Nach Bautzen: Rassismus ist im Osten längst Alltag und geduldet

häusliche Gewalt

Foto: Pixabay

Ihr Lieben, letztes Wochenende fand im sächsischen Bautzen ein CSD-Umzug statt, also ein Event, das sich für Vielfalt und queere Menschen einsetzt. Etwa 1000 Menschen nahmen teil, aber es gab auch eine rechte Gegendemo mit etwa 680 Menschen. Mich persönlich haben die Bilder des rechten Aufmarsches und des dort gezeigten Rassismus total geschockt – schwarz gekleidete, aggressive Parolen grölende Menschen marschierten durch Bautzen und warteten an Bahnhöfen auf die CSD-TeilnehmerInnen. Es war richtig angsteinflössend.

Ein Video, das in den sozialen Netzwerken kursierte, haben wir auch auf unserem Instagram-Kanal geteilt. Daraufhin hat sich Katja bei uns gemeldet. Sie lebt in Ostdeutschland und sagt: „Solche Aufmärsche sind im Osten an der Tagesordnung und der in Bautzen wurde in meiner Heimatstadt nicht mal mit einer Zeitungsmeldung kommentiert.“ Wir wollten mehr über den Rassismus in ihrem Alltag wissen und haben ein Interview mit ihr geführt.

Liebe Katja, du lebst in einer großen ostdeutschen Stadt und sagst: Naziaufmärsche wie der in Bautzen sind schon lange Alltag im Osten. Wie oft begegnet dir Rassismus und rechte Gesinnung im Alltag?

Das ist gar nicht ganz so leicht zu beantworten, denn Alltagsrassismus begegnet meinen Kindern täglich und das ist wirklich nicht übertrieben. Doofe Blicke, manchmal Kommentare, Witze in der Schule (manchmal auch von Lehrer:innen), die nicht witzig sind… das passiert irgendwie immer. Und hier ist es über die Jahre immer „normaler“geworden, dass es auf T-Shirts, auf Autos, in Tattoos rechte Sprüche und angedeutete Symbole gibt und keiner sagt was dazu.

Vor kurzem hatten wir hier eine Horde Kids, die laut grölend durch die Straße zogen und „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gebrüllt haben. Bisher gibt es hier zum Glück keine richtig großen Nazi-Aufmärsche. Aber es gibt einen Menschen, der seit Jahren JEDE Woche demonstriert und Menschen, die er als nicht deutsch einstuft, verachtende Worte hinterherruft. Manchmal sind es auch mehr Menschen, die sich dazugesellen.

Montagsdemos gab es hier noch sehr lange. Für meine Kinder ist die Innenstadt an diesen Tagen Tabu-Zone, schon seit Jahren. Meine Tochter ist schon öfters bei CSD-Demos mitgelaufen, als Support für ihre Freunde, ich habe immer Angst, dass es solche Situation wie in Bautzen gibt. Eigentlich gibt es immer Nazis, die eine Gegendemo durchführen. Ist wirklich nix Neues.

Für deine Kinder ist Rassismus Alltag, weil ihr Vater aus Nigeria stammt. Welche schlechten Erfahrungen haben sie schon gemacht?

Genau, meine Kinder sind schwarz und erleben die Welt anders als ich. Ich kann mich hier im Alltag anonym bewegen. Meine Kinder sieht hier jeder und im Ort, wo wir leben, ist es einfach herauszufinden, wo sie wohnen.

Ich finde die Frage, ob die Kids schon schlechte Erfahrungen gemacht haben, interessant. Ich würde mal behaupten, dass wirklich alle Menschen, die als nicht weiß gelesen werden, das in Deutschland schon erlebt haben, an manchen Orten mehr, an anderen nicht so krass.

Wenn ich das erzähle, dann fallen viele weiße Menschen aus allen Wolken und reagieren oft eher mit Abwehr als mit echter Betroffenheit. Auch ich konnte da in den letzten 15 Jahren viel lernen. Denn auch ich bin ja in Deutschland sozialisiert und habe blinde Flecken in Bezug auf institutionellen und gesellschaftlich verankerten Rassismus.

Manchmal war auch ich ganz schön überrascht, wenn uns Sprüche wie, „Ich sehe keine Hautfarbe, für mich sind alle Kinder gleich“ begegnen. Meine Kinder sind nun mal Schwarz und hier fällt das immer auf. So zu tun, als wäre das anders, ist ganz schön naiv.

Wir reden zuhause immer wieder über ihre Erfahrungen. Ich kann nicht verhindern, dass sie diese Erfahrungen machen, aber ich kann es mit ihnen zusammen benennen und überlegen, wie sie reagieren können und sie stärken. Denn Kids denken einfach oft, dass die Erfahrungen, die sie machen, ihre Schuld sind und müssen erst lernen, dass es nichts mit ihnen zu tun hat. Meine Kids sind mittlerweile ganz schön wortstark und setzen sich zur Wehr, aber das ist auch oft sehr anstrengend. Denn es ist ja nicht ihre Verantwortung.

Immer wieder überlegst du, wann es Zeit ist, den Osten zu verlassen. Was wäre ein Szenario, in dem du sofort die Taschen packen würdest?

An der Stelle, an der meine Kinder sagen, dass sie hier nicht mehr leben wollen/können. Und wenn die Gewalt (verbal und/oder körperlich) noch mehr zunimmt und noch weniger Menschen für eine vielfältige Gesellschaft einstehen. Aber vor allem dann, wenn die Kinder sagen, sie wollen weg. Das fragen wir sie auch immer wieder mal, vor allem, wenn es mal wieder so Situationen wie in Bauzen gibt.

Was hält dich im Osten? Was findest du schön dort?

Was mich hält sind Beziehungen zu Menschen, die wir hier kennen, sowohl privat als auch beruflich. Mein Netzwerk ist im Moment hier, das der Kinder auch. Allerdings ist das Schulende in Sicht und dann überlegen wir nochmal neu, wo wir unseren Familienmittelpunkt haben werden.

Was hier schön ist, hm, darüber habe ich schon lange nicht mehr nachgedacht, denn ich bin hier aus ganz pragmatischen, beruflichen Gründen gelandet und dachte damals: so schlimm kann’s ja gar nicht sein.  Und so schlimm, wie es meine Freunde befürchtet hatten, ist es ja auch nicht. Menschen wollen leben, lieben, Alltag gestalten, Kids großziehen etc. Das ist für alle gleich. Was mir hier gefällt ist, dass nicht alles immer so ganz perfekt ist und es noch immer viel Raum zur Veränderung gibt. Es gibt weniger Druck im Alltag, wie z.B. wann die Straße zu kehren ist oder so.

Bisher bleiben wir auch hier, weil wir hier einen Gegenpunkt setzen können, wenn auch nur im Kleinen. Wenn alle gehen, die das hier doof finden, dann lassen wir die, die sich aktiv und oft schon seit vielen Jahren für mehr Gerechtigkeit und Vielfalt einsetzen, alleine. Was ich mir wünsche sind noch mehr Menschen, die sich trauen, den Mund aufzumachen, im Alltag, auf der Straße, in der Schule, in Ämtern.

Ich bin als Mama darauf angewiesen, dass Menschen sich im Notfall für meine Kinder einsetzen, wenn ich halt nicht da sein kann. Es ist ein ständiges Abwägen, wieviel Freiheit sie im Alltag einfach brauchen als Heranwachsende und wo ich ihnen eine Tabu-Zone aussprechen muss. Meine Kids im Dunkeln in der Straßenbahn am Abend – absolutes No-go, zu riskant.

Du lebst schon lange im Osten Deutschlands und auch dein neuer Partner ist Ostdeutscher. Warum glaubst du, unterstützen so viele Ostdeutsche die Rechten?

Ich fände es mal interessant, zu erforschen, inwieweit nicht auch in anderen Teilen Deutschlands viele mit rechtem Denken liebäugeln. Aus meiner Jugend in Westdeutschland kenne ich das auch reichlich. Jeder wusste, wo „die Rechten“ leben. Nur gab es schon damals eine mutige Mitte, die rechte Aufmärsche nicht einfach hingenommen hat. Bündnisse gegen Rechts gab es ja schon vor 40 Jahren.

Hier im Osten trauen sich Menschen mehr im Alltag rechts zu sein und es gibt weniger Menschen, die laut dagegen sind. Ich glaube auch, dass es vielen Menschen hier nicht um die Unterstützung „der Rechten“ geht, sondern um ein „nicht gehört werden“ in den anderen politischen Kontexten. Da ist so viel Frust, Verletzung und Empörung drin und nicht unbedingt immer rechtes Denken. Ich glaube, viele wären wirklich entsetzt, wenn die rechten Parteien all das umsetzen würden, für das sie aktuell stehen.

Das würde ja so viele Menschengruppen betreffen, vor allem auch Frauen. Und Frauenrechte sind in der DDR viel stärker gewesen als im Westen. Sieht man unter anderem an der Kinderbetreuungsrate und an der Anzahl der Vollzeit arbeitenden Frauen.

Ich nehme also viel Frustration wahr, die aus meiner Sicht nicht immer gerechtfertigt ist. Denn so ganz allgemein, geht es uns in Deutschland gut. Aber sehr viele Menschen glauben den Medien, dass alles immer schlechter wird. Und rechte Parteien bedienen dieses Narrativ und gewinnen dadurch Stimmen.

Gehst du mit Menschen, die rechte Gesinnung haben, noch ins Gespräch? Oder hast du da aufgegeben?

Mit ausgesprochen rechter Gesinnung kann ich zumindest nicht mehr reden. Mit Menschen, die frustriert sind und über die Welt wettern, ohne gleich in einer kompletten Abwehrhaltung gegen alle, die sie als „anders“ wahrnehmen, kann ich gut reden.

Oft spüre ich, dass es Menschen darum geht, wahrgenommen zu werden. Und viele Urteile, die sie sich gebildet haben sind Vorurteile und haben keine Grundlagen aus eigener Erfahrung.  Mir liegt mehr daran, mit denen ins Gespräch zu kommen, die unsicher sind, die eigentlich was anderes wollen und oft nicht wissen, wie sie sich zur Wehr setzen sollen. Und weiße Menschen, die aus allen Wolken fallen, wenn die Kinder von Rassismuserfahrung sprechen (und uns erzählen: das gibt es bei uns nicht), sind oft sehr froh, wenn sie Wissen und Worte finden, das ihnen weiterhilft.

Was glaubst du, müsste sich für die Menschen im Osten sofort verändern, damit sie sich nicht mehr abgehängt fühlen?

Sofortige Angleichung von Löhnen und Erhöhung der Renten, nicht nur ein Angleich. Denn insgesamt bekommen Menschen hier deutlich weniger Rente, weil die Löhne so viel geringer waren für so lange Zeit. Sofortige Investitionen in marode Kindergärten und Schulen.

Wertschätzung des Geschafften, Anerkennung der Schmerzen aus der Wendezeit. Viele haben sich so überrollt gefühlt und hätten gerne Zeit gehabt zu überlegen, wie eine neue Regierungsform etc. aussehen könnte. Ich glaube, dass viele trotz aller Verbesserungen, die es heute gibt, vor allem den Zusammenhalt unter Nachbarn und Freunden vermissen. Nicht alles war schlechter und das wird oft als Argument nicht zugelassen. Das finde ich echt schade. Denn Menschen hier hatten und haben noch echte Resilienzfähigkeit.

Wenn du an die nächsten Wahlen denkst – bist du da eher optimistisch oder pessimistisch? 

Eindeutig pessimistisch. Wir haben ja jetzt schon Landkreise mit mehr als 35% AfD. Das ist eine Wahl von einer absoluten Mehrheit weg. Bis 20% hab ich immer gesagt, dass es ja 80% gibt, die was anderes gewählt haben. Aber bei 35% und mehr ist es fast schon nicht mehr kippbar. Und an die 40% der Wähler haben nicht gewählt, das finde ich auch problematisch. Ein paar mehr Prozent Menschen, die wählen, würden einen Unterschied machen.

Ich gehe davon aus, dass es ab den kommenden Wahlen für mindestens eine Wahlperiode viele Städte und Kreise mit AfD-Mehrheit geben wird. Das macht mir Angst. Denn dann werden die rechten Stimmen im Alltag noch „normaler“ und es werden sich noch mehr Menschen das Recht rausnehmen, auf offener Straße Menschen anzugreifen. Das ist das, wovor sich meine Kinder am meisten fürchten: dass im Alltag was passiert UND dass andere nichts sagen.

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24 comments

  1. Hallo nochmals!

    Ich finde es super schade: Da wendet sich Jemand mit einer sehr wichtigen und erschreckenden Sache an die Leser und schon öffnen sich kleine ‚Schreibkämpfe‘, bei denen es vorrangig nicht mehr um das eigentliche Thema geht… Ich würde mich als Textverfasserin nicht gut dabei fühlen und mich fragen, ob ich in Zukunft überhaupt noch über so ein sensibles Thema schreiben würde.
    Jeder kann seine Meinung mitteilen und die sollte, solange sie sich im Bereich des Rechts befindet, erst einmal akzeptiert werden! Zusätzlich wünsche ich mir Sensibilität gegenüber denjenigen, die ihre Geschichten hier teilen…
    liebe Grüße!

    1. Hallo Andrea,
      ich weiß nicht, auf welche Beiträge Du Dich beziehst.
      Aber wenn jemand durch Schwarzweissmalerei populistisches Framing betreibt; die AFD mit den andren Parteien gleichsetzt, dann sehe ich das kritisch. Gerade in Bezug auf den Ausgangsartikel. Natürlich ist das rechtens, sich so zu äußern, aber die AFD ist ja nunmal leider auch eine legale und demokratisch legitimierte Partei. Darf man deren Haltungen dann auch nicht kritisieren?

      1. ich komme auch aus dem Westen. Rassismus und rechtes Denken beschränkt sich definitiv nicht auf den Osten. wie die Interviewte berichtet, weiß man, wo das rechtsextreme Gesocks wohnt.
        Jetzt am Rande zu Thüringen finde ich auch, dass man dem ehemaligen Osten unrecht tut. Ich kenne viel mehr politisch engagierte Menschen, die in Thüringen wohnen. Da sind die Wessis sehr viel bürgerlicher /spießiger /traditioneller /konservativer.
        Ja, es gibt lauteren Rassismus und Treffen der Rechten, aber das gab es in gewissen Dörfern wo ich herkomme auch. Und zwar nicht zu knapp.
        Es ist aktuell ein riesen Problem, dass wir uns in Deutschland nie wirklich mit dem deutschen Reich und unserem Erbe davon beschäftigt haben. Der Schulstoff reicht nicht aus. Es war nicht die Minderheit, es war die Mehrheit. Ein stabiles System, das mit Überzeigung gelebt wurde. Es ist ein Witz wie immernoch viele Denken, dass es viele ja nicht geahnt haben. Oder wieviele daran glauben, dass die eigene Familie nicht mitgespielt hat. Über mein Opa wurde gesagt „der war kein Nazi, er hat ja mit Juden gehandelt“ Und nach dem Krieg war er kurzzeitig Bürgermeister. Inzwischen weiß ich, dass mit solcherlei Sprüchen die Weste rein gewaschen wurde. Und welch rassistischen Sprüche die Großeltern meines Mannes (sonst sehr liebe Leute) vom Stapel lassen. Das tut wirklich weh. Und ich denke es ist ihnen nicht bewusst. Sie spenden so viel Geld in Entwicklungsländer. Wirklich schwierig.
        Es sind Menschen, die wir gern haben. Eine Verstrickung, die gar nicht so einfach auszumerzen ist.
        LG

  2. Um mal ein paar Dinge klarzustellen, für alle die mich missverstehen.

    1) Die gesamte Familie meines Mannes ist in Dresden aufgewachsen und lebt noch dort, sie bezeichnen sich alle selbst als Ossis. Schwägerin, Schwiegereltern, Großeltern. Meine gesamte Familie kommt aus NRW und macht die Unterscheidung Ost und West in der Regel nicht.

    2) Ich bete meinen Kindern nichts vor und sie wählen auch nicht die AfD. Sie sind 1 und 3 Jahre alt, du meine Güte. Trotzdem sieht man im Umfeld die Unzufriedenheit der Jugendlichen.

    3) Ich bin anti AfD, aber die anderen großen Parteien überzeugen mich ebenso wenig. Siehe die neue Elterngeldreform, um mal nur ein Beispiel zu nennen.

    4) Kommt mal alle wieder runter.

    1. Kommt alle mal wieder runter. Soso.
      Die anderen Parteien überzeugen dich ebeno wenig wie die AFD? Du machst da keinen Unterschied? Wenn Du liest und meinst, was Du schreibst…..könnte es vielleicht etwas damit zu tun haben, dass Du Gegenwind bekommst? Möglich? Kinder von 1 und 3 Jahren, frühentwickelte Protestwähler anscheinend. Und in den Schulen scheinst Du Dich ja auch exzellent auszukennen. Sorry, für mich klingt das nach Meinungsmache.

      1. Boah, du bist echt ein Internettroll, was? Noch mal in ganz einfacher Sprache zum Mitschreiben. Ich würde niemals die AfD wählen und ich unterstütze ihr Programm in keinster Weise. Weder bin ich rechts noch gefällt mir ihr Frauenbild noch sonst was. Was ich gesagt habe ist, dass es in meinem näheren Umfeld Jugendliche gibt, die aus Protest gegen die aktuelle Regierung die AfD wählen. Hab ich gesagt, dass ich das gut finde? Nein. Hab ich gesagt, dass sei eine gute Form des Protests? Eine zielführende? Nein. Hab ich gesagt, dass wir oder deren Eltern ihnen suggerieren so zu handeln? Nein. Hab ich Verständnis dafür, dass sie unzufrieden sind im Hinblick auf marode Schulgebäude, Lehrermangel, Klimawandel, Inflation etc.? JA!
        Nicht so schwer zu ver, oder? smh

        1. Hallo Maya, nein, ich bin kein Internettroll. Und hättest du das gleich so formuliert und nicht wiederholt in populistisch „vereinfachter“ Sprache, dann hätte ich da auch nicht so drauf reagiert. Manchmal lohnt es sich, sich genau auszudrücken 🙂

  3. Rassismus gibt es leider im ganzen Land, in jeder Bevölkerungsschicht. Es ist immer erschreckend und absolut nicht richtig.
    Was mich am Artikel sehr stört ist, dass hier nach 35 Jahren immer noch in Ost und West gedacht wird. Die meisten von uns kennen die BRD und DDR doch kaum noch oder gar nicht. Warum ist das immer noch ein Thema? Sehr schade..
    Ich bin übrigens in der DDR geboren und in einem vereinten Deutschland groß geworden und lebe jetzt in Schleswig-Holstein.

  4. Liebe Maya,

    es mag ja sein,dass das für Dresden so gilt,aber ganz sicher nicht für alle Gebiete in den neuen Bundesländern.
    Wir wohnen an der Ostsee in einer größeren Stadt und wenn ich die Mieten mit vergleichbaren Städten in den alten Bundesländern vergleiche,dann ist es so,dass wir hier oben mehr bezahlen und eher mein Gehalt an das meiner Kollegen im „Westen“ angepasst werden sollte,statt der Mieten.
    Also so pauschal kann man das ganz sicher nicht sagen.

  5. Oh Mensch, wird jetzt hier wirklich die Diskussion Ost- West aufgemacht? Der böse Osten und der gute Westen? Und das von Menschen, die alle samt im Westen sozialisiert sind? Wollt ihr Euch echt anmaßen das Leben der Menschen im Osten zu bewerten. Wer von den Menschen im Westen hat sie den Osten denn mal angesehen? Ich meine mehr als die Landeshauptstädte der neuen Bundesländer? Wer kann ein Leben in Sachsen/ Thüringen/ Sachsen- Anhalt/ Brandenburg oder dem Ostteil Berlins nachvollziehen, wenn er höchstens mal auf Stipvisite da war? Wer hat die Wendezeit miterlebt? Ganze Biografien im Umbruch erlebt? Wer hat als Kind seine Eltern so verwirrt und teilweise auch orientierungslos gesehen? Die Menschen hier prägt soviel mehr als der niedrigere Lohn oder die günstigeren Mieten. Der Osten ist soviel mehr als braune Aufmärsche, die ich im übrigen sehr bedrohlich und verabscheuenswert empfinde. Doch ich lebe in einer der politischsten Städte im Osten und kann Euch nur sagen, dass die Kennzeichen der Autos, die für diese Aufmärsche anreisen, nicht nur ostdeutsche sind… die parken dann nämlich den öffentlichen Raum hier zu und marschieren durch unsere Wohngegenden und machen an solchen Tagen das normale Leben fast unmöglich! Die Linken übrigens auch, die äußerst gewaltbereit mit Steinen werfen, gezielt die Polizei verletzen und öffentliches Eigentum zerstören! Jeder politische Extremismus ist unangebracht und Gewalt ist einfach nur sinnlos und verabscheuenswert! Und schlimm ist, dass es einen extremen Tourismus gibt, der zu solchen Anlässen wie dem CSD leider Hochkonjunktur hat! Es scheint Gruppen zu geben, die deutschlandweit zu solchen Anlässen fahren um Gewalt auszuüben!

  6. Hallo Maya,

    Die Aussage „die Lebenserhaltungskosten im Osten sind niedriger“ stößt mir etwas sauer auf. Das ist stark vereinfacht, sehr pauschal und hängt vom Ort ab. Ich komme ursprünglich aus dem „Osten“, wohne aber seit zwanzig Jahren im Westen. Die komplette Familie ist im „Osten“.
    Meine Feststellungen: der Joghurt und die Milch im Supermarkt kosten genauso viel im Osten wie im Westen, Dienstleistungen (Friseur, Kinderbetreuung, Handwerk, auch teilweise Gastro) sind im Osten günstiger, unter anderem auf Grund niedriger Löhne. Energie (Strom, Gas) kosten mehr als im Westen (mein Schwager hat dreimal so hohe Erdgas Kosten und auch teureren Strom als wir). Wohnen ist ähnlich wie im Westen: um so weiter vom Schuss, um so teurer. Wir hatten ne Weile überlegt, wieder zurück zu gehen. In der „Metropole“ Schwerin hätten wir genauso viel für Eigentum gezahlt wir es jetzt hier in einer mittelgroßen 170.000 Einwohner Stadt in Nordwesten Deutschlands tun. Rostock hätten wir uns nicht leisten können.

    Viele Grüße
    Stiefelkind

  7. Danke für Deine Darstellung Eurer Lebenswelt… Es hat mich traurig gemacht, dass Ihr im Alltag noch so stark mit Rassismus konfrontiert seid! Ich wünsche Dir weiterhin so viel Mut und Kraft…

    Ich glaube allerdings, dass es immer schon einen kleinen Prozentsatz an Menschen gegeben hat, die wirklich ausländerfeindlich waren und es nun schlimmerweise lauter nach Außen ‚posaunen’… Ein anderer Teil fühlt sich von den etablierten Parteien im Stich gelassen. Für die Menschen müssen die Parteien Angebote machen und wieder näher am Alltag der Menschen sein, anstatt sie weiter zu stigmatisieren und sie ’nach rechts außen‘ zu treiben…

  8. Die Familie meines Mannes wohnt in Dresden, daher kann ich Vieles nachvollziehen, was die Autorin schreibt.
    Aber eins ist mir dann doch sauer aufgestoßen: sie fordert einen Angleich des Lohns. Tja, dann müssten aber auch die Mietpreise entsprechend nach oben angepasst werden und generell die Lebenshaltungskosten. Die sind nämlich auch alle niedriger als im Westen. Meine Schwägerin hat eine zeitlang „Westgehalt“ bekommen und gleichzeitig in Dresden gelebt. Sie sagte, sie hätten in dieser Zeit gelebt wie die Könige.

  9. Danke für den reflektierten Blick auf die aktuelle Situation. Ich frage mich auch immer, wie es mit unserer Vorgeschichte in wirklich nicht ferner Vergangenheit passieren kann, dass die Rechten in einigen Teilen Deutschlands wieder so erstarken.
    Selbst bei uns im äußersten Westen von Deutschland gilt es scheinbar als Trend. Bei der Schülerwahl an der Schule unserer Kids vor den Sommerferien fand es ein großer Teil der Schüler scheinbar „cool“, rechts zu wählen. Interessant fand ich, dass in der Klasse unserer Tochter besonders zwei Kinder mit Migrationshintergrund der Eltern (die Kinder sind in Deutschland geboren) offen ihre „rechte“ Einstellung hinausposaunten und andere Mitschüler versuchten zu überreden, auch rechts zu wählen.

    1. Die Kinder finden es nicht „cool“ rechts zu wählen. Das ist ihre Art gegen die aktuellen Zustände zu rebellieren. Es ist ein Aufschrei, der auch wahrgenommen wird. Sie denken nicht wirklich daran, was es für alle für Konsequenzen hätte, wenn die AfD tatsächlich an die Macht kommt.
      Aber die ganzen anderen Parteien, die von „alten weißen Männern“ geführt werden, sind für sie unwählbar geworden, weil keine Rücksicht auf die Jugend oder generell auf Familien nehmen.

        1. Eben.
          Obendrein ist diese Art gegen die aktuellen Zustände zu rebellieren ungefähr so, als würde man den Gastwirt anpflaumen, dass sein Bier nicht schmeckt und man deshalb jetzt konsequent aus seinem Klo trinken werde.

      1. @Maya: Entschuldigung, das würde ich doch gerne etwas genauer wissen.
        Unter welchen „aktellen Zuständen“ leidet denn das einzelne Kind reflektiert in der Form, dass es zum Protestwähler wird?
        Auch „weil (die Politiker)keine Rücksicht auf die Jugend oder generell auf Familien nehmen“ finde ich, bei allem Verbesserungsbedarf viel zu plakativ ud schwarzweiß malend.
        Ein ganz klein bißchen Bewusstsein für Kindergeld, Schule (weitestgehend umsonst, etc) dürfte schon auch sein.
        Genau von solchen absoluten Negativaussagen zehren die Rechten doch, in dem sie vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Probleme und unterkomplexe Denkmuster proklamieren, die sie freilich nicht haben.

        1. @die andere S: Haha, ja, die Schulen sind kostenlos (weitesgehend), aber hast du dir die Zustände an den meisten Schulen mal angesehen? Marode Gebäude, katastrophaler Fachkräftemangel, veraltete Methoden und Unterricht, der nach wie vor nicht auf das Leben nach der Schzle vorbereitet. Schule ist kostenfrei, ja, aber neues Geld wird auch keins in die Bildung gesteckt. Den Fachkräftemangel merkt man auch eklatant in den Kundergärten, wo von September bis April mehr Notbetreuung als regulärer Betrieb stattfindet.
          Kinder sind nicht blöd, die merken das.

          1. @Maya: schon wieder so eine absolute Verallgemeinerung.
            Mich hat die Schule auf’s Leben vorbereitet. Dich (anscheinend) nicht?

      2. Parteien, die Hass und Ausgrenzung verbreiten, versuchen natürlich auch Migranten aus verschiedenen Herkunftsländern gegeneinander aufzuhetzen bzw. für das eigene Schicksal verantwortlich. Gerade bei den Jugendlichen klappt das in einem erschreckenden Maße (s.TikTok).

        Ich denke auch nicht, dass es bei einem Großteil aller Jugendlichen (Kinder dürfen zum Glück noch nicht wählen) Rebellion ist, da gibt es deutlich passendere Wege. Eher Unzufriedenheit und Neid spielen meiner Erfahrung nach die größere Rolle.

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