Meine Tochter habe ich an der Montessori Schule 2021/2022 angemeldet, obwohl mein Mann und ich gerade wegen der jahrgangsübergreifenden Methode (1.-4. Klasse gemischt) zunächst Zweifel hatten. Dennoch empfanden wir die Schule als „das kleinere Übel“ und meldeten unsere Tochter dort an.
Jetzt geht sie in die zweite Klasse. Von der Kita hatten wir die Rückmeldung, dass unsere Tochter an jeder Schule zurechtkommen würde. So schätzten wir unsere Tochter auch ein.
Schicksalsschlag 5 Tage vor der Einschulung
Nun war es bei uns nochmal zusätzlich eine Ausnahmesituation, da wir fünf Tage vor der Einschulung meinen Mann – also die Kinder ihren Papa – verloren haben. Dennoch finde ich, dass die Grundschulzeit an der Montessorischule auch ohne diesen Verlust nicht für alle Kinder geeignet scheint. Ganz besonders nicht für „Träumerkinder“.
Meine Tochter ist aber genau so ein Kind. Weil sie in der Freiarbeit überwiegend träumte und mit ihren 5 und später dann 6 Jahren in der ersten Klasse mehr Leitung und Struktur brauchte, wollte die Lehrerin sie die erste Klasse wiederholen lassen.
Schuljahr wiederholen lassen?
Ich hatte nichts dagegen, bezweifelte aber, dass es mit einer Wiederholung besser würde, da meine Tochter schlicht mehr Begleitung und mehr Struktur gebraucht hätte. Ich halte es einfach für nahezu unmöglich, bei 23 bis 28 Kindern in einer jahrgangsübergreifenden Klasse als einzige Lehrerin allen gerecht zu werden.
Insbesondere den Kindern nicht, die erstens vielleicht noch etwas verträumter sind und zweitens vielleicht noch in einer speziellen Situation – wie bei uns in der Trauer – stecken. Gerade Erst- und Zweitklässler sind da viel mehr auf die Hilfe von LehrerInnen angewiesen.
Normale Art des Lernens oder fehlende Leistung?
Da dies aber nicht bewerkstelligt wird und werden kann, leidet die „Leistung“ darunter, die dann aber nicht als „normal“ oder als eine Art des „Lernens“ betrachtet wird, sondern als fehlende Leistung (das einzige Problem meiner Tochter ist die Freiarbeit – nicht die anderen Fächer) mit allen Konsequenzen.
Jetzt soll sie möglicherweise die zweite Klasse wiederholen. Mal sehen. Die Schulpsychologin sieht für meine Tochter keinerlei Notwendigkeit für einen Schulwechsel oder für eine Wiederholung der Klasse (genauso wenig wie die Kita damals für eine spätere Einschulung gewesen wäre). An ihrer Intelligenz liegt es also nicht, dass sie Probleme hat mit der Schulform bzw. der Freiarbeit.
Eine Montessori Schule passt nicht zu jedem
Mein Sohn wird nun nächstes Jahr auch eingeschult. Jetzt stehe ich wieder vor der Entscheidung: Als alleinerziehende, voll berufstätige Mutter aus Bequemlichkeit das Risiko eingehen und meinen Sohn auch an der gleichen Schule anmelden oder eine reguläre Schule aussuchen…
Mein Sohn ist ganz anders als meine Tochter. Er kann sich gut fokussieren, aber nur, wenn er weiß, was er tun muss. Sonst ist auch er ein großer Träumer. Ich weiß nicht, wie ich mich entscheiden soll, welche Kriterien ich heranziehen soll. Ist das alles bei euch viel einfacher gewesen? Welche Kriterien waren ausschlaggebend für die Schulwahl für eure Kinder? Habt Ihr Tipps für mich?
Eine schöne Woche wünsche ich!
11 comments
Hallo!
Unser Sohn ist auch ein Träumer gewesen, er hat die Strukturen und Vorgaben der normalen Grundschule sehr gemocht. Er kommt jetzt auf einem Gymnasium gut klar.
Unsere Tochter entscheidet gern alles selbst, da sind nun wir für die Vorgaben dankbar. Sie würde sehr gut rechnen, aber nie lesen oder malen lernen.
Beide Kinder sind auf einer Regelschule super aufgehoben. Und dort sind alle Kinder aus der Straße auch.
Was möchten denn deine Kinder?
Ich kann dich gut verstehen. Das ist keine leichte Entscheidung. Ich würde dir aber einen Rückgang inkl. Schulwechsel empfehlen.
Wenn ich es richtig gelesen habe, wurde deine Tochter mit 5 Jahren eingeschult. Diese unsägliche Regelung ist für viele Kinder ungünstig. Aus diesem Grund wurde die Schuleingangsphase auch auf drei Jahre ausgedehnt! Viele Kinder sind noch sehr verspielt und verträumt, gerade die kreativen Kinder.
Und natürlich hat dies absolut gar nichts mit einer geringeren Intelligenz zu tun! Häufig ist das Gegenteil der Fall. 😉
Für viele Kinder bedeutet dieser frühe Schulstart jedoch großen Stress. Manchmal unmittelbar, manchmal zeigt es sich erst etwas später. Gerade wenn Stressoren offenkundig werden (Freiarbeit, Grafomotorik, emotionale oder soziale Belastungen etc.) sollte man einen Rückgang unbedingt in Betracht ziehen. Nicht selten kommt es sonst zu weiteren Belastungen ab Klasse 3 (Notenvergabe) oder auf der weiterführenden Schule und sogar zu Burnout-Situationen in der Oberstufe (meine Erfahrungen als Gymnasiallehrerin).
Wir haben uns im Prinzip aus sehr ähnlichen Gründen für einen Rückgang unserer Tochter in der Schuleingangsphase entschieden, ebenfalls entgegen aller Empfehlungen (Kita, Kinderarzt, Klassenlehrerin etc.) und es war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten!
Wir haben uns bewusst gegen einen Rückgang auf der gleichen Schule entschieden, um das Treffen der ehemaligen Klassenkameraden auf dem Pausenhof, die Verwendung der gleichen Lehrwerke/ Bücher (sehr demotivierend) sowie die Begegnung mit ehemaligen Lehrkräften zu vermeiden. Auch das war eine super Entscheidung! Mit den engsten Freundinnen aus der vorherigen Klasse finden weiterhin regelmäßige Treffen statt, aber dann ist Schule kein Thema! 🙂
Mein Rat wäre: Hol deine Tochter unbedingt mit ins Boot. Sprich mit ihr, zeig ihr die Möglichkeiten auf. Kinder haben häufig subtil ein Gespür dafür, was ihnen gut tut. Sicherlich wird sie am Anfang mit Abwehr reagieren. Natürlich möchte sie mit ihren Freundinnnen zusammen bleiben. Und sicherlich ist es bei euch auch noch einmal ein besonders sensibles Thema aufgrund der vorherigen Verlusterfahrung.
Wichtig wäre auch noch zu erfahren, ob deine Tochter einen gewissen Leidensdruck in der Schule hat oder dies nur Beobachtungen/ Sorgen der Erwachsenen sind? Ohne eigenen Leidensdruck zum aktuellen Zeitpunkt ist der Schritt sicherlich etwas schwieriger.
Ich habe erstmal nur eine Idee meiner Tochter gegenüber formuliert und bin zunächst auf deutlichen Widerstand gestoßen. Daraufhin habe sie dann erstmal ganz in Ruhe gelassen und gar nichts mehr diesbezüglich gesagt. Mit der Zeit sackte es dann bei ihr und auf einmal formulierte sie von sich aus den Wunsch.
Wir haben uns dann für einen Rückgang inkl. Schulwechsel entschieden und es war, wie gesagt, genau die richtige Entscheidung. Hilfreich war sicherlich, dass sie in der neuen Klasse bereits Kinder aus dem Kindergarten und der Nachbarschaft kannte und sie freudig erwartet und empfangen wurde. 🙂 Vielleicht hast du die Möglichkeit ggf.schon im Vorfeld einen Kontakt herzustellen? Vielleicht im Kontext der Anmeldung deines Sohnes an dieser Schule?
Ich wünsche dir von Herzen viel Kraft für eine gute Entscheidung.
Alles Liebe
Isabelle
Hallo liebe Verfasserin,
zuerst einmal tut es mir unendlich leid, dass ihr so früh den Ehemann und Papa verloren habt. Es ist absolut nachvollziehbar, dass du deiner Tochter einen Schulwechsel nicht noch zusätzlich zumuten möchtest.
Meine Kinder sind auch beide auf einer Montessorischule und ich hadere von Zeit zu Zeit ebenfalls mit dem Konzept. Unser Sohn hat keinen großen Ehrgeiz, er macht nur das Nötigste und begreift die Freiarbeit als Freizeit und möchte lieber spielen als etwas zu lernen. In der zweiten Klasse stand auch Wiederholung des Schuljahres zur Debatte. Wir hatten einige hitzige Diskussionen mit der Lehrerin und daheim viel zusätzlich mit ihm gelernt. Jetzt ist er in der dritten Klasse und es läuft soweit ganz gut und wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Ich kann nur sagen, dass du deinem Gefühl folgen solltest. Wenn du denkst, sein Sohn wäre auf einer normalen Schule besser aufgehoben, dann melde ihn dort an. Euer Alltag ist sicher nicht leicht, aber ich würde die Bequemlichkeit hinten an stellen. Es ist wichtig, dass Kinder gern in die Schule gehen und das klappt am besten, wenn das Konzept zu ihnen passt und sie immer wieder Erfolgserlebnisse haben. Ein Kind, das mehr Struktur und klare Anweisungen braucht ist auf einer regulären Schule besser aufgehoben. Meine Tochter ist z.B. sehr pflichtbewusst, hält Regeln ein, setzt sich selber Strukturen und kann sich prima konzentrieren. Sie hat bisher keinerlei Probleme und wird immer dafür gelobt, wir gut sie dann macht.
Könnten wir die Zeit zurückdrehen, würden wir unseren Sohn auf eine andere Schule schicken. Aber jetzt ziehen wir es durch, denn wir möchten ihn nichts aus seinem Freundeskreis herausnehmen.
Alles Gute!
Liebe Autorin, es tut mir total leid, was Ihr durch gemacht habt. Wir hatten das im nahen Familienkreis auch, dass der Papa kurz vor der Einschulung starb und die Mama ganz alleine mit all ihren Gedanken rund um die Schulwahl des Kindes zurück blieb. Es war wirklich schwer. Ich habe da versucht, so gut es ging, zur Seite zu stehen. Ich denke einen wirklichen Rat kann Dir nur jmd. geben, der Deine Kinder und Eure Umstände kennt! Sei nachsichtig zu Dir und Deinen Kindern, es wird sich alles finden. Liebe Grüße
Dein Bericht klingt für mich recht eindeutig. Du schreibst ja selbst, dass die Schule für deine Tochter nicht passend sei und sie dort nicht die Leistung zeigen kann, die ihrem Intellekt entspricht. Was spricht denn dann gegen einen Schulwechsel deiner Tochter?
Wenn du mit der fehlenden Lenkung durch die Lehrkräfte unzufrieden bist und dir vorstellen kannst, dass das auch für deinen Sohn nicht passend ist, dann melde ihn dort nicht an. Auch wenn es zunächst praktischer erscheint, ist damit doch niemandem geholfen.
Wie wäre denn die Variante, dass deine Tochter an eine Regelschule wechselt und dein Sohn dann auch dort eingeschult wird? Brauchst du zwingend das Einverständnis der Schulpsychologin für einen Wechsel deiner Tochter?
In jedem Fall wünsche ich dir und deinen Kindern alles Gute und hoffe, dass ihr den Verlust von Mann und Vater mit der Zeit werdet verarbeiten können!
Nun ja, wenn es die falsche Schule/ Schulform fürs Kind ist warum lässt Du es dann dort? Und überlegst noch das Andere mit dort einzuschulen? Mehrfach sitzenbleiben bzw schlechte Bewertung der Leistung wirken sich auch später negativ aus. Damit hat das Kind keine guten Chancen auf weitere höhere Ausbildung. Nur wegen der Bequemlichkeit???
eine gute Freundin von mir hat die Montessori Ausbildung, ihr Mann auch. beide waren von Montessori begeistert, als ihre eigenen vier Kinder im Vorschulalter waren. das älteste Kind war im Montessori Kindergarten und danach in der ersten Klasse dort. da das Kind relativ wenig Eigeninitiative mitbrachte, kamen die anderen Kameraden gut voran.
Er leider nicht. Die Eltern haben dann in Montessori Einrichtungen als Lehrer gearbeitet und dort sind dann die eigenen 4 Kinder auch untergebracht gewesen.
die Eltern haben täglich erlebt, wie toll sie als Lehrer das Konzept finden, hatten jedoch den Eindruck für zumindest zwei ihrer Kinder passt es nicht wirklich, weil diese vom Angebot und dem Unterricht sichtlich nicht profitierten. Normale Schule war aber auch keine Alternative, also blieb alles erstmal einige Zeit so.
Nach zwei Jahren war die Familie so frustriert, beruflich und schulisch, dass sie ein Jahr ins Ausland gingen. Homeschooling wurde hier schon vor Corona großzügig probiert, vor-, während und auch nach dem Ausland…..was sich trotz der Ausbildung der Eltern als nicht geeignet herausstellte und nun sind nochmal ungefähr zwei Jahre später alle Kinder in der (Dorf-) Regelschule und die ganze Familie ganz okay damit!
Liebe Autorin,
ihr habt eine Menge durchmachen müssen und müsst es wahrscheinlich jeden Tag. Das tut mir sehr leid, von solch einem Schicksalsschlag zu lesen. Erstmal alles Gute für euch und ganz viel Kraft für euch.
Vielleicht malst du dir eine innere Landkarte? Was hast du für Optionen? Was spricht dafür und was gegen jede dieser Optionen? Kannst du Eltern befragen, deren Kinder andere Schulen besuchen? Würde evtl. ein Lehrerwechsel/Klassenwechsel auf der jetzigen Schule helfen?
Alles Gute für euch
Ich habe mich aus sozialen Gründen (viele Kinder im selben Alter=mehr potenzielle Freunde) gegen das Montessori Konzept entschieden. Außerdem merke ich als Gymnasiallehrerin, dass die Kinder von der Schule schlechter auf das Gymnasium vorbereitet sind. Die Leistungsspanne ist m.E. zu groß, um die 4. Klässler angemessen zu fördern und zu FORDERN.
Gleichzeitig hat man teilweise keine Wahl, wenn man auf einen Ganztagsplatz angewiesen ist. Das kannst nur du abwägen, wie groß die Wahrscheinlichkeit an den Alternativschulen ist. Sonst grundsätzlich spreche ich mich immer für das klassische Modell aus (maximal 1.+2. zusammen.
Letztlich ist es ja eine Bauchentscheidung, auch wenn das gerade nicht weiterhelfen wird. Aber ich verstehe den Struggle. Unsere Kinder gehen in einen Montessorizweig einer staatlichen Grundschule. Vielleicht gibt es sowas? K1 geht voll auf im Montessorisystem. K2 ist auch ein Träumer und braucht mehr Struktur. Daher haben wir lange überlegt, ob wir ihn lieber auf eine reguläre Grundschule schicken. Er kommt dort aber gut klar. Allerdings ist die Freiarbeit dort etwas begrenzter als in einer privaten Montessorischule. Es sind täglich Pflichtaufgaben im Mathebuch, Lesen und Schreibschriftheft zu erledigen. Die restliche Zeit ist freie Arbeit. Auch gibt es reguläre Klassenarbeiten – nur nicht zu einheitlichen Terminen für die ganze Klasse und Zeugnisse, inkl. Noten ab Klasse 3.
So klappt es gut – wenn auch nicht so reibungslos wie bei K1. Wenn es also diese Kompromissschule so bei uns nicht gegeben hätte, hätten wir für K2 eine Regelschule gewählt.
noch hat mein Kind keine Klasse wiederholt. Es wurde empfohlen, dann wieder zurückgerudert. In der 2. Klasse wird sich entscheiden, was weiter geschieht. Warum kein Wechsel ist nicht einfach zu beantworten. ZB deshalb, weil sie dort Freunde gefunden hat und nicht noch einmal im jungen Alter neu anfangen müssen soll..