Ihr Lieben, der Start ins Leben war mit ihrer Tochter ein ziemliches Auf und Ab, das mit vielen Klinikaufenthalten einherging und schließlich die Diagnose „Verbale Entwicklungsdyspraxie“ zutage brachte. Doch ihre Tochter überraschte nach einigen dämpfenden Erfahrungen einfach alle, als sie zur Schule kam… hier kommt ihre Geschichte mit schönstem Happy End.
„Bevor ich euch von unserer langen und steinigen Reise erzähle, möchte ich uns kurz vorstellen: Wir sind eine Kleinstadtfamilie bestehend aus meinen beiden wundervollen Töchtern, meinem Mann und mir.
Unsere Reise begann vor 7 Jahren. Nach knapp zwei Stunden Wehen hielt ich dieses kleine Wunder in den Armen. Für uns war sie das fehlende Puzzleteil, damit unsere Familie perfekt ist. Die U1 meisterte unser Baby mit Bravour und ohne Probleme. Dann kam das Neugeborenen- Hörscreening…
„Ihre Tochter hört auf dem linken Ohr nur schwer“
Die Kinderkrankenschwester kam nach der Untersuchung zu uns und erklärte, dass unsere Tochter auf dem linken Ohr nur schwer hören könne. Sie versuchte, uns zu beruhigen, es könnte von der Geburt noch Flüssigkeit im Ohr sein… Wir sollten dennoch einen HNO-Arzt aufsuchen. Noch im Krankenhaus vereinbarte ich einen Kontrolltermin für die nächste Woche. Bis dahin sollte es spannend bleiben.
Nach zwei Tagen im Krankenhaus durften wir nach Hause. Das Glück war leider nicht auf unserer Seite. In der ersten Nacht zu Hause hatte die Kleine einen Pseudokruppanfall, so dass ich nachts wieder mit ihr ins Krankenhaus gefahren bin. Dort bekam sie sofort ein Notfallmedikament und wir mussten zur Beobachtung bleiben. Einen Tag später durften wir mit dem Notfallmedikament in der Tasche zum Glück nach Hause.
In der darauffolgenden Woche kam der ersehnte Kontrolltermin beim HNO-Arzt. Der Arzt nahm sich nach der Untersuchung Zeit, um mir zu erklären, dass wir bei einem Pädaudiologen besser betreut werden könnten. Da auch in seiner Praxis der Hörtest wieder auffällig war… Also mussten wir erneut auf einen Arzttermin warten…
Dauernd Pseudokrupp-Anfälle in der Nacht
Während wir auf den Termin beim Pädaudiologen 4 Wochen warten mussten, folgten wöchentliche Pseudokruppanfälle. Unsere Tochter musste nachts mit einer Unterlage zur Atemüberwachung schlafen, da sie durch die vielen Pseudokruppanfälle nächtliche Atemaussetzer bekam. Ich hatte mir mittlerweile eine Schlafgelegenheit bei ihr mit ins Zimmer gelegt, damit ich die Aussetzer und Anfälle sofort mitbekam.
Die Nächte waren anstrengend und zehrten an unseren Kräften und unserem Familienzusammenhalt. Darum freute ich mich umso mehr, als mein Mann endlich Elternzeit hatte… Ich konnte gar nicht glauben, dass ich mal wieder in einer Nacht mehr als 4 Stunden Schlaf bekam. Der Kinderarzt war mittlerweile fester Bestandteil unseres Wochenplans. Er kontrollierte stetig die Bronchien und erklärte uns, dass unsere Tochter zu enge Atemwege habe… Dadurch entstünden immer wieder Atemaussetzer und Anfälle. Sie bekam schließlich ein Dauermedikament, um die Bronchien zu weiten.
Nun war die lange Wartezeit um und der ersehnte Termin beim Pädaudiologen stand bevor. Ich war total nervös und aufgeregt, da ich noch nie zuvor bei einem Pädaudiologen gewesen bin. Der Arzt kontrollierte alles und kam zum gleichen Ergebnis. Der Test war wieder auffällig, aber wir sollten uns keine Sorgen machen. Es könnte auch ein ganz normaler Paukenerguss sein, wir sollten monatlich zur Kontrolle kommen. Die Monate vergingen und der Alltag bestimmte mittlerweile unser Leben. Durch das Dauermedikament wurden die Pseudokruppanfälle zum Glück weniger, sie kamen im Durchschnitt nur noch zweimal im Monat vor.
Diagnose „Verbale Entwicklungsdyspraxie“
Der erste Geburtstag stand nun an und der damit verbundene Kontrolltermin beim Pädaudiologen. Die Werte waren weiter auffällig, meine Tochter musste operiert werden. Die OP erfolgte schon einen Monat später. Ich fuhr positiv gestimmt früh morgens ins Krankenhaus, ich wusste ja schließlich noch nicht, wie der Tag enden würde. Die OP sollte ca. 2 Stunden dauern.
Die Stunden vergingen, ich fing an, mir Sorgen zu machen. Nach 5 Stunden Wartezeit kam endlich eine Krankenschwester und meinte, meine Tochter hätte die Narkose nicht vertragen und würde auf die Intensivstation verlegt werden. Auch diese Situation meisterte meine kleine Kämpferin und wir wurden schon am nächsten Tag entlassen.
Die Monate vergingen und wir merkten, dass unsere Tochter keine Worte sprach. Und nur sehr wenige Laute. Mit zweieinhalb Jahren hatten wir den ersten Besuch bei der Logopädin. Wir vereinbarten mehrere Termine, um den Grund herauszufinden. Nach kurzer Zeit hatten wir die Diagnose „verbale Entwicklungsdyspraxie“… Leider eine noch sehr unbekannte Diagnose mit wenig Hintergrundwissen.
Die gesamte Familie lernte gemeinsam Gebärdensprache
Die gesamte Familie lernte gemeinsam Gebärdensprache, um besser zu kommunizieren. Und unsere Tochter freute sich, sich endlich besser mitteilen zu können. Mit fast 3 Jahren sagte sie das erst Wort: „Mama“. Durch wöchentliche Therapiebesuche in der Logopädie und tägliche Hausaufgaben kamen immer mehr Laute dazu. Wir waren so stolz auf unsere Kämpferin, hatte sie trotz aller Schwierigkeiten immer gute Laune.
Auf Anraten unserer Logopädin fuhren wir auch zweimal zur Sprach-Reha. Dies waren für uns wertvolle Erfahrungen. Die Tipps und der Austausch mit anderen betroffenen Familien haben uns Mut gemacht.
Bei der nächsten Vorsorgeuntersuchung kam dann der nächste Schlag. Sie sei motorisch entwicklungsverzögert und habe eine taktile-sensomotorische Störung, hieß es nun. Um sie ganzheitlich zu fördern starteten wir zusätzlich mit wöchentlicher Ergotherapie. Zudem sind wir jährlich im SPZ zu Besuch, um Entwicklungstests zu machen und bei Schlaf-EEGs das Risiko der Epilepsie zu beobachten.
Dann kam der Sommer und wir freuten uns, einen KiTa-Platz bekommen zu haben. Leider merkten wir schnell, dass dies eine ganz schlechte Entscheidung gewesen war. Unsere Tochter wurde von den Erzieherinnen ignoriert und vorgeführt. Sie sollte im Stuhlkreis oder bei Gruppenangeboten Wörter sagen, die sie nicht konnte. Ständig wurde ihr vonseiten der Erzieherinnen gesagt, „wie schlecht sie redet“ und dass sie das nicht kann.
Schlechte Erfahrungen in der Kita und ein Neuanfang
Unsere Tochter verstummte daraufhin komplett. Sie redete weder in der Kita noch mit uns als Familie. Dies war der Zeitpunkt, an dem wir das Jugendamt aufgrund einer Gefährdung des Kindeswohls informierten. Innerhalb von zwei Wochen und mit der Hilfe vieler lieber Menschen konnten wir in eine andere Kita wechseln. Dort fühlte sich unsere Tochter von Anfang an wohl, ging strahlend zu ihren Erzieherinnen.
Sie gewöhnte sich innerhalb einer Woche ein und fing wieder an zu reden. Uns fiel ein riesiger Stein vom Herzen, unsere Tochter wieder so glücklich zu sehen. Dieses Gefühl zog sich durch die ganze Kita-Zeit und wir waren traurig, als der Abschied nahte. Doch auch hier begleitete uns die Kita sehr liebevoll beim Übergang.
Mit Absprache der Logopädin, Ergotherapeutin und Erzieherin wählten wir eine Förderschule mit Schwerpunkt Sprache für sie. Dort war der Empfang sehr familiär und wir alle fühlten uns gut aufgehoben. Unsere Tochter hatte schließlich so viel Motivation und Antrieb, dass sie nach nur einem Jahr zur Regelschule wechseln konnte! Dort sind wir nun seit den Sommerferien und warten ab, was uns der Weg noch zeigen wird… Aber wir sind fest davon überzeugt, alles zu schaffen… weil unsere Tochter einfach unglaublich ist.“
2 comments
Stark! Alles Gute für euch! Das Verhalten der Erzieher*innen in der ersten Kita macht mich fassungslos. Gut, dass ihr euren Weg gefunden habt.
Ich bin Logopädin und sehr dankbar für diesen Artikel .Immer öfter gibt es diese Fälle von VED bei uns in der Praxis und viel mehr Eltern müssten informiert werden, wo und wie sie Hilfe bekommen können.