Mobbing in der Schule: Mein Kind wurde geschlagen, getreten, geschubst

Mobbing

Foto: Pixabay

Ihr Lieben, das Thema Mobbing ist und bleibt unglaublich wichtig. Denn: Nach Daten der OECD, die im Rahmen der PISA-Studie 2022 erhoben wurden, sind in Deutschland knapp sieben Prozent aller 15-jährigen Schülerinnen und Schüler sehr häufigem Mobbing ausgesetzt. Zwölf Prozent werden mindestens mehrmals im Monat durch Mitschülerinnen und Mitschüler gemobbt.

Die Tochter unserer Leserin Linda hat das auch erlebt, hier erzählt sie uns davon.

Liebe Linda, Deine Tochter hat in der Schule Mobbing erfahren. Wann gab es die ersten Vorfälle und wie genau sahen die aus?

Jule war in der 4. Klasse. Die Vorfälle begannen schleichend. Ein Mädchen in der Klasse hatte meist nichts zu essen dabei und fragte Jule immer wieder, ob sie was von ihr haben könne. Wir haben Jule dann oft mehr mitgegeben, damit sie dem Mädchen richtig was abgeben kann. Das Mädchen hat immer mehr gefordert, sodass wir teilweise zwei Brotboxen gerichtet haben.

Irgendwann meinte Jule, sie will nichts mehr für T. mitnehmen, denn die wäre so gemein zu ihr. Das machte uns stutzig. Jule erzählte zunächst nur vom Schubsen, dann hat T. schlecht über sie geredet, hat sich in Freundschaften gedrängt, Jule schlecht gemacht, z.B. was den Körper betrifft. T. hat dann beim Sport in der Umkleidekabine Sachen versteckt oder Stifte aus dem Mäppchen entwendet. Am Schluss gab es Tritte, Schläge und massives Schubsen.

Hast du die Tritte und Schläge sofort mitbekommen?

Nicht sofort, aber irgendwann glaubten wir ihr nicht mehr, als sie sagte, sie sei vom Stuhl gefallen oder gestolpert. Da waren blaue Flecken und das beunruhigte uns sehr. Dazu kam, dass sie nachmittags gar nicht mehr verabredet war und keine Freunde mehr traf.

Kurz darauf berichtete mir eine Mutter, dass ihre Tochter zu Hause erzählte, wie sehr Jule geärgert wird, aber dass sich keiner traut, sich mit T. anzulegen. Weil alle Angst vor T. hatten.

Was habt ihr Eltern dann unternommen? 

Wir waren geschockt, mein Mann und ich hatten in unserer Kindheit Mobbing erlebt, auf Grund der Berufe unserer Eltern. Das wollten wir auf keinen Fall für unsere Tochter. Wir haben uns per Mail an die Klassenlehrerin gewandt. Diese war dafür aber nicht zuständig, mochte jedoch Jule sehr und suchte mit ihr das Gespräch. Sie entschieden sich, den Sozialpädagogen der Schule zu informieren und ein Gesprächstermin wurde vereinbart. T. bekam die Anweisung, Jule bis zu diesem Termin aus dem Weg zu gehen.

Bis der Termin stattfand, vergingen aber sicher zwei Monate, weil es schwerer Fälle an der Schule gäbe, die Vorrang hätten, hieß es. Jule hatte mittlerweile Schlafstörungen und massive Albträume und blieb tageweise zu Hause. Wir haben uns immer wieder an die Lehrerin gewandt, die die Problematik bei diesem Mädchen kannte, aber nichts machen konnte…

Heißt, Jule bekam gar keine Unterstützung seitens der Schule oder von anderen Kindern?

Zwei Freundinnen haben dann angefangen, Jule in den Pausen zu beschützen. Von Seiten der Schule gab es wohl ein Gespräch mit T. Dort hat sie geweint, weil mit Schulverweis gedroht wurde. Sie hat sich entschuldigt, aber die Sticheleien und das Wegnehmen von Sachen gingen weiter. Die körperlichen Übergriffe hörten – bis auf das Schubsen – auf.

Wie ging es dann weiter?

Wir Eltern waren sehr enttäuscht von dem Verhalten der Schule. Die Lehrerin hat sich eher zurückgezogen, wir waren sonst immer in sehr gutem Kontakt. Wir konnten Jule also nur bestärken, ihr Mut machen.

An der Abschlussfeier der 4. Klasse hat sich T. provokant beim Foto zu Jule gestellt, das war schrecklich für uns alle. T. kam auf eine andere weiterführende Schule, von dieser Schule ist sie nun wegen Mobbings geflogen und… nach den Sommerferien kommt sie zu Jule in die Schule! Das hat schon große Panik ausgelöst.

Was hat das alles mit deinem Kind gemacht? Wie hat es sich verändert?

Freundschaften schließen und sich jemandem anvertrauen fällt Jule schwerer. Sie ist nachdenklicher und nicht mehr unbeschwert. Mittlerweile ist sie in der 6. Klasse.

Es gab nun neulich ein paar ältere Mädchen, die angefangen haben, Jule und ihre Freundin zu ärgern. Jule hat es uns sofort erzählt. Wir haben uns an den Klassenlehrer gewandt, ihm die alte Geschichte erzählt und er ist sofort eingeschritten und hat das unterbunden. Das hat Jule und uns Mut gemacht – vor allem im Bezug darauf, dass T. ab nächstem Jahr auf die Schule geht.

Was hat das alles mit dir als Mutter gemacht?

Ich bin sehr feinfühlig geworden, wenn sie erzählt, aber noch mehr, wenn sie nichts erzählt…

Was willst du anderen Eltern in ähnlichen Situationen raten?

Hört euren Kindern zu! Nehmt euch Zeit zum Zuhören! Nehmt Veränderungen wahr. Man kann nicht alles auf die Pubertät oder Phasen schieben, wenn das Kind sich verändert. Fragt nach, holt euch Hilfe, wenn es nötig ist. Und vor allem: Stärkt eure Kinder!

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1 comment

  1. Ich rate bei massivem Mobbing dazu Anzeige zu erstatten und sich rechtlich beraten zu lassen (Näherungsverbot o.ä.). Den Schulen sind häufig die Hände gebunden, daher sollte man notfalls den Rechtsweg beschreiten. Gerade heute läuft vieles über die sozialen Medien, das sollte man screenshoten. Ich würde bei Mobbing Anfängen zuerst die Schule einschalten, sollte diese aber machtlos sein und sich nichts verändern den Rechtsweg beschreiten.

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