Ihr Lieben, immer wieder berichten wir hier über Patchwork-Familien – auch, weil wir wissen, wie weit verbreitet diese Familienkonstellation in unserer Community ist. In Patchwork-Familien ist eine Menge Fingerspitzengefühl gefragt, ganz einfach, weil sich zwei Familien mit ganz unterschiedlichen Geschichten aufeinander einlassen müssen.
Antonia (sie betreibt den tollen Instagram-Kanal Mamaalltag in stark, schaut unbedingt mal vorbei!) hat gerade wieder Ferien mit der Patchwork-Familie hinter sich und erzählt uns, wie das gelaufen ist.
Liebe Antonia, du hast gerade 10 Tage Patchworkfamilie hinter dir. Wie genau habt ihr die Feiertage verbracht?
Die Kinder meines Lebensgefährten waren von Ferienbeginn an, also vom 23.12. bis 2.01. bei uns und nur am 24. einen halben Tag bei der Mutter. Sie und mein Lebensgefährte teilen sich den 24.12. jedes Jahr abwechselnd auf, mal einer den Vormittag, im Folgejahr dann der Nachmittag.
Am 24. hatten wir die beiden Kinder dieses Jahr somit am Vormittag und haben diesen dann mit den Eltern meines Lebensgefährten verbracht, den Rest des Tages dann zu viert. Am 1. Feiertag war meine Familie zu Besuch, den 2. Feiertag hat mein Lebensgefährte dann mit seinen Kindern und seinen Eltern verbracht, während wir die Oma und Tante väterlicherseits zu Besuch hatten.
Dann sind wir zu sechst für vier Tage noch in die Berge gefahren, da uns Erwachsenen nach einem wirklich anstrengenden Jahr wichtig war, zumindest kurz einen Tapeten-Wechsel zu haben. Silvester waren wir dann bei uns zuhause, bis meine Bonuskinder dann am 2.1. wieder zur Mutter zurück sind. Action und Trubel pur also 🙂
Abseits der Feiertage: Wie sehen die Kinder die jeweiligen anderen Elternteile?
Bei meinem Lebensgefährten läuft es, würde ich sagen, sehr klassisch ab. Er hat seine Kinder jedes zweite Wochenende und jeweils 50% der Ferien. Es ist aber auch fast schon regelmäßig, dass an den Wochenenden dazwischen mal nur ein Kind da ist. Da er sich mit seiner Ex-Frau sehr gut versteht, läuft das Ganze sehr flexibel und unproblematisch.
Meine Kinder haben ihren Vater seit 2019 nicht mehr gesehen. In den ersten zwei Jahren nach der Trennung war der Umgang sehr sporadisch. Ich wollte dies im Interesse der Kinder verlässlich festlegen lassen, verschiedene Gerichtstermine brachten hervor, dass man uns auch ein 14-tägiges Wochenende-Modell sowie 50% der Ferien nahelegen würde. Der Vater meiner Kinder forderte allerdings das Wechselmodell und machte seine Androhung wahr, dass er nur das Wechselmodell akzeptiere würde – und stellte im Herbst 2019 den Umgang ein.
Die vier Kinder sind zwischen 9 und 13 Jahre alt – wie verstehen sie sich alle untereinander? Wo sind die Streitpunkte der Kids?
Ich denke, das ist wie in jeder anderen Familie auch. Mal klappt es so, mal so. Mal streiten jeweils die Geschwisterpaare, mal streiten die beiden Jungs, mal die beiden Mädels. Streitpunkte sind: „Warum muss ich den Tisch schon wieder wischen und nicht er?“ Meistens fühlt sich also einer der vier in Sachen Haushaltsthemen „überfordert“.
Meine Bonuskinder müssen sich hier ein Zimmer teilen. Da gibt es natürlich auch oft Streitpunkte, zum Beispiel „Stell deine Schuhe nicht in meine Hälfte des Zimmers“ oder „Mach dein Hörbuch leiser“.
Mal ganz ehrlich: Wenn die Kinder sich streiten – schafft man es da neutral zu bleiben oder ist man immer eher für die eigenen Kinder?
Das ist auch nach sechs Jahren tatsächlich immer noch schwer – aber auch wir Eltern sind nicht perfekt 🙂 Wir bemühen uns aber, die Situationen immer möglichst neutral zu bewerten und achten vor allem immer sehr darauf, dass wirklich alle vier Kinder gleich behandelt werden.
Gerade letzteres ist natürlich manchmal schwer mit zwei Kindern, die bei der Mama zuhause andere Regeln und Werte kennen.
Wie würdest du dein Verhältnis zu den Kindern deines Freundes beschreiben – und auch ihres zu dir? Und wie das deiner Kinder zu deinem Freund und umgekehrt?
Die Tochter meines Freundes hat sich von Beginn an leicht getan mit der Situation und konnte somit auch gut mit mir umgehen. Sein Sohn ist sehr sensibel und hat – gerade in den ersten Jahren – auch sehr mit der Trennung der Eltern zu kämpfen gehabt. Ich habe immer schon sehr versucht, auf beide einzugehen, habe mich erkundigt, wie ihre Woche gelaufen ist und habe Interesse gezeigt. Gerade Freitagabend am Esstisch wird dann oft fröhlich geplaudert… Aktuell zieht die Pubertät ein, das macht es natürlich nicht unbedingt leichter. Gerade jetzt in den Ferien sind wir da öfter mal aneinander geraten.
Meine Kinder – gerade die Kleine – haben kaum noch Erinnerungen an ihren Vater. Mein Freund ist neben anderen Familienmitgliedern die männliche Hauptbezugsperson. Er ist oft der Strengere von uns beiden – was den Kindern natürlich nicht immer gefällt 🙂 Meine Kinder sehen ihn nicht als Vater, sondern als Freund ihrer Mutter und als Vater der beiden anderen Kinder. Gleichzeitig gibt es so viele Punkte und gemeinsame Erlebnisse, die Verbindung deutlich machen. Mein Freund hat meinen Sohn damals zum ersten Schwimmabzeichen „gecoacht“ oder steht bei Fußballspielen mit am Spielfeld.
Was sind die größten Fehler, die man in einer Patchwork-Familie machen kann?
Zu viel auf einmal zu erzwingen. Es sind – in unserem Fall – jedes Mal sechs Seelen und Charaktere, die da am Tisch zusammenkommen. Sechs Personen, sechs unterschiedliche Bedürfnisse und eben auch Erwartungen. Das sollte man sich immer wieder klarmachen.
Was braucht es vor allem, damit Patchwork gelingen kann?
Zeit, viel Verständnis, aber auch klare Regeln. Wie oben geschrieben – wenn sechs Charaktere und Bedürfnisse zu vereinen sind, dann geht das nur mit Regeln und Grenzen. Das bietet Sicherheit für die großen und kleinen Seelen.
Was war dein größtes Learning im Bezug auf Patchwork?
Das WORK in Patchwork kommt nicht von ungefähr. Es ist Arbeit. Es ist anstrengend. Auch nach sechs Jahren noch… Und alle Beteiligten müssen bereit sein, mitzuarbeiten – aber das gilt wohl für jede Form von Beziehung. Patchwork ist eine riesen Herausforderung, aber man kann auch sehr viel davon zurückbekommen.
Was wünschst du dir für 2024?
Tatsächlich etwas mehr Ruhe und Entschleunigung. Aber ehrlich gesagt muss ich da direkt schmunzeln, wenn ich das so schreibe – denn schon allein die Antworten in diesem Interview haben wohl deutlich gezeigt, dass DAS wohl kaum zu erwarten ist.
Ich habe mir aber vorgenommen, dieses Jahr viel mehr auch auf mich und meine Bedürfnisse zu schauen. Ich möchte auch im Patchwork-Trubel kleine Ruheoasen für mich finden…