Ihr Lieben, wir bei Stadtlandmama wollen ja immer wieder zeigen, wie vielfältig Familie und Liebe ist. Wir haben hier nicht nur ganz viele bunte Familienkonstellationen, sondern auch Familien, in denen Kinder sich als queer outen. So wie Hannes Sohn, der erst im Erwachsenenalter sein Outing hatte. Wie Hanne das erlebt hat, erzählt sie hier.
Liebe Hanne, du hast einen 24-jährigen Sohn, der sich geoutet hat. Wie genau hat er euch gesagt, dass er schwul ist?
Bei uns ist das Outing bereits 3 Jahre her. Das Outing war nicht geplant, entsprang aber einer Situation, wo er „Farbe“ bekennen musste.
Mein Sohn kam damals zu mir ins Wohnzimmer und sagte, er müsse jetzt weg und würde auch über Nacht bleiben. Er war sehr unruhig dabei, trank ein Glas Wasser mach dem anderen. Ich wollte wissen, wohin er geht und fragte: „Kenne ich sie?“ Da sagte er, es wäre ein „Er“ und ich würde ihn nicht kennen.
Da hatte ich dann natürlich eine Ahnung, wo dieses Gespräch hinläuft und habe ihn gefragt, ob er mir etwas sagen möchte. Er nickte. Mein Sohn tut sich schwer, über Gefühle zu sprechen und mit der Mutter ist das doppelt schwer. Also half ich ihm.
Ich frage, ob er mir sagen will, dass er auf Männer steht. Er nickte – und so war es raus.
Was war deine erste Reaktion auf das Outing?
Meine Gefühle und Gedanken fuhren Achterbahn. Ja, ich habe daran gedacht, dass ich wohl keine Enkelkinder bekommen werde, dass ich wohl nie Oma sein werde. Und dazu kam eine Angst, die ich nicht benennen kann. Es war einfach ein ungutes Gefühl, das ich nicht erklären kann.
Ich habe meinem Sohn aber gesagt, dass ich ihn immer lieben werde, ganz egal was ist. Und das ist auch absolut so.
Mit 24 könnte man ja schon die ein oder andere Beziehung gehabt haben. Wie war das bei deinem Sohn? Hast du da was mitbekommen?
Mein Sohn ist sehr extrovertiert, geht gerne aus, hat einen großen Freundeskreis. Er sagte immer, er hätte keine Lust sich eine Freundin ans Bein zu heften und dann keine Zeit mehr für seine Freunde und Hobbys zu haben. Einmal war ein Mädchen über Nacht bei uns, aber da lief nichts.
Mein Sohn wusste schon lange, dass er schwul ist, hat aber lange versucht, „normal“ zu sein und zu wirken.
Wie war die Reaktion in eurer erweiterten Familie auf das Outing?
Tatsächlich gibt es einige in der Verwandtschaft, die es nicht wissen – ganz einfach, weil wir deren Meinung zu Homosexualität kennen und unseren Sohn schützen wollen. Der Rest der Familie hat gut reagiert, für die jüngere Generation war es gar kein Thema – die wachsen viel selbstverständlicher damit auf, dass jeder jeden lieben darf.
Wie geht es deinem Sohn heute?
Mein Sohn lebt seit 3 Jahren mit eben jenem jungen Mann in einer Beziehung und es geht ihm wunderbar. Er ist sehr glücklich.
Was wünscht du dir für deinen Sohn?
Ich wünsche mir für meinen Sohn, dass er angstfrei und unbeschwert zu seinen Gefühlen stehen kann und seine Beziehung offen und angstfrei ausleben kann. Tatsächlich macht es mir Angst, dass die Stimmung homosexuellen Menschen gegenüber in Deutschland oft sehr abwertend gegenüber ist.
Hast du noch einen Tipp für alle Eltern, die vermuten, dass ihre Kinder komosexuell, es aber noch kein Outing gab?
Es ist nie falsch, sich externe Hilfe zu holen oder sich beraten zu lassen. Ich selbst war auch vier Mal bei der städtischen Beratungsstelle, weil ich einfach jemanden Neutralen zum Reden brauchte. Das hilft ganz toll, um sich zu sortierten, Ängste abzubauen und dann sein Kind zu unterstützen.
3 comments
@Kathi: in dem Fall war es ein Outing. Darum wurde es auch so genannt. Wäre es dein Artikel, dann wäre es sehr wahrscheinlich oder sicher anders formuliert.
@Maya: die Autorin teilt hier offen und ehrlich ihre Gedanken, Eindrücke und Gefühle. Und so waren sie nun mal. Begründet oder unbegründet. Sie schreibt, wie es war.
@ Autorin Hanne: Danke für deine Offenheit und Ehrlichkeit!!!
Ich verstehe einfach nicht, warum es ein „Outing“ braucht…? Ich sage meinen Kindern (10 und 7) einfach immer, wenn es um Liebe, Heiraten etc. geht, dass es egal ist, ob sie einen Mann oder eine Frau lieben – sondern einfach eine Person, mit der sie gerne zusammen sein wollen. Und irgendwann werden sie mir hoffentlich sagen, dass es jemanden gibt und dann ist es mir egal, „was“ es ist… Ohne sich eingeschränkt zu fühlen, dass es nur ein Geschlecht sein darf…
Hm, aber dass Hanne nie Enkelkinder bekommen wird kann man doch so pauschal auch nicht sagen. Ein heterosexueller Sohn ist zunächst mal kein Garant für Enkel. Entweder bleibt er Singel, will keine Kinder oder ist unfruchtbar (von letzteren haben wir leider einige im Freundeskreis). Und gleichzeitig heißt ein homosexueller Sohn ja nicht automatisch, dass er nie eine Familie gründen wird. Es gibt die Möglichkeit der Adoption oder sie suchen sich außerhalb von Deutschland eine Leihmutter oder nehmen Pflegekinder auf. Es gibt doch heutzutage zahlreiche Möglichkeiten, man muss nur offen dafür sein.