Frühkindliche Depression? Mein Sohn (7) macht sich so viele Sorgen

Sohn

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Ihr Lieben, unsere Leserin Tonia macht sich große Sorgen um ihren kleinen Sohn, denn er ist emotional instabil und es könnte sein, dass er unter frühkindlicher Depression leidet. Sie wünscht sich hier Austausch mit anderen Mamas, deren Kinder ähnliche Gedanken haben. Wir drücken euch die Daumen, liebe Tonia, dass es deinem Sohn bald besser geht.

Liebe Tonia, heute geht es um deinen siebenjährigen Sohn, der schon immer emotional instabil war, wie du sagst. Kannst du etwas mehr dazu erzählen?

Mein Sohn war ein klassisches High Need Baby. Er hat erst relativ spät, mit knapp 2 Jahren, das erste Mal länger als 5 Stunden am Stück geschlafen und war tagsüber nur ruhig, wenn er in meinem Arm war. Das hat alltägliche Erledigungen, gerade als Alleinerziehende, natürlich sehr erschwert.

Die Autonomiephase war ebenfalls sehr intensiv. Ich war fast dauerhaft dabei deeskalierend zu agieren. Es war jedoch ein sehr großer Vorteil, dass er mir sehr früh mitteilen konnte, was genau los war, da er mit zwei Jahren bereits ganze Sätze sprach. Dies erleichterte es mir, ihn während seiner Gefühlserlebnisse aufzufangen und im Anschluss mit ihm darüber zu reden.

Im Kleinkindalter fiel auch das erste Mal auf, dass er extrem wenig Schlaf benötigt. Ab dem Alter von ca. 4 Jahren sind wir bei einer Schlafenszeit von 6 Stunden verblieben. Sowohl zu Hause als auch im Kindergarten ist es auch nach der Autonomiephase dabei geblieben, dass er sehr schnell sehr extrem reagiert. Aggressiv (anderen gegenüber) war er nie, er hat aber einen starken Gerechtigkeitssinn und ist bei ungerechten Situationen oder bei solchen, die er nicht nachvollziehen kann, schnell aufbrausend, weint sehr häufig und ließ sich mit zunehmendem Alter immer schwerer beruhigen.

Weder Raum geben noch mit Abstand für ihn da sein oder ihn in den Arm nehmen haben geholfen. Nicht nur die negativen, auch die positiven Gefühle erlebt er noch heute sehr intensiv. Es scheint für ihn nur schwarz und weiß zu geben, entweder ist er todunglücklich oder so glücklich, dass er nichts um sich herum wahrzunehmen scheint.

Was für ein Typ ist dein Sohn, was sind seine Stärken und Schwächen?

Zu seinen Stärken gehören seine unglaubliche Empathie und seine Fähigkeit zur Selbstreflexion. Er ist sehr einfühlsam, hilfsbereit und entschuldigt sich sofort, wenn er einen Fehler gemacht hat. Er ist unglaublich aktiv und wissbegierig, weshalb er sich häufig erwachsene Diskussionspartner sucht statt mit Gleichaltrigen zu spielen.

Leider sind Teile seiner Stärken auch seine Schwächen. Er ist sehr selbstkritisch und verzeiht sich seine Fehler selbst nicht. Zudem leidet er extrem mit anderen Kindern und Schicksalen mit. Er benötigt auch sehr viel Beständigkeit und Routine. Es braucht oft einige Tage, bis er mit Situationen wie der Trauer oder dem Umzug eines anderen Kindes umgehen kann und seine eigenen Gefühle nicht mehr so intensiv sind. Er ist auch sehr selbständig, jedoch auch oft selbstüberschätzt und schwankt extrem zwischen Selbstsicherheit und Unsicherheit. 

Hast du bei Erziehern, Ärzten deine Beobachtungen geschildert und wie haben die diese bewertet?

Mit den Erzieherinnen war ich damals im engen Austausch. Sie haben ebenfalls geschildert, dass er seine Gefühle sehr extrem wahrnimmt und lange braucht, um wieder ansprechbar zu sein. Wir haben festgestellt, dass er im Kindergarten trotz allem etwas regulierter mit seinen Gefühlen ist. So hat er vor Überforderung mit seinen Gefühlen oft die Flucht (im wahrsten Sinne des Wortes, also aus dem Haus raus und weg) genutzt, während es ihm im Kindergarten reichte, eine Stille Ecke zu suchen und für sich zu sein.

Aus diesem Grund haben die Erzieherinnen gesagt, dass er sozial-emotional noch etwas Zeit braucht. Von Seiten des Kinderarztes wurde ich leider nicht sehr ernst genommen. Es wurde mit verschiedenen Entwicklungsphasen abgetan.

Seit einem Jahr seid ihr bei einer Kinderpsychologin. Warum hast du dich für diesen Schritte entschieden?

Mit 5 Jahren hatte er vermehrt Suizidgedanken. Wenn eine Emotion gerade wieder zu intensiv war oder aus Selbstkritik plötzlich Selbsthass wurde, ist er geflohen und wollte sich ins nächste Gewässer oder auf die Straße stürzen. Das Besteck musste ich unzugänglich aufbewahren, da er sich sogar mit einem Brotmesser selbst verletzt hat.

Meine Liebe für ihn ist nicht mehr bei ihm angekommen, positive Worte hat er als Lügen abgetan. Es gab vermehrt Momente, in denen er sehr stark meine Nähe suchte und dann wollte er wieder nur so weit wie möglich weg von Allem. Als ich gemerkt habe, dass ich ihn nicht mehr auffangen kann, habe ich Hilfe gesucht. 

Gibt es Diagnosen?

Offizielle Diagnosen gibt es nicht, aber es gibt 2 Richtungen, in welche die Gespräche mit der Psychologin immer wieder gehen: frühkindliche Depression und Hochbegabung. Beide Vermutungen stützen sich gegenseitig. Seine Selbstkritik und Selbsthass zeigen sich meist in Situationen, in denen er Dinge von sich verlangt, die er noch lange nicht können muss.

Fragt man ihn, was er an sich mag, kann er kaum etwas benennen. Seine positiven Eigenschaften sieht er als selbstverständlich und nicht erwähnenswert, er sieht nur seine Defizite. So hat er sich in nur wenigen Tagen und lange vor seiner Einschulung das Lesen selbst beigebracht und mich damit überrascht, war jedoch immer wieder unglaublich wütend, wenn ich ihm vorgelesen habe und ihm klar wurde, dass sein Lesefluss meinem noch nicht glich.

Positive Worte nimmt er nicht an, er sieht nur das nächste Ziel, welches er erreichen möchte und ist so lange unglücklich, bis er es erreicht hat. Derzeit versuchen wir den Fokus auf positive Ereignisse zu legen, indem wir sehr detaillierte Tagespläne erstellen, die er am Abend resümieren kann. So gehen auch Kleinigkeiten wie „30 Minuten mit Mama gekniffelt“ nicht einfach im Alltag unter.

Du sagst, dein Sohn macht sich oft große Sorgen. Über was und wie sehr sorgt er sich dann?

Im Grunde sorgt er sich über alles. Er kann aus den kleinsten Dingen negative Sachen ziehen und sich darin verlieren. Am häufigsten äußert er jedoch Verlustangst, also explizit, dass mir etwas passieren könnte. Er spricht täglich vom Tod, versetzt sich gedanklich in Situationen, in denen ich oder andere geliebte Menschen von ihm nicht mehr da sind. Verluste in der Familie und im Bekanntenkreis hat er jedoch noch nicht erleben müssen.

Seine Gedanken beruhen demnach nicht auf Erfahrungen. Diese Sorgen kann ich auch nachempfinden. Besorgniserregend ist jedoch die Menge an Sorgen insgesamt, die er sich macht und da fallen gerade die kleinen Dinge extrem ins Gewicht: wird meine Lehrerin morgen wieder nicht da sein? Wie lange passen mir noch die Schuhe? Wieso habe ich jetzt länger gebraucht als sonst? Kleinigkeiten, an die wir im Normalfall einen kurzen Gedanken verschwenden, in die er sich aber reinsteigert und die dann in starken Gefühlsausbrüchen enden.

Die Intensität der Gefühle scheint aber zumindest etwas nachgelassen zu haben, da er seit ca. einem halben Jahr nach dem Erleben negativer Gefühle nicht mehr den Suizid als Ausweg in Erwägung zieht. Das Thema Schlafen ist tatsächlich auch sehr präsent. Wie bereits erwähnt benötigte er schon immer sehr wenig Schlaf. Abgesehen von der Dauer ist sein Schlaf selbst auch sehr auffällig. Er schreit jede Nacht mehrfach und wacht auch nicht auf. Er spricht und schreit ganze Sätze im Schlaf. In seiner frühen Kindheit habe ich sofort an den Nachtschreck gedacht, jedoch ist es geblieben und noch immer jede einzelne Nacht präsent.

Tatsächlich habe ich dies noch nicht bei seiner Psychologin erwähnt, da es für mich über die Jahre so zur Normalität geworden ist, dass ich nicht mehr daran gedacht habe. Sein Vater hat mich vor Kurzem darauf angesprochen und nun möchte ich dies zum Thema beim nächsten Elterngespräch machen.

Welchen Austausch würdest du dir hier wünschen?

Ich hätte gerne Erfahrungsberichte von Eltern, die sich und ihre Kinder in einigen dieser Punkte vielleicht erkennen. Mir schwirren so extrem viele Gedanken im Kopf herum, dass ich kaum weiß, welcher Schritt als nächstes angebracht sein könnte oder wie ich meinem Sohn noch helfen kann. Seine Probleme erscheinen mir so unglaublich vielschichtig, dass ich nicht weiß, was als nächstes getan werden kann.

Ich merke, dass mir die Sichtweise seiner Psychologin schon oft in expliziten Situationen geholfen hat, jedoch regt sie keine weiteren Schritte an, nachdem sie Vermutungen genannt hat. Aus diesem Grund möchte ich gerne mit Eltern in Austausch kommen, die ähnliche Situationen erlebt haben und neben psychologischer Hilfe weitere Möglichkeiten genutzt haben. Welche weiteren Anlaufstellen gibt es? Was kann ich noch in die Wege leiten?

Was wünschst du dir für dein Kind? 

Ich wünsche mir so sehr, dass er die Momente positiver Gefühle bewusst wahrnehmen, genießen und durchatmen kann. Ich wünsche mir, dass er erkennt, was für ein wundervolles Kind er ist und dass er seinen Wert nicht in dem sucht, was er kann, sondern in dem findet, der er ist.

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20 comments

  1. Liebe Autorin,
    spannend, ich habe von Anfang an an Hochbegabung gedacht, und die Vermutung kam ja auch schon von seiner Psychologin. Ich habe selbst ein hoch intelligentes Kind zu Hause und hätte ein paar Tipps für euch:
    – Musikschule oder alternativ Instrumente selbst lernen. Da gibt es tolle Anfängerbücher oder Hefte, mit denen dein schlauer Junge bestimmt von ganz allein Flöte, Keyboard oder andere Instrumente lernen kann
    – Bei den Sorgen, die er sich macht, z.B. beim Thema Schuhgröße, hilft es vielleicht, wenn du ihm sagst, dass das deine Verantwortung ist. Du als Mutter bist dafür verantwortlich, neue Schuhe zu kaufen und seine einzige Verantwortung ist, dir Bescheid zu sagen, wenn die Schuhe drücken. Die klare Klärung der Verantwortung hat bei uns zu viel weniger Sorgen geführt, da wir als Eltern unserem Kind die Sorgen abnehmen.
    – Für die positive Stimmung wäre ein Dankbarkeitsritual vielleicht etwas für euch: Dein Kind soll jeden Abend 5 Dinge aufzählen, für die es dankbar ist (und wenn es nur das schöne Wetter, das leckere Essen, ein warmes Haus, eine Umarmung von Mama, etc. ist). Lenk ihn bei den ersten malen auch gerne auf so einfache Dinge. Dankbarkeit kann das Leben verändern, da es unendlich viele Dinge gibt, für die wir dankbar sein können.
    Ansonsten wünsche ich euch viel Kraft!!!

  2. Hui, da habt ihr aber eine große Herausforderung bekommen! Viel Kraft für euch alle und gute Ärzte, die euch begleiten!

    Mein Sohn ist auch recht kritisch und uns hat ein Gefühlstagebuch sehr geholfen, den Fokus besser auf positive Momente gelegt zu bekommen. „Ein gutes Gefühl“ kann ich empfehlen, es werden vorher alle Emotionen thematisiert und auch ein entspannter Umgang mit ALLEN Emotionen gefördert, denn sie sind alle ok.
    Das ist jetzt nichts großes, aber schnell und leicht umzusetzen.

  3. Liebe Tonia, danke für deinen Mut, deine Geschichte hier zu teilen, die mich sehr berührt hat! Ich bin Elterncoachin und Mutter eines fast 18jährigen Sohnes und mag dir gerne aus meiner Perspektive ein paar Gedanken zu deinem Sohn aufschreiben. Eins ist klar: Dein Sohn ist zweifelsohne ein ausgesprochen empfindsames Kind mit sehr feinen Antennen! In seiner Dünnhäutigkeit wird er die Welt daher höchstwahrscheinlich viel intensiver wahrnehmen als andere Kinder und – von dem was er erlebt – mehr bewegt und bestimmt auch aufgewühlt sein: So dass (wie Kathrin auch schon geschrieben hat) sein „Arbeitsspeicher“ ziemlich schnell voll sein wird. Und weil er alles so intensiv erlebt, wird er auch in seiner emotionalen Reifwerdung ein wenig später dran sein als andere Kinder, die nicht sooo stark fühlen wie er (intensive große Gefühle sind einfach nicht so leicht zu „mischen“ und zu mäßigen). Von dem was du schreibst, hört es sich für mich auch so an, als stünde im Moment seine kognitive Stärke und Brillanz einer emotionalen Kapazität gegenüber, für deren Entwicklung er einfach noch etwas Zeit braucht. Ich hoffe das macht ein wenig Sinn ?!? Insofern würde ich auch denken, dass es wichtig ist, ihn in seiner emotionalen Reifwerdung zu stärken und zu unterstützen. Und alles zu tun, um seinen Alarm (z.B. seine Verlustangst) zu mildern. Hier gibt es viele Möglichkeiten! Wenn du magst, kann ich dich gerne in einem kurzen Gespräch hierzu unterstützen. Schreib mir gerne unter kontakt@mmg-elterncoaching.de

  4. Hallo Tonia! Erstmal ein großes Paket Mitgefühl für dich 🙂 Ich dachte auch sofort an Hochbegabung. Wenn ihr schon psychologisch in Behandlung seid, prima, dann werdet ihr sicherlich weitervermittelt werden können. Wir haben nun seit fast 1 Jahr den Verdacht der Kinderärztin auf Hochbegabung – es gibt viele Parallelen zu Deiner Schilderung. Nur finden wir leider keinen entsprechenden Arzt für die Diagnose. Alle voll, nicht deren Fachgebiet usw … nach unzähligen Anrufen überall bin ich ratlos (wir wohnen in einer Großstadt mit Uniklinik… nicht deren Fachgebiet, ich mag es nicht mehr hören)
    Bleib dran und viel Kraft für den Alltag!!

    1. Hallo Melinda, habe es ganz unten schonmal kommentiert, aber vllt hilft es dir auch: ich bin selbst Psychologin, arbeite in einem Frühförderzentrum und mache regelmäßig solche Testungen. Meines Wissens fällt das generell eher ins Fachgebiet der Psychologen und nicht der Ärzte. Bei uns läuft das so, dass die Kinder erst bei einer unserer Ärztinnen vorgestellt werden und diese uns die Kinder dann eintragen für die Diagnostik. Wir machen das dann mit standardisierten Intelligenztests.
      Vielleicht gibt es so eine Anlaufstelle bei euch ja auch? Je nach Bundesland und Alter heißt das Frühförderzentrum (bis Ende 4. Klasse) oder sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ, bis 18 Jahre)

  5. Liebe Tonia, bitte lasse deinen Sohn zügig auf eine Hochbegabung hin testen. Die Karg Stiftung hat hierfür eine hilfreiche Seite, um einen Diagnostiker in deiner Nähe zu finden, auch diverse Fachartikel sind zugänglich. https://www.fachportal-hochbegabung.de/oid/10122/. Gleichzeitig finde ich auch das Material der DGhK hilfreich, gerade auch den Flyer, welche Fehldiagnosen bei hochbegabten Kindern häufig sind. https://dghk.de/fehldiagnosen/. Herzliche Grüße, Silke

  6. Als Psychologin und Verhaltenstherapeutin (allerdings für Erwachsene) würde auch ich zu umfangreicher psychiatrischer sowie Intelligenzdiagnostik raten; idealerweise in der darauf ausgerichteten Ambulanz einer (Uni-) Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und explizit nicht beim niedergelassenen Kinderpsychiater.
    Was mir persönlich an Fragen eingefallen ist: Hat der Junge Freunde? Macht er Sport, hat er Hobbys; d.h., gibt es Tätigkeiten, die ihm Freude bereiten und ihm ein Gefühl der Zufriedenheit und des Im-Reinen-Seins mit sich und der Welt geben? Das ist natürlich nur ein ganz subjektiver Eindruck und nur Spekulation, aber beim Lesen dieses Textes entstand für mich so ein bisschen das Bild eines einsamen Jungen, der ziemlich allein (i.S.v.: ohne Freunde, Peers) in seiner komplexen, verkopften Welt lebt. Ich habe mich gefragt, ob es dem Jungen nicht gut tun würde, ab und zu eine Pause von all dem Kognitiven zu haben und mehr im Körper zu sein. Vielleicht würde es ihm gut tun, körperlich mehr gefordert zu sein (Ausdauersport, z.B. Schwimmen) und angenehme sensorische Erfahrungen zu machen. Vielleicht wäre eine tiergestützte Therapie / Reittherapie oder so etwas als flankierende Maßnahme für ihn hilfreich.
    Aber so, wie ich das sehe, müsste erst mal diagnostisch mehr Klarheit herrschen, bevor entsprechende Maßnahmen gestartet werden.
    Hochachtung auf alle Fälle für Tonia, die ihren Sohn so engagiert und liebevoll begleitet. Vielleicht könnte es für sie im Verlauf hilfreich sein, sich mit Gleichgesinnten (Eltern) zusammenzuschließen, deren Kinder ebenfalls psychisch belastet sind?

  7. Hallo, die Schilderungen mit dem Nachtschreck erinnern mich stark an meinen Sohn, der diese auch noch öfter im Alter von 6 Jahren bekam. Er hat immer alle Reize aufgenommen, alles aufgesogen, alles verarbeitet, alles durchdacht und bewertet. Dadurch hatte ich in dem Alter immer das Gefühl, dass die Nachtschrecke Ausdruck eines überfüllten Arbeitsspeichers waren. Wenn er am Tag mal eine bewusste Pause z. B. ein Nickerchen gemacht hat, schlief er ohne Nachtschreck und insgesamt ruhiger. Außerdem brauchte und braucht er viel Bewegung zum Ausgleich für seinen stetig arbeitenden Kopf. Er ist jetzt 14 und das ist noch immer so. Mit der Weile wissen wir auch, dass er hochbegabt ist.

  8. Liebe Tonia,
    ich würde euch sehr ans Herz legen, eine Diagnostik in einer kinderpsychiatrischen Praxis zu machen. Auf Hochbegabung, ADHS und Asperger würde ich testen. Bei meinem Kind mit ähnlichen Depressionen wurde erst mit 12 ADHS diagnostiziert, obwohl wir seit es 6 war diverse Kontakte zur Erziehungsberatung hatten und es eine Psychotherapie gemacht hatte. Irgendwie kam keiner drauf und so gingen viele Jahre ins Land. Ich wünsche euch einen kürzeren Weg, gute Unterstützung und alles Liebe!

  9. Bitte unbedingt auf Autimus im PDA Profil testen lassen. Die Hochbegabung wird da gleich mit getestet, der Diagnostikprozess ist nicht ohne und anstrengend, aber dann wisst ihr was los ist. Es klingt sehr sehr stark nach AuDHS mit PDA und Hoch/Höchstbegabung plus Komorbidität frühkindliche Depression. Dein Sohn braucht dringend Hilfe und Anpassungen im Schul(Alltag), um zurechtzukommen.

  10. Liebe Tonia,
    Ich habe gerade meine Ausbildung zur Evolutionspädagogin abgeschlossen und möchte dir diese Methode ans Herz legen. Evolutionspädagogik ist keine Therapie und du wirst keine Diagnose bekommen aber sie kann dir und deinem Sohn helfen, mit den Gegebenheiten besser klar zu kommen. Wir können den Stress beheben. Außerdem können wir schauen, ob der Grund für die Verhaltensweisen deines Kindes vielleicht aus einer vorgeburtlichen Erfahrung stammt. Das wird oft nicht berücksichtigt.
    Schau doch mal auf Evoped.com. Da kannst du schauen ob eine Praxis bei dir in der Nähe ist.
    Alles Gute für dich und deinen Sohn!

  11. Liebe Tonia, mein Sohn weist einige ähnliche Züge auf wie deiner, wenn auch nicht so stark. Deshalb erlaube ich mir, ein paar Dinge zu erwähnen, die uns geholfen haben:
    – Das Buch über gefühlsstarke Kinder von Nora Imlau.
    – Das Buch „das hochsensible Kind“, amerikanische Autorin
    – Dir sehr viel Kraft und Zeit für dein Kind nehmen, im Beruf, soweit es geht, runterfahren.
    – mein Sohn ist jetzt schon Teenager, und vieles hat sich verwachsen. Der Wechsel auf die weiterführende Schule war ein Segen für ihn. In der Grundschule hatte eine Lehrkraft auch Depressionen erwähnt, was sich aber nicht bestätigt hatte. In der weiterführenden Schule (leistungsorientiertes Gymnasium) hat er viel mehr gleichgesinnte Kinder und fühlt sich viel wohler.
    Alles Gute!

  12. Hallo Tonia, Dein Sohn sollte unbedingt auf Hochbegabung getestet werden. In Deinem Beitrag habe ich gelesen, dass das noch nicht erfolgt ist. Mein jüngerer Sohn (fast 11) hat einige Parallelen zu den Schilderungen im Beitrag. Mit 7, 8 Jahren war das bei ihm ähnlich wie bei Deinem Sohn. Seit dem er und wir wissen, dass er als hochbegabt gilt, ist vieles einfacher zu verstehen. Besonders auch für ihn. Mein Sohn wurde mit 8 Jahren getestet. Es ist immer noch eine Herausforderung, ihm seine zahlreichen Fragen zu beantworten und mit den intensiven Gefühlen klar zu kommen, aber wir als Familie haben gelernt, damit umzugehen und diese Befähigung positiv zu betrachten.

    1. Ich schließe mich Barbara an und empfehle eine zeitnahe IQ-Testung. Ich kenne nicht alles, was du beschreibst, aber vieles und habe bereits in der Stillzeit jegliche Vergleiche mit der „Norm“ aufgegeben und mich nur nach den Bedürfnissen meines Kindes orientiert. Sowohl fehlende Auslastung wie auch fehlende Erholung führen zu Wutausbrüchen, viele Emotionen scheinen total überzogen und übersteigert zu sein. Es kostet unfassbar viel Kraft die Emotionen im Alltag mit-zuregulieren. Ich nehme diverse Beratungsangebote in Anspruch: Erziehungsberatung, Coaching für mich und ganz viel frische Luft für beide, sonst wäre die Spannung für alle nicht aushaltbar. Das Kind ist in der Begabtenförderung der Stadt, es ist unfassbar wichtig dass über- und hochbegabte Kinder merken, dass sie keine Aliens sind sondern dass es andere mit ähnlich komplizierten und tiefgründigen Gedanken gibt. Ich kann die Facebook-Gruppe von Eheleuten Weber empfehlen, da findet man viele Tipps und andere Eltern, die einen verstehen.

  13. Hallo! Vielen Dank für einen Bericht! Eine Sache zum Thema Verlustängste würde ich gern kurz ansprechen: sind du und der Vater getrennt? Ich frage nur daher, da meine Tochter seit der Trennung (sie war damals 3, vor über 7 Jahren) unter extremen Verlustängsten mir gegenüber leidet, obwohl wir sonst noch keine Verluste in der Familie hatten. Das schlimme an der Trennung war damals nicht, dass Papa ausgezogen ist, sondern dass sie in der Zeit bei ihm mich nicht um sich hatte. Das war leider sehr traumatisch für sie, auch wenn wir versucht haben, es so sanft wie möglich zu machen. Und es hat sich leider auch die vielen Jahre danach nicht wirklich gebessert. Vielleicht war dein Kind damals auch klein oder sogar noch kleiner, aber durch die anscheinend sehr zeitige und auch sehr emotionale Wahrnehmung ist aus dieser Zeit vielleicht auch etwas hängengeblieben… das hilft dir vermutlich bei der Bewältigung auch nicht weiter, aber vielleicht beim verstehen!
    LG Sophie

  14. Liebe Tonia,
    bei meiner Tochter (mittlerweile 14 Jahre alt) war das damals genauso. Vielleicht nicht ganz so ausgeprägt wie bei euch aber auch intensiv und sehr belastend. Der ausgeprägte Gerechtigkeitssinn, das Aus-der-Bahn-Werfen wegen Kleinigkeiten (jemand hatte etwas nicht in den Papierkorb geworfen und verschmutzt daher die Umwelt), das extreme Mitfühlen mit Schicksalen von anderen Menschen, der allgemeine Weltschmerz. Der Überperfektionismus an sich. In der Schule kam sie nicht gut mit. Selbstmordgedanken hatten wir GSD nie. Wir hatten eine sehr einfühlsame Lehrerin. An Depressionen hatten wir damals auch gedacht. Wir haben uns damals einen Hund angeschafft, der ihr bis heute aus solchen Phasen raushilft. Mittlerweile haben wir seit ein paar Jahren die „Diagnose“ Hochbegabung. Ihr Anspruch an sich, an andere erklärt daher viel. Der Weltschmerz in der Pubertät kickt manchmal besonders hart, aber sie hat ihr Ventil über ihre Begabung gefunden. Bis heute benötigt sie sehr wenig Schlaf. Ich wünsche euch viel Kraft und das ihr euren Weg aus der „Krise“ findet.

  15. Hallo liebe Tonia,
    wir sind aktuell in der gleichen Situation wie ihr und mein Kind hat ähnliche Gedanken, ist ebenfalls 7 Jahre alt und letzte Woche wurde die frühkindliche Depression aufgrund der Schule diagnostiziert. Ich suche auch Eltern die gerne in den Austausch gehen wollen. Ich habe meine E-Mail hinterlegt. Wäre schön wenn wir uns austauschen könnten. Liebe Grüße Jasmin

  16. Hallo Tonia,
    das klingt nach einer unheimlich belastenden Situation bei euch.
    Ich selber habe zwar kein Kind mit derartigen Schwierigkeiten zuhause, war aber selber ein solches. Daher kann ich aus meiner Sicht empfehlen, dem HB-Verdacht nachzugehen. Wenn die aktuelle psychologische Begleitung das nicht macht, dann eine andere. Dafür qualifizierte findest du zB auf der Homepage Können macht Spaß von Frauke Niehues.
    Außerdem bietet die DGhK eine telefonische Beratung an. Versuchs doch mal da.
    Alles Gute für euch!

    1. Hallo Tonia, erstmal mein Mitgefühl für diese Situation…man leidet unglaublich mit, wenn das eigene Kind so fühlt.
      Ich habe auch beim Lesen gleich an überdurchschnittliche Intelligenz gedacht, bevor du es erwähnt hast. Das würde ich als nächsten Schritt testen lassen! Dafür kannst du deinen Sohn beim nächstgelegenen Frühförderzentrum oder sozialpädiatrischen Zentrum anmelden.
      Ich wünsche euch alles Gute!! Über die Jahre wird er so viel über sich lernen und immer besser rausfinden, wie er mit seiner Besonderheit umgehen kann, sodass er als glücklicher Erwachsenener leben wird, von dir begleitet bis dahin

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