Bauexperte: Das sind die größten Fehler beim Hausbau

Hausbau

Foto: Steffen Roth

Ihr Lieben, immer wieder hört man von Familien, die sich beim Hausbau völlig übernommen haben. Weil sie sich vielleicht nicht ausreichend informiert hatten, die Kosten zu knapp kalkuliert hatten oder weil sie schlicht an ein schlechtes Bauunternehmen geraten sind. Tobias Beuler ist Bausachverständiger und Gründer der Architekturplattform a better place und dem Bauherrenforum auf Facebook. Er kennt sich also bestens aus und hat uns wichtige Fragen zum Thema Hausbau beantwortet.

Lieber Herr Beuler, Sie sind Bauexperte. Was sind Ihrer Meinung nach die drei größten Fehler die Bauherren beim Hausbau machen?

Die 3 größten Fehler sind leicht zu benennen, da diese immer wieder auftauchen und auf den
Tischen meines Teams landen. Und wir dann nichts mehr machen können, weil es zu spät ist.

Der erste große Fehler ist, dass Bauherren keine Verantwortung für ihr Bauvorhaben übernehmen
möchten. Zu süß ist die Verlockung, bei so einem großen Projekt Abkürzungen zu nehmen und sich
viel Arbeit zu sparen. Zukünftige Bauherren vertrauen auf die starke Hausbaumarke, die smarten
Verkäufer oder glauben, ein regionaler Anbieter bedeutet stressfreies Bauen. Das Gegenteil ist aber
der Fall. Jede dieser schnellen Entscheidungen, um am Anfang Stress zu sparen, bedeutet später im
Bauprozess, wenn noch Zeitdruck hinzukommt, doppelter Stress.

Man muss sich das wie bei Tetris vorstellen. Wenn man nicht von Anfang an alles richtig macht, kommt man später nicht mehr hinterher, wenn die Bausteine immer schneller auf einen zufliegen und verliert das Spiel. Was eigentlich bei der Größe der Investition keine Option sein darf. Die Lösung: Vorab gut informieren und nicht gleich irgendwo ein Haus kaufen, ohne sich gut vorbereitet zu haben. Worauf es alles ankommt, erfährt man zum Beispiel auf dem Architektenportal a better place und auch auf youtube, wo Hausbau- und Fertighausexperten kostenlos ihr Wissen teilen.

Und welche Fehler werden noch häufig gemacht?

Ein weiterer Punkt ist, ein Haus bei einer Firma zu kaufen, ohne schon ein Grundstück zu besitzen, welches bebaut werden darf. Klingt verrückt, das zu tun. Aber passiert viel öfter, als man denkt. Dann haben Bauherren ein Haus gekauft, suchen sich dann erst das Grundstück und stellen auf einmal fest: Das gekaufte Haus passt nicht ins Baufenster. Da man aber schon einen rechtsgültigen Vertrag unterschrieben hat, ist man bei einem Rücktritt schadensersatzpflichtig und zahlt laut BGB 5% – 10% der Bausumme an die Baufirma. Mache Baufirmen haben daraus sogar ein Geschäftsmodell entwickelt; leider. 

Der dritte Fehler ist der Verzicht auf Spezialisten und Experten an den richtigen Stellen. Hier wollen Bauherren die oben beschriebene Abkürzung nehmen und glauben zum Beispiel, die Planung bei der Baufirma wäre gratis und sie schlagen so zwei Fliegen mit einer Klappe. Ein fataler Fehler. Bauherren, die so vorgehen, zahlen aber viel zu viel für ihr Haus. Denn: Wenn jemand ein Haus plant, entstehen Kosten. Unweigerlich (außer es wird nur so getan, als wenn geplant würde).

Da muss man sich als Bauherr die Frage stellen: Wenn die Hausbaufirma kostenlos plant, aber sich nicht 100% aller Interessenten für diese Firma entscheiden, wer übernimmt denn dann die Kosten für die Planungen? Richtig: Der Bauherr, der mit dieser Firma dann doch baut. Die Baufirma versteckt diese Kosten in der Kalkulation über die Gemeinkosten im Hausgrundpreis eines jeden gebauten Hauses. Das bedeutet: Bauherren, die mit solchen Firmen bauen, haben, ohne dass sie es merken, ein ganz schlechtes Preis-Leistungsverhältnis für ihr „Produkt“ erhalten. 

Bei vielen Bauherren sind die geplanten Kosten während des Baus explodiert. Wo bemerken Sie die größten Preissteigerungen?

Bei fast jedem Bauvorhaben kommt es zu Mehrkosten, weil viele Bauherren einfach zu optimistisch an die Sache rangehen und der Puffer viel zu klein geplant wurde. Die großen Preissteigerungen sind Gott sei Dank vorbei und teilweise sind einige Preise für Materialien, Stand Mitte 2024, sogar wieder rückläufig. 

Wieviel finanziellen Puffer würden Sie denn immer einplanen, falls etwas Unvorhergesehenes passiert? 

Das hängt davon ab, wo man als Bauherr gerade steht. Wäre man noch ganz am Anfang und kommt jetzt erst auf die Idee, ein Haus zu bauen, rechnen sie mal mit 30% mehr. Wer also glaubt, er sollte bald mal bauen und glaubt er bekommt das für 400.000 Euro hin, sollte schon mal von 500.000 Euro bis 550.000 Euro ausgehen. Ist man schon einen Schritt weiter und hat ein Grundstück und vielleicht schon eine erste Planung von einem Architekten, oder sogar schon 2-3 verschiedene Angebote von Hausbaufirmen, sollten 10% Puffer ausreichen. 

Welchen Tipp würden Sie Menschen geben, die gerade überlegen, ob sie bauen sollen? 

Man sollte immer erst zu einem Architekten gehen und sich sein Traumhaus planen lassen. Und danach geht man erst zu den Baufirmen und holt sich bis zu 3 Angebote ein. Damit geht man zu Experten, die einem helfen, diese Angebote zu analysieren und das beste Preis-Leistungsverhältnis zu finden. Außerdem sollte man auch Spezialisten den später bei der Hausbaufirma zu unterschreibenden Vertrag prüfen lassen. Für mich steht und fällt das Projekt mit einem fair ausverhandelten Vertrag.

Wenn Bauen so viel Stress und Risiko ist – warum träumen immer noch so viele Menschen vom Haus-Bauen?

Eine Umfrage unter meinen Followern hat gezeigt: Fast alle streben nach Sicherheit, Freiheit und Unabhängigkeit. Ich spreche hier von der emotionalen Rendite, die gigantisch ist. In der Mietwohnung gilt doch: Man darf die Wand in jeder Farbe streichen, solange sie weiß ist. Im eigenen Haus ist das nicht so. Und man kann Musik hören, so laut man will. Und das Allerschönste ist: Man zahlt nicht dem Vermieter seine Wohnung ab, sondern sein eigenes Haus. 

Aus Ihrer Erfahrung als Bauexperte: Gab es mal einen Bau, der Sie – in welcher Weise auch immer – besonders berührt hat?

Ja, den gab es. Bauherren hatten sich für die falsche Firma entschieden, die zwar vorne im Vertrieb sehr gutes Marketing macht und Vertrauen aufbaut, wo aber die Baustellen ganz schlecht laufen. Das Haus wurde so schief gebaut, nicht eine Wand hat gepasst. Es war wirklich alles schief, nichts im Winkel und nichts im Lot. Die Bauherren hatten uns aber Gott sei Dank als Bausachverständige gebucht. Das Ende vom Lied: Der ganze Rohbau wurde zurückgebaut und wieder neu erstellt. Die Bauherren konnten so zwar nur mit Verzögerung einziehen, waren aber froh, ein ordentliches Haus zu haben. 

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3 comments

  1. Der Punkt Verantwortung übernehmen für das eigene Bauprojekt ist wirklich wichtig und gilt auch bei Umbauten oder Kernsanierung eines bestehenden Hauses, bei denen man normalerweise keinen Architekten einbezieht. Umso wichtiger ist es aber, als Bauleitung immer präsent zu sein, die Ausführung der Arbeiten in jedem (!) Schritt zu kontrollieren und ggf die Abnahme zu verweigern. Das ist nichts für harmoniebedürftige Menschen, aber jede Nachlässigkeit rächt sich tausendmal und schließlich bezahlt der Bauherr viel Geld für das Haus in dem er später jahrzehntelang leben möchte. Diese Erfahrung muss ggf erst einmal gemacht werden. Nicht umsonst sagt man ja „Das erste Haus baut man für seine Feinde, das zweite für seine Freunde und das dritte für sich selbst“.

  2. Ein guter Architekt hat von Anfang an Kosten, Termine etc. im Blick, hat gute Kontakte zu zuverlässigen Firmen und kennt sich im Baurecht ausreichend aus. Das Architektenhonorar ist meiner Ansicht nach das am besten investierte Geld beim Hausbau, denn wenn man sich auf seinen Architekten verlassen kann, dann passieren keine oder weniger Fehler und die Probleme mit den ausführenden Firmen werden erkannt bevor alle Wände schief gebaut sind – dafür gibt es die Bauleitung, die der Architekt mit abdeckt.

  3. Natürlich kann ich mir eine Planung vom Architekten erstellen lassen. Nur bemerken die meisten erst nach Angebotseinholung, dass ihr geplantes Traumhaus nicht finanzierbar ist, dann ist aber das Architektenhonorar trotzdem fällig. Und zu einer vernünftigen Planung gehört auch eine vorherige Baugrunduntersuchung, auch diese ist nicht kostenlos. Die Ausführungen sind etwas einseitig, aber auch der Architekt will Geld verdienen.

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