Geplanter Kaiserschnitt bei Beckenendlage und Rektumprolaps

Rektumprolaps

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Ihr Lieben, als unsere Leserin zum ersten Mal schwanger war, suchte sie vergeblich nach einem Geburtsbericht, der ihr mit ihrer Diagnose Rektumprolaps Mut machen konnte für die Entbindung. Sie schwor sich: Sollte sie jemals eine Spontangeburt erleben dürfen, würde sie dazu einen Bericht verfassen, damit jede andere Betroffene ihn nachlesen kann. Und voilá, hier ist er.

Meine Vorgeschichte

Im Frühling 2019 wurde bei mir die Diagnose Rektumprolaps Grad 3 gestellt, welche gemäß Klinik in meinem Alter und ohne vorangegangene Schwangerschaft extrem selten sei. Es handelt sich dabei um einen Mastdarmvorfall, wobei während des Stuhlgangs jeweils ein kleines Stück des Enddarmes aus dem After austritt. Da innerhalb meiner Familie eine weitere Person dieselbe Diagnose erhalten hat, gehen wir davon aus, dass ich an einer vererbten Beckenbodenschwäche „leide“. Ich hatte zum Glück keinerlei Schmerzen, keine Stuhlinkontinenz und auch sonst keine Beschwerden. Aus diesem Grund entschied man sich, allfällige Maßnahmen erst nach der Familienplanung anzugehen.

Erstes Kind – eine Beckenendlage und ein geplanter Kaiserschnitt

Unser erstes Kind durften wir im Herbst 2020 nach einem schönen und kurzen Kaiserschnitt in den Armen halten. Meine Frauenärztin, Hebammenpraxis und die Geburtsklinik hatten leider keinerlei Erfahrung mit meiner Diagnose (im Zusammenhang mit einer Geburt) und auch mehrere Recherchen online brachten weder einen Geburtsbericht noch medizinische Abhandlungen zu meiner Problematik ans Licht.

Deshalb entschieden wir in Absprache mit den Fachpersonen, dass zwei Risiken (Beckenendlage und Rektumprolaps) eines zu viel wären und „wählten“ den geplanten Kaiserschnitt. Auch mein Bauchgefühl riet mir, die „sichere“ Variante zu wählen. Hier möchte ich noch erwähnen, dass meine Schwangerschaft völlig komplikationslos war – auch der Prolaps hatte sich zu keinem Zeitpunkt verschlechtert, sogar eher ein wenig verbessert.

Zweites Kind – großer Wunsch nach einer Spontangeburt

Schon bald war der Wunsch nach einem zweiten Kind groß und im Herbst 2022 durften wir erneut einen positiven Schwangerschaftstest in unseren Händen halten. Wir waren überglücklich!

In der ersten Schwangerschaft ist es mir – aus mir heute unerklärlichen Gründen – nicht in den Sinn gekommen, mit meinem Proktologen (Darmspezialist) Kontakt aufzunehmen und nach seiner Einschätzung zu fragen. Meine Frauenärztin hatte dies zwar für mich zu Ende meiner ersten Schwangerschaft erledigt, ich erinnere mich aber bis heute nicht daran, dass sie mir seine Rückmeldung damals mitgeteilt hat (was aber sehr gut an meiner Schwangerschafts- und Stilldemenz liegen kann).

Deshalb nahm ich dieses Mal frühzeitig Kontakt auf und während des Gesprächs empfahl er mir zwar einen Kaiserschnitt, da dieser seiner Meinung nach sowieso der komplikationsärmste Weg wäre, konnte mir aber aus fachspezifischer Sicht sagen, dass einer vaginalen Geburt nichts im Wege stehe. Es sei davon auszugehen, dass der Rektumprolaps dieser starken Belastung gewachsen sei. Ansonsten müsse man nachher halt operieren. Das Wichtigste sei, den Prolaps nach der Geburt sofort zu reponieren (zurückzuschieben). Eine hundertprozentige Sicherheit konnte aber auch er mir nicht geben (was ich auch nicht erwartet hatte).

Mein Bauchgefühl war in dieser Schwangerschaft aber komplett anders. Ich befasste mich zum ersten Mal richtig mit einer vaginalen Geburt, las verschiedenste Geburtsberichte und visualisierte sehr oft, wie meine Geburt vonstattengehen könnte. Bis sich unser zweiter Sohn fest mit seinem Köpfchen in meinem Becken verankert hatte, kamen aber auch immer wieder Unsicherheiten hoch: Eine bestehende Kaiserschnittnarbe ist war ein kleines, aber doch nicht unwesentliches Risiko.

Auch hätte eine Operation des Rektumprolapses nach der Geburt, falls etwas schiefgehen sollte, große Auswirkungen auf mein Leben. Nichtsdestotrotz war und bin ich der Überzeugung, dass alles genau so kommt, wie es kommen muss. So war ich bis zuletzt offen für alle Optionen des Geburtsausganges, trotzdem aber fest entschlossen, die vaginale Geburt zumindest zu probieren. Gleichzeitig nahm ich mir vor, dass ich, falls ich die Spontangeburt erleben dürfte, einen Geburtsbericht schreiben und veröffentlichen würde. So hätte es endlich einen Bericht im Internet und vielleicht könnte ja in Zukunft eine Frau bzw. Familie davon profitieren.

Unser Sohn stellte unsere Geduld sehr auf die Probe und weit nach dem errechneten Termin stand eine Einleitung bereits im Raum. Nach einem mental schwierigen Tag machte er sich in der Nacht um 2 Uhr aber doch noch selbständig auf den Weg. ENDLICH WEHEN – das hatte ich mir so sehr gewünscht, hatte ich doch in der Schwangerschaft mit meinem ersten Sohn nur eine einzige Wehe.

Um 11 Uhr platzte während der Untersuchung des Muttermundes (1cm offen) in der Geburtsklinik die Fruchtblase und ich musste danach direkt bleiben. Die diensthabende, sehr erfahrene Hebamme sagte aber noch zu mir, dass ich mich eher auf eine Geburt am nächsten Morgen einstellen solle. Um ca. 13.30 Uhr wurde ich ans CTG angeschlossen und auf einen Schlag waren die Wehen nahezu inexistent – der Klassiker. Da die Herztöne unseres Kleinen bei jeder doch noch vorhandenen Wehe schlechter wurden, stand plötzlich ein Kaiserschnitt im Raum. Ich war aber weiterhin zuversichtlich.

Nun geht’s so richtig los

Nachdem ich lange liegen musste, insistierte ich, aufstehen zu dürfen und siehe da, die Herztöne waren mit einem Schlag viel besser und der „drohende“ Kaiserschnitt war kein Thema mehr. Wie das Schicksal es wollte, wurde ich kurz darauf in meinen Wunschkreißsaal verlegt – der größte von allen und der einzige mit integrierter Wanne  – was war ich glücklich! Dort kamen dann auch die Wehen in regelmäßigen Abständen zurück und wurden intensiver.

Um 17.10 Uhr (zufällig schaute ich auf die Uhr) kam endlich meine Hebamme und befreite mich vom CTG. Dankend nahm ich ihren Vorschlag an, mir ein Bad einzulassen. Nach einer halben Stunde durfte ich ins Wasser steigen und die ersten paar Minuten waren herrlich! Endlich eine Wehenpause 😊 Ich musste nämlich bereits heftig veratmen, nahm die Wehen aber immer noch als aushaltbar wahr. Leider kam kurz danach der erste Dämpfer – mein Muttermund war erst 3 bis 4cm offen! Also innerhalb von 6.5 Stunden nur ca. 2cm gewonnen. Ich war recht ernüchtert und demotiviert.

Um ca. 18 Uhr begannen dann die richtig heftigen und schmerzhaften Wehen. Nach etwa zwei Stunden hatte ich keine Energie mehr (aufgrund von zu geringer Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr seit Wehenbeginn) und ziemliche Probleme mit der Atmung und dem Kreislauf. Die Wehen kamen gefühlt im Minutentakt und Wehenpausen waren rar gesät. Auch war mein Muttermund erst auf ca. 5cm und die verhaltene Reaktion meiner Hebamme gab mir den Rest. Die Prophezeiung der Hebamme vom Morgen wurde immer realer und ich fragte mich, wie ich das bis am folgenden Tag noch aushalten sollte.

Dank Lachgas und meinem absolut heldenhaften Mann (seine Leistung war nicht von dieser Welt!!!) brachten wir die restlichen etwa 1.5 Stunden dann doch noch rum. Die zweite diensthabende Hebamme untersuchte ein weiteres Mal meinen Muttermund und als sie mir sagte, dass er nun bei 9 cm sei, rief ich „Dem Himmel sei gedankt“ und weinte nur noch. Endlich ging was und es sah danach aus, als könnten wir unseren Sohn bald in den Armen halten.

Als sie dann auch noch sagte, dass sein Köpflein bereits tief ins Becken gerutscht sei und sie den restlichen Platz mit den Fingern aufsperren würde, erfasste mich ein riesiger Motivationsschub. Die Mitteilung an ihre Kolleginnen „Die Geburt geht los, wir beginnen mit der Geburt“ ließ mich meine letzten Kräfte mobilisieren und auf ihre Anweisung presste ich wie eine Weltmeisterin. Das Gefühl, endlich etwas machen zu können, endlich mithelfen zu können, war unbeschreiblich und ich erlebte die Presswehen als etwas befreiendes, wunderschönes!

Rektumprolaps
Foto: pixabay

Mitzuerleben, wie sich sein Köpfchen und sein Körper durch mein Becken drängten war unbeschreiblich – ich bin so dankbar, dass ich das alles erleben durfte. Und das Allerbeste – meinen Prolaps nahm ich erst bei den Presswehen wahr. Natürlich prolabierte er bei jedem Pressen (d.h. er kam raus), reponierte sich aber jedes Mal von alleine (ging selbst wieder zurück). Auch als unser Sohn im Wasser zur Welt kam und die Geburt vorbei war, musste ich nichts selbständig reponieren, es geschah alles von alleine. Zugute kam mir sicher, dass ich nur 15 Minuten Presswehen hatte.

Was heißt das nun in Bezug auf meinen Rektumprolaps?

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich während meiner beiden Schwangerschaften keinerlei Probleme oder Beschwerden hinsichtlich meines Rektumprolapses hatte. Auch während der Geburt hielt er der großen Belastung stand. Hier möchte ich aber unbedingt festhalten, dass ich eine sehr kurze Austreibungsphase hatte. Ich habe das Gefühl, dass eine Pressphase von einer oder mehr Stunden sicher mehr Schaden angerichtet hätten. Des Weiteren strebte ich von Anfang an eine Wassergeburt an, weil ich das Gefühl hatte, dass der Prolaps so eher weniger Schaden nehmen würde (da er so feucht bliebe). Zum Glück hat das auch geklappt. Es muss aber betont werden, dass ich keine Fachperson bin und dies nur mein subjektives Empfinden ist!

Wie ging es mir im Wochenbett und jetzt, vier Monate nach der Geburt? In den ersten ca. vier Wochen spürte ich, dass der Prolaps doch sehr belastet war und es fühlte sich sehr „wund“ und gedehnt an. Ich war sehr vorsichtig beim Stuhlgang und unterstützte meine Verdauung mit entsprechender Medikation. Glücklicherweise hatte ich aber nie Stuhlinkontinenz oder starke Schmerzen. Heute ist alles wieder wie vorher und ich spüre keinen Unterschied zu vor meinen Schwangerschaften bzw. Geburten.

Natürlich kann ich nicht in die Kristallkugel schauen, ich weiß nicht, ob sich die enorme Belastung einmal im Alter rächen wird. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Jetzt bin ich erstmal wahnsinnig glücklich und dankbar, dass mein Wunsch nach einer Spontangeburt in Erfüllung ging und ich obendrein noch zwei gesunde, tolle Jungs haben darf! Und freue mich darauf, wenn ich (hoffentlich) noch eine zweite (dritte) Geburt erleben darf 😊

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2 comments

  1. Schon als ich den Artikel vor einigen Wochen zum ersten Mal las, dachte ich, dass der Titel nicht so richtig zum Ziel des Beitrags passt. Es sollte doch darum gehen, dass eine Spontangeburt nach Kaiserschnitt und Rektumprolaps möglich sein kann und nicht um den Kaiserschnitt. Daher wäre „Spontangeburt trotz Rektumprolaps und vorangegangenem Kaiserschnitt“ wohl ein aussagekräftigerer Titel…
    Positive Geburtsberichte sind immer schön, man liest viel zu oft nur die schlimmen… Alles Gute der Autorin und Ihrer Familie!

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