Kinderwunsch: „Wir haben drei Kinder verloren, geben aber nicht auf“

Kinderwunsch

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Ihr Lieben, die Geschichte zum Kinderwunsch unserer Leserin ist fast unglaublich. Erst klappte es lange nicht mit dem Schwangerwerden, dann waren plötzlich Drillinge unterwegs. Zwei Kinder schafften es nicht, eine Tochter kämpfte sich durch, kam aber schließlich so früh zur Welt, dass auch für sie nach einigen Wochen ein Abschied anstand. Die Familie ist dankbar für die Wochen, die sie mit ihr hatten. Und wagen derzeit weitere Versuche, um wieder ein Baby zu bekommen.

„Vor ziemlich genau vier Jahren startete unser Kinderwunsch konkret. Schon beim ersten misslungenen Übungszyklus brach ich, damals 29 Jahre alt, in Tränen aus. Ich hatte mir immer gedacht, bei uns klappe es sofort. Und auch bei der Gynäkologin hieß es immer: „Alles sieht gut aus“.

Kinderwunsch: Was sollte dem schon im Weg stehen?

Ich bin sportlich, ernähre mich gesund, rauche nicht, trinke nicht viel Alkohol, hab normales Gewicht. Alles prima. Was sollte da schon schiefgehen?! Ich probierte sämtliche Sachen aus, von goldener Milch über Zyklustracking-Armband, von Sex vor dem Eisprung, Sex während des Eisprungs, viel Sex, wenig Sex. Einfach alles.

Nach einem Jahr hatte ich beim Gynäkologen schließlich einen Routine-Termin. Er fragte mich, wie es denn mit einem Kinderwunsch aussehe. Ich sagte ihm, dass wir seit über einem Jahr üben, dass sich aber leider keine Schwangerschaft einstelle.

In der Zwischenzeit waren bereits zwei meiner engsten Freundinnen schwanger geworden (beide 38 Jahre alt) – natürlich sofort und bereits im ersten Übungszyklus. Mein Gynäkologe gab mir eine Überweisungzum Andrologen für meinen Mann mit. Dieser stellte fest, dass mein Mann zu wenig Spermien produzierte. Er überwies uns direkt an eine Kinderwunschklinik.

Kinderwunschklinik: ICSI oder Insemination?

Nach drei Monaten hatten wir unseren ersten Termin. Wir waren sehr nervös, aber doch auch sehr zuversichtlich, weil uns endlich geholfen wurde. Der Arzt riet uns umgehend zu einer ICSI, allerdings sollte das Spermiogramm nochmals überprüft werden. Daraufhin änderte er seine Meinung nochmal und empfahl uns, weil es wohl doch nicht so schlecht war, erstmal zwei bis drei Inseminationen zu versuchen.

Nach zwei erfolglosen Inseminationen hat man festgestellt, dass sich links eine Eierstockzyste gebildet hatte. Ich wurde in eine Endometriose-Fachklinik überwiesen. Nach der Operation (Endometriose Grad III-IV – also u.a. mit Darmbefall und Entfernung einer ca. 10 cm großen sog. Schokoladenzyste) haben wir nochmals zwei Inseminationen probiert. Leider erfolglos.

Erstmal Patentante werden statt Mutter

Also alles wieder auf Anfang. Zwei Jahre waren nun schon mit unserem unerfüllten Kinderwunsch vergangen und nicht ein einziges Mal hatte es überhaupt geklappt, schwanger zu werden. Zwischenzeitlich wurde ich sogar als Patentante ernannt. Ein Wirrwarr der Gefühle! Einerseits die Freude, endlich Patentante zu sein (schon im Kindesalter ein großer Wunsch von mir) andererseits die große Traurigkeit über meinen eigenen unerfüllten Kinderwunsch.

Aber wir wollten nicht aufgeben. Während der Stimulation für die ICSI ging es mir zum Glück nicht schlecht. Die Genehmigung war zeitnah da, die Medikamente, das tägliche Spritzen, die vielen Zykluskontrollen waren für mich nicht belastend. Im Gegenteil: ich war voller Vorfreude. Und zwar zurecht, denn ich wurde schwanger.

Schwanger mit Drillingen!

Mir wurden zwei schöne Acht-Zeller eingesetzt. Beim ersten Ultraschall sah man zwei Fruchthöhlen. Beim zweiten Ultraschall sah man… zweieiige Drillinge.

Mit Tränen im Gesicht fuhr ich nach Hause. „Was habe ich nur angestellt?“ – DRILLINGE ???… Mein Mann brach vor mir zusammen. Meine beste Freundin – übrigens die einzige, die von der ganzen Geschichte erfahren hatte – hat so sehr gelacht und mich umarmt und ermutigt, dass wir das schaffen.

Nach ca. drei Tagen war die Freude so groß und wir konnten es gar nicht mehr erwarten, unsere kleinen Racker kennenzulernen. In der 12. SSW hatte ich dann einen großen Ultraschall. Dieser dauerte ca. eine Stunde, zur Besprechung durfte mein Mann mitkommen.

Ein Zwilling gilt als nicht überlebensfähig…

Die Gynäkologin teilte uns hierbei mit, dass eine/r der Zwillinge nicht überlebensfähig sei, der andere nur eine Nabelschnurarterie habe und der Einling kein Nasenbein, Verdacht auf Trisomie 21. Sofort fragte ich, was wir denn jetzt machen könnten.

Nach Rücksprache mit einer Fachklinik wurde dem kranken Zwilling mittels Laser über den Bauch die Nabelschnur durchtrennt. Leider verstarb der andere Zwilling dabei auch. Man vermutet einen späten Teilungsfehler. Wissen wird man es nie. Die beiden toten Babys und den gesunden Einling hatte ich nun im Bauch. Der Verdacht auf Trisomie wurde zurückgenommen, da das Nasenbein dann doch sichtbar war. Dies geschah in der 14. SSW.

Die nächsten zwei Wochen waren sehr kritisch. Immer stand auch noch ein Komplettabgang im Raum. Nach 10 Wochen sollte meine Gebärmutter, wenn alles gut ginge, das „tote Material“ wieder aufgenommen haben. Die Vorstellung, dass mein Körper die Zwillinge wieder aufnimmt, war für mich irgendwie schön und tröstend und ich konnte gut damit zurechtkommen. Im Ultraschall konnte man in den kommenden Wochen immer mehr die Rückbildung beobachten. Mein Haus-Gynäkologe konnte mich nun als ganz „normale“ Einlings-Schwangere behandeln. 

Die Hiobsbotschaften halten an

Doch plötzlich verspürte ich eines Nachts Übelkeit, Druck im Unterbauch, etwas wie kleine Wehen, ich ging zur Toilette – und hatte einen Fruchtwasserabgang. Sofort ging es für mich ins Krankenhaus. Weiter mit dem Rettungsdienst in eine Spezialklinik mit Kinderintensivbetten. Im Kreißsaal hatte ich dann im Bad einen Abgang des Minirestes des toten Gewebes. Dem Einling ging es aber gut! Das war die Hauptsache.

Und nach einer Woche Antibiose, Bettruhe, Blutentnahmen, CTGs usw. wurde ich wieder entlassen. Ich solle mich schonen, hieß es, aber ich könne normal weitermachen. Nach nicht mal 12 Stunden hatte ich wieder Wehen, diesmal stärker. Wir fuhren direkt in die Spezialklinik. Der Muttermund war komplett offen. Ich war erst in der 24. SSW. Viel zu früh. Viel zu früh.

Frühgeburt per Notsectio

Ich bekam Wehenhemmer, Magnesium für das Kind, die Lungenreifespritze. Dann brachte man mich wieder in den Kreißsaal, weil ich plötzlich Fieber hatte. Mein Allgemeinzustand verschlechterte sich. Ich bekam ein Lungenödem, Herzrhythmusstörungen, konnte nicht mehr Wasserlassen. Ich hatte eine schwere Infektion. Das Kind musste per Notkaiserschnitt geholt werden, für eine normale Geburt war es zu riskant für das Frühgeborene – auch hatte ich keine Kraft mehr.

Ich bekam eine Vollnarkose und wachte erst auf der Erwachsenen-Intensivstation wieder auf. Da kam auch schon mein Mann. Er zeigte mir die ersten Fotos und sagte „Wir brauchen Milch“. Ja… ich war glücklich, ich hatte keine Angst, ich war voller Überzeugung, dass es schwer werden würde, aber gut.

Unsere kleine Tochter wird geboren!

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Nach 6 Stunden durfte ich endlich auch zu unserer Tochter. Da lag sie, im Brutkasten, ganz klein, zerbrechlich, aber sie war da. Und wir haben uns kennengelernt.

Sie durfte gleich bei mir auf meiner Brust kuscheln. Die Ärzte und Schwestern auf der Intensivstation waren alle so nett, wir fühlten uns sehr wohl. Wir konnten alles fragen, wir durften auch bald mithelfen. Ich bekam wunderbare Tipps für die Milchproduktion, auch das klappte schon bald. Man hat uns darauf vorbereitet, dass es keine leichte Zeit werden wird, mehr Tiefen als Höhen. Dass jederzeit alles vorbei sein könne, erst wenn bis zum normalen Entbindungstermin alles ok wäre und wir nach Hause gehen dürften, wäre die schlimmste Zeit überstanden.

Bluttransfusionen, Darmentzündung, Gehirnblutung

Leider entwickelte sich die Situation dann so, dass die kleine Maus immer wieder mit Infektionen kämpfen musste. Klar, sie hatte die Infektion von mir mitbekommen. Sie brauchte Bluttransfusionen, sie hatte eine Darmentzündung, sie hatte eine kleine Gehirnblutung. Sie brauchte wieder künstliche Beatmung. Aber wir hatten eine Tochter, die wir fütterten (wenn auch über eine Magensonde), mit der wir kuschelten, mit der wir sangen und der wir vorlesen konnten. Sie war unser Ein und Alles.

Mein Mann und ich waren die komplette Zeit im Krankenhaus. Immer bei ihr. Der normale Alltag war vergessen. Es zählten nur wir. Leider hatte sie plötzlich wieder Fieber, die Blutwerte verschlechterten sich. Das Hirnwasser hatte eine Infektion und konnte nicht mehr abfließen. Bei einer OP wäre sie schon aufgrund der kalten Geräte erfroren.

Unsere Tochter macht sich auf den Weg zu ihren Geschwistern…

Schließlich mussten wir unsere Tochter zu ihren kleinen Geschwisterchen gehen lassen. Sie bekam eine Nottaufe. Sie verstarb noch in derselben Nacht, in meinen Händen, auf meiner Brust. Sie schlief ganz friedlich ein. Am nächsten Morgen durften wir sie nochmal waschen, anziehen und für den ewigen Schlaf vorbereiten. Alles war vorbei, alles war friedlich. Die Sonne ging auf und wir fuhren nach Hause. Ohne unser kleines Kind. 

Der Pfarrer, der sie getauft hatte, bereitete ihr eine wunderschöne Abschiedsfeier. Ihre ewige Ruhe fand sie im Familiengrab, wo wir bis heute noch täglich sind. Wir haben jetzt eine kleine Tochter im Himmel, die mit ihren Geschwisterchen auf uns aufpasst. Zu denen wir immer sprechen dürfen. Die immer bei uns sind und doch nicht hier. Von denen wir erzählen, über die wir weinen. Wir sind stolz und traurig zugleich. Die Geschichte hat uns als Paar noch mehr verbunden. Wir können uns jederzeit alles erzählen, wir können uns vertrauen und auf uns verlassen. Wir sind eins. 

Die Kinder haben uns trotzdem so viel gegeben

Viele meiner Freundinnen schätzen das Leben mit den eigenen Kindern nun mehr. Von vielen habe ich gehört: „Wie sehr ich nun nochmal mehr meine Kinder liebe“ – sogar die Intensivschwestern berichteten, dass sie nach Hause kamen und erstmal ihre Kinder umarmten. Und zwar herzlichst, mit Liebe, nicht einfach so eine Umarmung ohne Bedeutung. Mich freut es sehr, wenn ich solche Erfahrungen von anderen höre, das hat unsere kleine Tochter mitgegeben. Sie hat uns alle gelehrt, viel behutsamer mit dem Leben umzugehen, viel dankbarer zu sein. Dinge einfach sein zu lassen und zu vertrauen.

Wie es jetzt weiter geht? Nun, derzeit befinde ich mich im Kryozyklus, nachdem wir drei erfolglose ICSIs im natürlichen Zyklus verkraften mussten. Wir haben erfreulicherweise 12 befruchtete Eizellen eingefroren und wer weiß, vielleicht darf ich schon bald eure Mama-Tipps mit Vorfreude lesen. Schickt uns ein bisschen Glück und Zuversicht vorbei. Denn eins ist klar, einfach wird es für uns nie werden. Die Angst wird unser ständiger Begleiter sein. Aber sie darf hier sein. Alle Gefühle dürfen hier sein. Lasst auch eure Gefühle Teil eures Lebens sein.“

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7 comments

  1. Wie schön du von deinen Kindern schreibst. Ich wünsche euch sehr eine weitere Schwangerschaft und drücke alle Daumen.

  2. Ich drücke euch ganz fest die Daumen. Mit welch besonderer Einstellung ihr das Ganze meistert ist bewundernswert! Toitoitoi für eine kinderreiche Zukunft

  3. Alle Daumen für Euren Weg sind gedrückt und ich wünsche Euch von Herzen, dass Euer Wunsch sich ganz bald erfüllen wird! <3 Die wunderbarsten Schutzengel für das gewünschte Geschwisterchen habt ihr an eurer Seite. Alles alles Gute!

    1. Hallo Kontakt, wenn Sie an einer Kinderadoption interessiert sind. Mein Mann und ich haben von hier aus privat adoptiert. Danke

      Christine

  4. Ich schicke euch eine Riesenportion Glück und Zuversicht für einen erfolgreichen Kryo-Zyklus!
    Wir haben nach einem auch sehr steinigen Weg (4 Fehlgeburten und 8 IVFs) dann endlich bei IVF Nr. 9 dann eine kleine Tochter bekommen. Nicht aufgeben! Ihr schafft das! Aus deinen Worten spürt man so viel Kraft und Willen und Liebe! Ihr werdet tolle Eltern werden!!!
    Viel Glück

  5. Ich habe definituv gerade eine Träne im Auge… und gleichzeitig irgendwie das feste und tröstende Gefühl, dass es noch weitere Geschwister bei euch geben wird. ALLES, alles Gute für euch!!!! Ich wünsche es euch SEHR!

  6. Das Leben kann so ungerecht sein. Wahnsinn, was ihr durchmachen musstet. Ich wünsche euch so sehr, dass in ein paar Monaten wieder ein Text von euch bei StadtLandMama zu lesen sein wird, diesmal über eine perfekt verlaufende, unkomplizierte Schwangerschaft mit Happy End!

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