Ihr Lieben, manchmal gibt es ja so Parallelen zwischen Teenagern in der Pubertät und Müttern in der Perimenopause. Viele schreiben mir, dass die Lage zu Hause oft explodiert, weil all die Hormoncocktails explodieren, diese Parallele meine ich aber diesmal gar nicht. Es geht mir um die ungewisse Zukunft. Um die Frage nach dem: Was mache ich denn jetzt? Wir begeben uns öfter im Leben in die Phase der Selbstfindung – und zwar viele nach dem Schulabschluss. Und viele nochmal dann, wenn die Kinder größer werden und uns als Eltern nicht mehr so sehr brauchen.
Selbstfindung: Was mach ich denn jetzt?
Wie möchte ich mir die Zeit als Nicht-mehr-Vollzeit-Mama denn gern gestalten? Was will ich noch erreichen? Was macht mir Spaß, was erfüllt mich? Diese Fragen stellen sich auch Jugendliche, die in die Berufswelt starten und deswegen freu ich mich ganz arg über ein Weihnachtsgeschenk, das ich bekommen habe (okay, ich hatte es mir gewünscht, aber der Wunsch wurde eben erfüllt).
Es sind Coachingkarten, die eine ehemalige Mit-Kita-Mutter von mir aus Berlin entwickelt hat und in denen es um Stärken, Interessen, Ressourcen und Werte geht. Ich hab sie an Heiligabend ausgepackt und mal meiner Familie viele der Fragen gestellt.
Zum Beispiel: Und welche Fähigkeit wirst du beneidet? Was denken deine Freunde, was kannst du am besten? Was machst du gerne freiwillig? Worüber könntest du stundenlang reden? Was nervt dich an anderen? Welche Menschen inspirieren dich? Was magst du an dir am liebsten? Was hellt deine Stimmung auf? Was möchtest du am Lebensende über dich sagen können? Auf welche deiner Entscheidungen bist du stolz?
Es sind 60 Fragen in dieser Box (und es gibt sie in verschiedenen wunderschönen Designs, das nur by the way – keine Werbung, selbst bezahlt). Eigentlich wollte ich die Karten in meinen Trauerbegleitungen einsetzen, sie bringen aber auch die Familie total in die Reflexion.
Und: Als neulich eine Freundin meiner Tochter bei uns am Tisch saß, die überhaupt noch nicht weiß, was sie jetzt nach der Schule machen soll und welche Richtung sie interessieren könnte, holte ich einfach auch die Karten hervor und dabei konnten wir auf jeden Fall schon mal ganz wunderbar feststellen, was es auf jeden Fall NICHT werden soll. Es kristallisierten sich dann ein paar Gebiete heraus, die spannend sein könnten. Da lohnt es sich jetzt, weiter hinzudenken.
Seit meinen Sinnkrise-Texten werde ich aber auch immer wieder auf diese Verlorensein angesprochen, das kommt, wenn die Fürsorge für die eigenen Kinder kleiner wird. Grad in dieser Woche erreichte mich noch die Mail einer Leserin und Mama, die nach einer Trennung schrieb:
„Vermutlich finde ich das Update zu deiner Sinnkrise so Mut machend, weil ich noch an einem ganz anderen Punkt bin. Bei mir ist es so, dass mein altes Leben nicht mehr existiert. Bildlich gesprochen fühlt es sich so an, als wäre mein Wohnhaus eingerissen und müsste nun wieder aufgebaut werden. Jedoch weiß ich selber noch nicht, welche der alten Steine wieder eingesetzt werden sollen. Und wird das Haus überhaupt wieder an der gleichen Stelle stehen?“
Ich finde, auch an einer solchen Stelle können manchmal ganz einfache Fragen wie: Worin warst du schon als Kind gut oder was hat dir damals Spaß gemacht, helfen. Oder: Wobei vergisst du die Zeit? Was fällt dir leicht? Was machst du gern? Was erfüllt dich?
Brauche ich Freiheit oder enge Regeln, brauche ich Kollegen oder eher Homeoffice? Brauche ich Hierarchien oder eher freundschaftliche Verhältnisse? Wie wichtig sind mir Feedback und Wertschätzung? Wie sieht das aus, wenn ich die Augen schließe und mir den perfekten Job (oder Beziehung oder Hobby oder nach was auch immer ich mich sehne) vorstelle?
Solche Fragen sind nur ein Hebel von vielen auf dem Weg zu mir selbst bzw. zur Erkenntnis, was ich brauche und was ich mir wünsche. Und das gilt eben nicht nur für Jugendliche an der Schwelle zum Erwachsenwerden, sondern auch für Mütter, die plötzlich wieder Ressourcen und Kapazitäten frei haben.
Und es mag sich manchmal bedrohlich anfühlen, aber lasst uns doch versuchen, es als riesige Chance zu sehen. Die Welt liegt uns zu Füßen, wir dürfen ein Blatt neu beschreiben. Wie lange haben wir in der Schüler- oder Mutterrolle einfach funktioniert? Jetzt ist Zeit für Entfaltung. Für Ausprobieren. Für Dazulernen. Es bleibt auf jeden Fall spannend: Für uns alle! Und immer und immer wieder…
1 comment
Vielen Dank, dieser Text ist wunderbar! Er hilft mir sehr grad in meiner Familie. Macht genau weiter so mit eurem Blog!