Ihr Lieben, das Leben ist manchmal eine Achterbahnfahrt. Berit hat heftige Tiefen in ihrem Leben erlebt, sich aber aus einer schlimmen Ehe befreit und ist nun wieder glücklich. Wir danken Berit für ihre Geschichte, die zeigt, dass es nie zu spät ist, nochmal das ganz große Glück zu finden.
Liebe Berit, du hast in deine Ehe häusliche Gewalt erlebt. Kannst du erzählen, was passiert ist und wie lange ihr zusammen wart?
Wir waren fast 5 Jahre zusammen. Ich habe ihn kennengelernt, als ich bereits ein Kind hatte. Wie in den meisten Fällen erlebter häuslicher Gewalt wirkte mein Ex anfangs sehr liebevoll, verstand sich auch mit meiner Tochter gut.
Als ich mit meinem Sohn im 8. Monat schwanger war, ist er einmal nachts nicht nach Hause gekommen. Ich sorgte mich und sprach ihn natürlich am nächsten Tag darauf an. Da schlug mir in den Bauch. Ein Polizeieinsatz folgte, doch ich schämte mich einfach nur. Er entschuldigte sich und wickelte mich um seine Finger. Da es mir gesundheitlich vor der Geburt sehr schlecht ging, kam keine Gewalt mehr vor.
Doch es blieb nicht ruhig, oder?
Nein, als ich ein Jahr später mit meiner jüngsten Tochter schwanger war, habe ich zufällig erfahren, dass er Kokain konsumiert hat. Für mich selbst war das alles fremd und beängstigend.
Nach der Geburt wollte er, dass ich meine Tochter bereits mit zwei Wochen zur Tagesmutter gebe. Auf einer Autofahrt sagte ich unter Tränen, dass ich es nicht schaffe, meine Tochter so früh abzugeben. Obwohl ich am Steuer saß, schlug er mehrfach auf mich ein.
In den darauffolgenden zwei Jahren wurde er immer auffälliger, aggressiver, die Abstände der Gewalt wurden kürzer. Er feindete viele Leute an und grenzte unsere Familie dadurch oft aus. Als er durch die Prüfungen im Studium rasselte, gab er mir die Schuld, war eifersüchtig, weil ich die Prüfungen – trotz der Umstände – geschafft habe. Er wurde immer paranoider, er drohte mir und den Kindern uns umzubringen.
Wann hast du dich getrennt und wie ist die Trennung verlaufen?
Meine Kinder waren glücklicherweise über die Ferien bei meinen Eltern. Er rastete aus, weil ich ihn beim Rauchen erwischt habe und dann gefragt habe, ob er auch wieder Drogen nimmt. Er schlug mit einem Staubsauger und dem Staubsaugerrohr mehrfach auf mich ein. Als ich mich verstecken konnte, rief er wie im Psychothriller immer wieder meinen Namen und „Wo bist du? Komm raus, ich finde dich sowieso!“
Er fand mich, schleppte mich mit runter ins Wohnzimmer, wo er wie von Sinnen auf und ab lief. Mein Blick ging zum Schlüsselbrett, dort hing der Autoschlüssel. Ich nutzte die Chance, rannte barfuß aus dem Haus ins Auto, verriegelte das Auto von innen, legte den Rückwärtsgang ein und fuhr los. Es war mir egal, dass er hinter dem Auto stand, er sprang zur Seite und ich fuhr zur Polizei, wo mein Vater mich abholte.
Nach dieser Zeit lebte ich zunächst ein halbes Jahr mit meinen Kindern bei meinen Eltern. Es folgte ein Rechtsstreit nach dem anderen: Strafprozess, Sorgerecht, Umgangsrecht, Scheidung, Zwangsversteigerung des Hauses. Meine Kinder haben nun seit 10 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm.
Er wurde in einem Gerichtsurteil zu einer Bewährungsstrafe und einer Schmerzensgeldzahlung (die ich nie erhalten habe) verurteilt. In dem Urteil wurde eine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund einer paranoiden Persönlichkeitsstörung mit Nähe zur Schizophrenie bei ihm festgestellt, was sich in Bezug auf das Sorge- und Umgangsrecht positiv für mich und meine Kinder auswirkte.
Du hattest drei Kinder und hast wieder von ganz von vorne angefangen. Wie hast du euer neues Leben aufgebaut?
Ich wusste sofort, dass das nicht leicht wird, aber ich wollte für mich und die Kinder eine bessere Zukunft. Wir hatten zunächst eine kleine Wohnung mit wenig Ausstattung. Ich schlief nur mit einer Matratze auf dem Boden, wir haben sehr sparsam gelebt. Ich habe tatsächlich die letzte ausstehende Bachelorprüfung bestanden, mich dann sogar noch für einen Masterstudiengang angemeldet.
Um Geld zu verdienen habe ich ein Praktikum gemacht, dort lief es so gut, dass ich beschloss, erstmal nicht mehr zu studieren, sondern Vollzeit Geld zu verdienen. Ich habe mich in der Firma, in der ich das Praktikum machte beworben und wurde eingestellt.
Dort arbeitete ich fast 7 Jahre, vor einem Jahr wurde ich dann abgeworben. Beruflich habe ich mir viel Anerkennung erarbeiten können. Meine älteste Tochter macht nächstes Jahr Abitur, meine anderen beiden Kinder sind ebenfalls auf dem Gymnasium.
Es war nicht immer einfach, aber wir hatten immer uns. Meine Eltern standen uns ebenfalls zur Seite, bis meine Mutter 2018 an Krebs verstarb. Ihnen bin ich wirklich sehr dankbar.
Tatsächlich hast du dich Anfang des Jahres neu verliebt. Und zwar nicht in einen Unbekannten… Woher kanntet ihr euch?
Er ist der Sohn von der damals besten Freundin meiner Mutter. Eine Sandkastenliebe also. Mit 15 fand ich ihn dann ganz toll, sagte ihm das auch. Er antwortete, dass wir noch warten sollten, bis ich 16 sei. Ein Jahr später kam es dann tatsächlich auch zu einem ersten Kuss zwischen uns. Wir waren länger Jahre zusammen, dann kam das Abitur, wir gingen verschiedene Wege.
Ich hatte den anderen Partner, wurde schwanger, Wir hatten immer wieder Kontakt und ich weiß, dass er auch wirklich traurig war, als er hörte, dass ich verheiratet sei. Er hat mich nie vergessen, sondern hat eigentlich darauf gewartet, bis ich wieder frei bin.
Wie schwer war es für dich, wieder Nähe zuzulassen?
Nach meiner traumatischen Ehe hatte ich schon eine andere kurze Beziehung. Hier war es sehr schwer, Nähe zuzulassen und der Partner hatte auch wenig Verständnis für das, was wir erlebt hatten. Das war jetzt ganz anders. Als wir uns wiedertrafen, war schnell alles klar. Ihm musste ich nichts erklären, er kannte mich ja schon so lange.
Was macht deinen Freund für dich so einzigartig?
Meinen Freund macht einzigartig, dass er so ein ruhiger, geduldiger Mensch ist, der das, was er angefangen hat auch zu Ende bringen möchte. Er hat all die Jahre auf mich gewartet, hat für mich und meine Kinder sehr viel Verständnis. Wir können über alles reden, er liebt meine Ecken und Kanten, kennt sie in- und auswendig. Deshalb mag er meine Kinder auch alle so sehr – sie kommen mit vielen der Ecken und Kanten nach ihrer Mutter 🙂
Nun bist du wieder schwanger und bekommst ein Nachzügler-Baby. Beschreib mal deine Gefühle in Sachen Schwangerschaft.
Wir haben uns nochmal für gemeinsamen Nachwuchs entschieden. Eigentlich hatte ich schon gedacht, dass das sowieso nichts mehr wird. Vor über 20 Jahren hatten wir über das Thema bereits gesprochen, damals, als wir auch schon zusammen waren.
Nach anfänglichen Gedanken darüber, ob wir nicht mittlerweile zu alt dafür sind und was die Kinder wohl dazu sagen, waren wir doch positiv über die Resonanzen überrascht. Die Kinder freuen sich wirklich sehr, Kuscheltiere werden schon gekauft und meine Große plant schon, dass sie so oft wie möglich zu Besuch kommt, wenn sie erstmal ihr Studium aufgenommen hat.
Was hast du im letzten Jahr gelernt über das Leben?
Im letzten Jahr bzw. den letzten Jahren habe ich wirklich sehr viel gelernt: ich sollte mich stets auf meine Intuition verlassen. Denn ich habe mich leider zu oft beeinflussen lassen. Für viele Menschen habe ich mich verstellt, mich oft versucht anzupassen, um gemocht zu werden. Jetzt konnte ich mich wieder daran erinnern, wie es ist, einfach ich selbst zu sein und genau dafür geliebt zu werden.
Und was wünschst du dir fürs nächste Jahr?
Eine weiterhin gute Schwangerschaft, eine Geburt ohne Komplikationen und vor allem Gesundheit für uns alle. Es wird ganz sicher wieder eine aufregende und spannende Zeit, die wir nun zusammen genießen und meistern können. Ich bin mir sicher, das nächste Jahr hält noch einige Überraschungen für uns bereit.
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Wow! Du kannst stolz auf dich sein.