Kurz vor den Sommerferien: Bei Schülern und Lehrern ist die Luft raus

Sommerferien

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Ihr Lieben, die Sommerferien haben gerade begonnen oder stehen kurz vor der Tür. Immer wieder hören wir von Lehrer*innen, dass diese Wochen nun besonders anstrengend sind, weil einfach alle ferienreif sind. Das wollten wir mal etwas genauer wissen und haben deshalb mit unserer Leserin Bettina gesprochen, die Grundschullehrerin ist.

Liebe Bettina, du bist Grundschullehrerin in Schleswig-Holstein. Seit wann bist du Lehrerin und welche Klassen unterrichtest du?

Ich bin seit 20 Jahren Lehrerin, unterrichte aktuell eine 1. Klasse als Klassenlehrerin und eine 2. in Mathe. Ich unterrichte 15 von 28 Stunden, ich musste meine Arbeitszeit aus gesundheitlichen Gründen reduzieren. 

Nun stehen die Sommerferien vor der Tür. Wie ferienreif sind deine Schüler, deine Kolleg*innen und du selbst?

Wir haben noch gute 3 Wochen bis zu den Ferien, und mittlerweile ist die Luft etwas raus. Viele Extraaufgaben (Buchbestellung, Sportfest, Zeugnisse schreiben, Konferenzen) ermüden uns KollegInnen und den Kindern merkt man auch an, dass sie erschöpft sind. Sie lassen sich nicht mehr so leicht motivieren, Konflikte werden mehr, weil einige sehr dünnhäutig sind und viele Kinder sind sehr müde, was vermutlich auch ein bisschen an der Fußball-EM liegt 😉

Aus Elternsicht sehen die letzten Wochen ein bisschen so aus: Film schauen, Wandertag, Klassen-Frühstück, Schulfest, Sportfest…. Ist die Luft einfach raus oder sind diese gemeinsamen Aktivitäten  eben auch wichtig?

Noch mache ich normalen Unterricht, weil diese täglichen Strukturen den Kindern gut tun. Wir merken, dass es unruhiger wird, je mehr Extra-Aktivitäten stattfinden, weil manche Kinder nicht gut zurückfinden ins „Arbeiten“. In der letzten Schulwoche machen wir dann schöne Dinge wie einen Spielplatzbesuch und Eis essen gehen. Das stärkt die sozialen Strukturen der Klasse und ich finde, im Grundschulbereich darf man sich diese Sachen auch gönnen, die Kinder haben es sich verdient. 

Versuch uns mal zu beschreiben, was so anstrengend an den letzten Wochen vor den Ferien ist.

Zum einen sind die letzten Ferien schon lange her und man hat einfach nicht mehr die Energie wie direkt nach den Ferien. Es muss viel organisiert werden, z.B. Buchbestellungen, Materiallisten. Zeugnisse müssen geschrieben werden, es finden Konferenzen statt und bei uns in der Schule zieht jede Klasse zum neuen Schuljahr in einen neuen Klassenraum. Da muss also alles ausgeräumt und verpackt werden. Die Kinder werden auch anstrengender, wir haben viel mehr mit Konflikten zu tun, weil den Kids eben auch die Kraft ausgeht. Gerade vor den Sommerferien schlafen viele Kinder später, weil es lange hell ist und sind dementsprechend müde. 

„Na, du hast doch bald 6 Wochen Ferien“ – wie sehr nervt dich dieser Spruch?

Mich nervt der Spruch nicht, bei mir persönlich stimmt er und die Sommerferien sind für mich die schönste Zeit des Jahres. Ich denke 5,5 Wochen nicht an Schule und mache wirklich Ferien. Am letzten Ferientag haben wir eine Dienstversammlung, wo wir unsere Stundenpläne bekommen und dann plane ich meinen Unterricht. Ich weiß aber, dass es bei vielen LehrerInnen anders ist. Ich gönne mir ganz bewusst diese Freiheit, nichts zu tun. Bei 20 Jahren Berufserfahrung fällt es mir auch nicht schwer, die Planung fürs kommende Schuljahr in überschaubarer Zeit zu erledigen.

Wie fühlen sich die ersten Tage in den Ferien für dich an?

Die Umstellung nach 6 Wochen Faul-sein fällt mir immer etwas schwer. Auch wenn ich gut vorbereitet bin, kommen in den ersten Tagen häufig ungeplante Herausforderungen, die man dann noch zusätzlich schnell erledigen muss, das überrollt einen dann immer ein bisschen.

Was wünscht du deinen Schüler*innen für die Ferien?

Meine Erst- und dann bald Zweitklässler sollen die Ferien genießen. Ich wünsche mir, dass ich ihnen als Deutschlehrerin so viel Freude am Lesen vermittelt habe, dass sie in den Ferien gerne und freiwillig ein Buch in die Hand nehmen und das Lesen nicht wieder vergessen. Es soll sich aber nicht wie Lernen oder Arbeiten anfühlen.

Fühlst du dich eigentlich als Lehrerin von den Eltern und der Gesellschaft genug gewertschätzt?

Von den meisten Eltern, mit denen ich Kontakt habe, fühle ich mich wertgeschätzt und bekomme hin und wieder sehr nette Rückmeldungen. Das freut mich immer sehr. Wenn irgendwo Lehrer-Bashing stattfindet (Social Media, andere Medien), ist mir das eigentlich egal. Ich glaube, dass die meisten Menschen in anderen Berufen, die zB. 9to5 im Büro sitzen und sich lustig machen, dass Lehrer schon mittags frei haben, nach einer Schulstunde mit 26 ErstklässlerInnen direkt abhauen würden und unseren Arbeitsalltag mit anderen Augen sehen würden…

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5 comments

  1. Ich bin Mutter einer bald Zweitklässlerin und auch ich habe im letzten Jahr gemerkt das sie öfters einfach erschöpft ist und Pausen braucht, nur für sich sein möchte, vorallem wenn die Ferien bevorstehen. Das heißt nicht das sie psychisch belastet ist sondern das der Schulalltag ein anderer ist als ein Tag im Kindergarten. In der Kindergartenzeit hatte sie auch zwischendurch mal ein Tag frei oder konnte auch mal später los Frühs. Sie werden anders gefordert und dann darf die Luft auch mal raus sein, auch bei Grundschulkindern.

  2. Hallo, ich bin Mama eines 4. und einen 8. Klässers. Und ja, ich finde, die Kinder sind erschöpft. Nicht erschöpft in dem Sinne, dass sie gar nichts mehr tun können/möchten. Aber es ist jetzt einfach Zeit für eine Pause. Die letzten Wochen vor den Zeugniskonferenzen sind immer anstrengend in der Schule, die letzten Ferien liegen eine Weile zurück. Oft türmen sich die Termine zum Ende eines Schuljahres in Schule und Verein. Überall finden Feiern, Auftritte, Wettkämpfe statt. Auch wenn all diese Veranstaltungen für sich genommen schön sind, sind wir hier froh, wenn in zwei Wochen wieder Zeit zum Luft holen ist.

  3. Ich denke, dass „erschöpft“ vielleicht einfach nicht das treffende Wort ist, da damit eine psychische Belastung assoziiert ist. Ich merke auch bei meinen Kita Kindern vor den Ferien, dass sie einfach Lust haben auf Tage, die nicht so durchgetaktet sind wie im Alltag und das nicht nur zweimal hintereinander am Wochenende sondern für länger. Nicht gleich aufstehen müssen und sich fertig machen sondern im Schlafanzug nach Herzenslust spielen und mehr Eltern-Kind Zeit genießen können. Und das ist meiner Meinung nach auch Schulkindern jetzt kurz vor den Ferien anzumerken, kann ich aus meiner Erfahrung als Lehrerin sagen.

  4. Ich fand die Aussage auch eher merkwürdig. Ich bin Grunschullehrerin und habe einen 2.Klässler zuhause. Die Kinder in meiner Klasse und mein Sohn sind nicht erschöpft! Und ich fände es auch schrecklich bzw. Würde da was gehörig schief laufen, wenn es so wäre.
    Die freuen sich auf die Ferien- nicht mehr und nicht weniger!

  5. Puh, ich bin an der Aussage hängen geblieben, dass die Kinder drei Wochen vor den Sommerferien „erschöpft“ seien. Das finde ich richtig heftig. Wir reden hier von Grundschulkindern. Was läuft da schief, dass schon Grundschulkinder vom ganz normalen Alltag erschöpft sind?

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