36 Jahre alt. Vor 4 Wochen hab ich zufällig im Internet einen Bericht gelesen der nach so langer Zeit des Leidens meiner Tochter ENDLICH zu Lösungen und Linderung führt.
    Schau bitte mal unter: Warum Autismus bei Mädchen oft nicht erkannt wird (Asperger). Schon als kleines Mädchen war es oft sehr schwierig mit ihr, sie hat uns Erwachsene nicht verstanden und wir haben sie nicht verstanden. Oft hatte ich das Gefühl dass sie nicht richtig glücklich und fröhlich sein konnte und hab die Schuld dann bei mir gesucht, waren wir etwa zu streng oder zu wenig konsequent. Irgendwie redeten wir aneinander vorbei. Die Pupertät wurde dann ganz schlimm für uns alle. Hätte wir nur früher gewusst was der Grund für ihr Verhalten ist hätten wir uns viel leichter getan und sie besser unterstützen können. Liebe Chrissi, sei froh das der Psychologe keine Depression diagnostiziert hat und keine Antidepressiva verschrieben hat. Meine Tochter war vor 18 Jahren ein Jahr lang in einer Gesprächstherapie bei einer Therapeutin die sie förmlich dazu zwang zum Psychiater zu gehen und Antidepressiva zu nehmen. Nach sechs Wochen entwickelte meine Tochter eine Manie. Es folgte Klinikaufenthalt, Depression und Manie im Wechsel und die Diagnose pipolare Störung. Viele Aspergers bekommen fälschlicherweise Diagnosen wie pipolare Störung, Angststörung usw.meist werden viele Medikamente verschrieben. meiner Tochter hat das Ganze 6 Jahre ihres Lebens und den positiven Schulabschluß gekostet. Ich bin sehr sehr stolz auf meine Tochter, sie hat damals die Medikamente alle abgesetzt, sie lebt schon 12 Jahre ohne Medikamente und hatte keinen psychotischen Schub mehr. Aber eine Leichtigkeit in ihrem Leben wollte sich nicht einstellen. Es hat mir oft fast das Herz zerissen wie schwer sie sich im Leben tat, vor einigen Wochen sagte sie zu mir: wenn ich doch nur wüßte was bei mir nicht stimmt. Und dann fand ich den Artikel über Aspergerfrauen, uns ist jetzt so viel klar geworden, wir haben so viel zu besprechen, oft weinen wir. Meine Tochter ist jetzt in Therapie bei einem tollen jungen Therapeuten der sie versteht, und ihr hilft neue mögliche Wege zu gehen.
    Liebe Chrissi, vielleicht kann dir das weiterhelfen, ich drücke dir ganz fest die Daumen daß du gemeinsam mit deiner Tochter die richtigen Ansprechpartner und Hilfe bekommst. Alles Liebe Annemarie

  5. Liebe Chrissi,

    zu dem Thema wurde jetzt schon viel gesagt und auch mir sind solche Gefühle überhaupt nicht fremd. Ich gucke bloß immer: Wo kann ich Hilfe finden? Was kann ich machen, damit es mir besser geht? In unserer Stadt gibt es eine Anlaufstelle für Familien, Eltern und Kinder. Dort arbeiten Psychologen, die von der Stadt bezahlt werden und die dich als Ratsuchenden keinen Cent kosten. Vielleicht gibt es bei euch auch sowas? Ich drücke dir die Daumen und wünsche dir viel Kraft. Liebe Grüße und einen Umarmung.

  6. Meine Oma hat immer gesagt: “ Wenn man nichts nettes zu sagen hat, sagt man am Besten gar nichts!“ Das gilt fürs Schreiben finde ich ebenso. Die Mama die geschrieben hat ist Pädagogin. Sie hat offen und ehrlich über Gefühle berichtet die ein großes Tabu sind aber eben auch vorkommen. Die unfehlbaren Mütter ganz ohne eigene „Befindlichkeiten“ dürfen einfach auch gerne mal die Finger still halten und schweigen.

    1. @Barbara: ich gebe Dir Recht, aber genau das ist doch mein Punkt: dass die Autorin halt so wenig Nettes über ihre Tochter zu sagen hat?

      1. Ich hatte tatsächlich eher deinen Kommentar gemeint. Es geht hier um eine Mama die Austausch sucht. Glaubst du sie hat sich noch nie selbst Vorwürfe gemacht dass sie so empfindet? sich gefragt was sie anders hätte machen müssen? Es hilft nicht, pseudopädagogisch wertvolle Tipps zu geben, dass man so eben einfach nicht zu fühlen

        1. @Barbara: ich kann ja nur auf das reagieren, was im Artikel steht. Und da geht es nicht um Selbstzweifel (vom Wunsch nach externer Absolution abgesehen) sondern fast ausschließlich um die „Befindlichkeit“ der Mutter, weil die Tochter nicht schön im Chor singt.
          Ich kann das nur wiederholen: für mich klingt es recht Ich-bezogen und nach Opferhaltung, was andere LeserInnen ja partiell auch so sehen.

          1. Ich bin Pädagogin und arbeite genau an diesen Themen mit Erwachsen. Soviel dazu.
            Ich mir zu 100% sicher, dass die Tochter von klein auf die innere Abneigung der Mutter spürte. Unbewusst. Ich verstehe auch nicht so ganz, warum man einen Menschen nicht so an nimmt, wie er ist. Sie ist erstens eine eigene Persönlichkeit und muss dir nicht gefallen. Zweitens hat sie sich von klein auf gewählt. Anthropologischer Dreischnitt. Sie ist sie. Und sie will halt nicht im Chor singen. Gerade weil du sowas willst, würde sie es nicht machen. Viele Kinder versuchen den Eltern zu gefallen. Ist das gut? Ich verstehe ebenso nicht, wie du enttäuscht sein kannst. Vielleicht mal über ne 5 oder Sonstiges. Aber du magst sie nicht als Person. Wie ist das für die Tochter? Du siehst nur dich. Denk da mal drüber nach.
            Und was ist schlimm daran, mit 15 Sex zu haben? Sie nimmt die Pille. Zeigt Verantwortung.
            Zum Thema Freundeskreise wechseln: völlig normal in dem Alter. Man sucht sich selbst noch. Du bist doch Lehrerin, warum hast du nicht mal ein pädagogisches Buch in die Hand genommen und dich informiert.
            Ganz drastisch gesagt…hol das nach und gib ihr endlich das Gefühl, dass du sie siehst.

      2. Ich hatte tatsächlich eher deinen Kommentar gemeint. Es geht hier um eine Mama die Austausch sucht. Der „Tipp“ Sie solle einfach anders fühlen hilft denke ich eher weniger.

  7. Danke Chrissi, dass du uns an deinen Gefühlen/Geschichte teilhaben lässt. Das war bestimmt nicht leicht. Ich kann Dich total gut verstehen, eins meiner Kinder macht mir ähnliche Gefühle wie Dir. Ich finde das auch ganz schwer auszuhalten, diese Machtlosigkeit und auch diese Schuldgefühle. Ich habe mir psychologische Hilfe geholt und versuche einfach mit meinem Kind in Verbindung zu bleiben. Und auf die Sachen zu schauen, die gut sind. Den Grundstein haben wir gelegt, die Pubertät haben wir nicht mehr in der Hand. Du kannst immer nur wieder kommunizieren, dass du für deine Tochter da bist, die Situation annehmen und dich ansonsten gut um dich selber kümmern. Loslassen ist einfach mega schwer.
    Ich wünsche Dir alles Gute.

    1. liebe Barbara, auch ich bin Lehrerin, wie die Autorin selbst, und kann manche Gedanken lebhaft nachvollziehen.
      Ich arbeite mit verhaltensauffälligen und emotional beeinträchtigten Kindern und weiß, wie notwendig und wichtig eine gewisse Self-Care ist, dass man sich selbst noch mögen und motivieren kann. Ob zuhause oder im Job. Jammern, Zweifeln etc. inklusive, was aber heutzutage auch kein Tabu-Thema mehr ist. Es gibt die unterschiedlichsten Varianten, sich Unterstützung zu holen.
      Ein Kind möchte aber auch gemocht werden und braucht dafür im Idealfall seine Eltern o.ä.Manchmal muss man aber genauer schauen, wo Probleme herkommen und das ist eben unbequem, weil sie meistens etwas mit dir selbst zu tun haben.
      Um es mir einem anderen Sprichwort zu sagen: „Jeder selbst ist seines Glückes Schmied.“
      Mancher handelt, mancher wünschte ein anderer täte es für ihn in seinem Sinne.

  8. Hallo Chrissi,
    Ich mache gerade genau das gleiche durch. Meine 16jährige Tochter treibt mich in den Wahnsinn. Sie ist in der zehnten Klasse im Gymnasium und möchte die Schule nicht weiter machen. Die Noten sind unterirdisch und sie wird vermutlich die Schule mit dem Hauptschulabschluss verlassen. Sie hat keinen Plan was sie machen möchte und zeigt keinerlei Antrieb bzw. Interesse. Sie hängt nur mit ihrem Freund in ihrem Zimmer und das wars.
    Mein Mann und ich sind beide in der Pharma Branche tätig und haben studiert. Ich frage mich auch ständig was schief gelaufen ist. Haben wir uns zu viel gekümmert oder zu wenig, weil wir beide in Vollzeit arbeiten? Darauf gibt es keine Antwort.
    Mich hat dein Bericht sehr berührt und auch gezeigt, dass wir nicht allein in dieser Situation sind. Vielen Dank dafür.
    Ich wünsche uns beiden viel Kraft und für den weiteren Weg.

  9. liebe Chrissi,
    mir ist klar, dass nicht jedes Kind ein Wunschkind ist, ein absoluter Sonnenschein, das Leben umkrempelt und man sich immer neuen Herausforderungen stellen muss.
    Ich hatte selbst eine Mutter, die sich mein Leben und mich selbst so ausgemalt hat, wie sie es gerne gehabt hätte. Meist hat sie mich versucht in ihr Bild vom vorzeigbaren Kind zu drängen.
    Das alles macht mir heute noch sehr zu schaffen. Nie richtig gewesen zu sein
    Heute bin ich selbst Mutter von 3 Kindern, die unterschiedlicher nicht sein können. Es ist mir als Mama eine Ehre sie begleiten zu dürfen und daran zu wachsen einem Menschen Freude und Zuversicht für ihr eigenes Leben vermittelt zu können.
    Es gibt viele Dinge, die unschön, unbequem, peinlich, unverständlich, verwirrend, verletzend sind. Und auf der anderen Waagschale alles andere tolle, spannende, überraschende und warme ….
    Kinder sind doch keine Projektionen seiner eigenen Vorstellungen und Wünsche. Für mich sind sie eine Herausforderung, bin glücklich, wenn wir zu guten Lösungen finden und bereit auch schwere Dinge auszuhalten.
    Irgendwann kam ich zum Schluss, dass ich entweder an unerfüllten Erwartungen scheitern kann oder die Möglichkeit nutze mit meinen Kindern zu wachsen.
    Vor kurzem habe ich durch eine schwere Erkrankung nochmal darüber nachgedacht, ob ich eine gute Mutter war?
    Immer noch keine Ahnung! Meine Kids haben mich so genommen, wie ich war, sich bestimmt oft geärgert und ich habe sie bestimmt auch gekränkt.
    Aber in dieser Zeit haben sie mir gezeigt, wie Leben geht…
    Vielleicht sollten wir einfach voneinander lernen, ob Kinder von Eltern oder Eltern von Kindern.
    Lass dein Herz offen für deine Tochter und überlege vielleicht, was du für dich tun kannst, um zufrieden zu sein. Ein Kind sollte sich nie damit auseinander setzen MÜSSEN, wie es sich heute verhalten muss, dass Mama oder Papa einen glücklichen Tag haben…. Wenn sie es freiwillig tun, immer her damit 🙂
    Im Sinner der heutigen Individualisierung, dem Aufruf zur eigenen Verwirklichung, alternativer Erziehungsstile und dem ganzen Rebellions-Gedöns freue dich über dein eigenes, höchst persönliches Teenie -Monster und höre in dich rein, ob du mit ihm seine Welt entdecken möchtest.
    Und manchmal geht auch gar nix mehr, auch das muss ausgehalten werden und passt nicht immer in die eigene Komfortzone.
    Sei gut mit dir!
    LG

    1. Liebe Meike, ich danke Dir für Deine Antwort und sehe es zu 100% genauso.
      Kinder sind nicht die Blaupause der eigenen (enttäuschten) Erwartungen.
      Im Ausgangsartikel war mir viel zu viel Selbstmitleid und zu wenig Empathie und Liebe zum Kind (ist nicht jeden Tag gleich leicht, schon klar) zwischen den Zeilen zu lesen.

  10. Liebe Chrissi,
    oft ist es auch einfach ein sehr anstrengender Entwicklungsprozess, der deine Tochter selber anstrengt. So eine Pubertät ist kein Zuckerschlecken, ich erinnere mich noch sehr genau an meine eigene. Was war ich gemein zu meiner Mutter, habe gelogen, mich zu komischen Typen hingezogen gefühlt, auch im Sinne einer kleinen Rebellion. Auch mit 15 geschützten Sex haben ist kein „Problem“ und muss übrigens nicht immer mit der eigenen Mutter besprochen werden.

    Dabei war es allerdings nie ernsthaft gefährlich- das wäre für mich jetzt als Mutter auch die Grenze, die ich ziehen würde. Alles andere ist auszuhalten mit dem passenden sozialen Netz für dich (wie Inke schon schreibt) und erwachsenen Ansprechpersonen für deine Tochter (Vertrauenslehrkräfte, Sozialarbeitende, Verwandte (z.B. auch von FreundInnen)).

    Ich bin jetzt 31, habe ein normal gefestigtes Verhältnis zu meiner Mutter. Zwei eigene Kinder und einen liebevollen Partner. Pubertät geht vorbei und daraus entwickeln sich ganz tolle neue Persönlichkeiten. Sage ich, während ich meine 11jährige dabei beobachte, voll in diese krasse Phase einzutauchen…

    Viel Kraft für die kommenden Monate und Jahre. Ich hab Vertrauen, dass unsere Töchter und wir das gut überstehen. 🙂

  11. Liebe Chrissi,

    ich kann deine Gefühle zu 100% nachvollziehen, weil ich selbst seit Jahren in einer sehr ähnlichen Situation bin. Mein inzwischen 20jähriger Sohn begann ebenfalls schon im Alter von 13 Jahren uns diverse schlechte Schulnoten zu verheimlichen uns systematisch anzulügen und auch gelegentlich zu bestehlen. Über die Jahre wurde sein Verhalten meinem Mann mur und meinem Mann gegenüber immer entgrenzter und respektloser, er begannn sich immer mehr in seinem Zimmer vor seinem PC zu isolieren und die Kommunikation mit ihm wurde immer schwieriger. Das ist leider bis heute so geblieben. Nach Jahren der Wut, Trauer, Hilflosigkeit und Verzweiflung, die für meine Ehe und die gesamte Familie ( wir habe noch eine jüngere Tochter) zu einer Zerreißprobe wurden, bin ich inzwischen (auch mit therapeutischer Hilfe) immerhin an dem Punkt angekommen, dass ich mich von den Scham- und Schuldgefühlen weitgehend befreit habe. Alle Eltern machen Fehler und dennoch versuchen die allermeisten tagtäglich ihr Bestes zu geben. Wir als Mütter sind nicht für alle Handlungen und Entscheidungen unserer Kinder verantwortlich und haben darauf auch nur einen begrenzten Einfluss. Ich arbeite genau wie du als Lehrerin und kenne die Gefühle der Wehmut und Eifersucht, die im Kontakt mit Jugendlichen aufkommen nur zu gut. Wie oft habe ich mir gewünscht, mein Sohn wäre so motiviert, sozial, freundlich, interessiert, zielstrebig etc. wie die meisten meiner Schüler:innen. Das dem leider nicht so ist und womöglich auch nie so sein wird, ist und bleibt schmerzhaft zu akzeptieren. Dennoch sollten wir uns darauf besinnen wie, was und wer wir abgesehen von unseren Kindern eigentlich sind bzw. früher waren. Ich denke hierbei ist es wichtig, sich zumindest ein Stück weit von unseren Kindern abzugrenzen, was nicht bedeutet, sich emotional total zu verschließen oder die Kommunikation einzustellen. Im Falle unseres Sohnes haben wir tatsächlich beschlossen, ihn zum Auszug zu verpflichten, aber so weit muss es bei deiner Tochter ja gar nicht unbedingt kommen. Versuche zu akzeptieren, dass sie momentan und auch vielleicht in naher Zukunft ein Leben führt, dass in keinster Weise deinen Idealvorstellungen entspricht und nichts, was du tust oder sagst daran wirklich etwas ändern kann. Bemühe dich gleichzeitig darum, deinen Blick auf das zu richten, was dich bestärkt, entspannt oder dir Freude bringt, anstatt dem nachzutrauern, was du nicht hast bzw. nicht verändern kannst. Vergiss nicht, dass dein Leben nicht nur aus deiner Tochter besteht, auch wenn es sich manchmal so anfühlen mag und verbanne so gut es geht die Selbstvorwürfe, die zu nichts führen sus deinen Gedanken.
    Ich wünsche dir viel Kraft, Zuversicht und Gelassenheit und hoffe, dass es dir gelingt, gemeinsam mit deinem Partner an einem Strang zu ziehen und positiv in die Zukunft zu sehen.

      1. Es ist oft gerade das hilfreich, was man nicht hören möchte. Das Verhalten des Mädchens klingt nach der Reaktion auf einen Mangel an Liebe und das vermutlich seit der Geburt. Klauen, früh Sex haben, um den Liebesmangel auszugleichen etc. all das deutet darauf hin. Vielleicht sollten Sie Ihre Tochter frei geben, ihm die Chance geben, Menschen zu finden, die sie mögen. Eine WG kann Wunder wirken.

  12. Weiß nicht, irgendwie tut mir die Tochter leid. An keiner Stelle fragt sich die Mutter, wie es ihrem Kind geht und zelebriert für meinen Geschmack etwas zu selbstmitleidig das Defizit an vorzeigbaren Leistungen(Chor, Tanz, etc.)und mütterlichen „Befindlichkeiten“.
    Klar, die belastet Kommunikation, Lügen, inadäquates Sozialverhalten, schulische Leistungsverweigerung u.ä. sind nicht schön, scheinen mir aber Ausdruck dessen zu sein, dass da auf der Beziehungsebene schon lange etwas falsch läuft. Die frustriert, vorwurfsvolle Haltung wird da nicht helfen.

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