Ihr Lieben, es war wohl deine der Geschichte, die uns im letzten Jahr am meisten Gänsehaut beschert hat: Miri hat ihr Baby auf der Corona-Intensivstation bekommen. Sie war mit ihrem sechsten Wunder schwanger, als sie schwer an Covid erkrankte, sie beschrieb es als bei uns ihren Weg durch die „Corona-Hölle“.
Ihr Kind musste in der 29. Woche per Kaiserschnitt geholt werden, während sie selbst um ihr Leben kämpfte. An den Tag der Geburt und die vier Tage danach hat Miri keinerlei Erinnerungen mehr. Ihr kleiner Leo wurde am 25.11. geboren, am 15.12. durfte Miri ihn endlich, endlich zum ersten Mal sehen… 20 Tage nach dem Kaiserschnitt und als sie endlich wieder negativ war.
Ganz langsam findet sie nun zurück ins Leben. Die erste Treppe, die sie zu laufen schafft: Ein Riesenerfolg. Ihre Alpträume werden weniger – und irgendwann wird sogar Leo aus dem Krankenhaus entlassen…
Liebe Miri, das Jahr 2021 war bei dir schon ein wahnsinniges. Wie geht es dir heute?
Oh, vielen lieben Dank für die Nachfrage. Mir geht es – zumindest körperlich – wieder sehr gut. Auch alle Tests und Nachuntersuchungen ergaben, dass ich vollständig genesen bin. Psychisch gibt es wechselnde Phasen. Mal denk ich gar nicht dran und manchmal stehen mir die Tränen in den Augen und ich bin so dankbar, noch am Leben sein zu dürfen. Zuletzt etwa bei der Einschulung unseres Sohnes Louis.
Nach wie vielen Wochen oder Monaten hattest du das Gefühl, wieder halbwegs die Alte zu sein?
In Wochen weiß ich das jetzt nicht mehr so genau, aber Ende März, Anfang April war körperlich wieder alles super. Psychisch werde ich sicher nicht wieder die Alte, aber das muss auch nicht sein. Man lernt das Leben wieder mehr zu genießen und dankbarer zu sein.
Wie geht es Leo heute?
Leo hat sich super entwickelt. Man sieht nicht mehr viel von seinem schweren Start ins Leben. Klar ist er motorisch noch etwas hinterher und kann mit fast 10 Monaten noch lange nicht sitzen, krabbeln, aber er bekommt von uns alle Zeit, die er braucht. Wir waren jetzt bei der Kinderärztin und da wog der kleine große Mann schon 8510 Gramm. Mit 1700 Gramm ist er auf die Welt gekommen. An Therapien hat er nur noch Physio und bekommt Eisentropfen.
Wann wurde Leo aus der Klinik entlassen und was war das für ein Gefühl für dich?
Leo wurde am 01.02.22 entlassen. Drei Nächte bevor er heim konnte, durfte ich noch mit zu ihm auf die Station „ziehen“. Da konnten wir uns nochmal so richtig kennenlernen und da durfte ich ihn auch endlich ohne Maske riechen und knutschen. Bei Besuchen auf der Station musste man ja immer FFP2-Maske tragen.
Ich hatte große Angst, ihn mit nach Hause zu nehmen, da er immer noch Schwierigkeiten mit dem Trinken hatte und auch die Monitore haben ab und zu noch Alarm geschlagen. Leo hat zwar auch einen Monitor für zu Hause bekommen, aber die Verantwortung war schon immens.
Wie haben die Geschwister auf das neue Familienmitglied reagiert?
Die Kids waren völlig aus dem Häuschen vor Freude. Alle wollten Leo auf den Arm nehmen und bekuscheln – am meisten hat sich aber unsere Tochter gefreut. Sie weicht ihm bis heute nicht von der Seite. Louis war eher froh, dass die Mama endlich nicht mehr ins Krankenhaus musste.
Erinner dich doch für uns nochmal an den Moment, in dem du deinen Leo zum ersten Mal sehen durftest…
Um ehrlich zu sein war es ein verwirrendes Gefühl. Natürlich absolute Freude aber auch ganz viel Angst, Traurigkeit und Hilflosigkeit.
Dein Mann hat sehr um dich gebangt, es war nicht klar, ob du deine Corona-Erkrankung überleben würdest. Wie hat er all das verarbeitet? Hat er Hilfe, sprecht ihr miteinander darüber?
Mein Mann redet da nicht wirklich drüber. Er sagt nur, dass die Kids zu Hause ihn über Wasser gehalten haben. Er hatte keine Zeit, um lange über alles nachzudenken. Er musste einfach funktionieren. An dem Tag, als es besonders schlecht für mich aussah, hat mein Vater bei ihm und den Kids übernachtet und seine Eltern waren auch fast täglich da und haben Wäsche gewaschen und auf die Kids aufgepasst, damit mein Mann Leo besuchen konnte. An dem Tag als ich ins Koma gelegt wurde und Leo geholt werden musste, hatte mein Papa seinen 60. Geburtstag…
Du konntest lange nicht dein normales Leben leben, dich nicht um die Kinder kümmern, nicht arbeiten, hattet ihr irgendwelche Hilfen? Haushaltshilfen, finanzielle Hilfen?
Mein Mann war die ganze Zeit zu Hause und seine Eltern waren fast täglich bei ihm. Meine Mutter wohnt leider zu weit weg (Österreich, Nähe Wien) sie hat meinem Mann aber beim Weihnachtsgeschenke bestellen geholfen. Ich war ja quasi die gesamte Vor- und Weihnachtszeit aus dem Rennen.
Meine Schwägerin hat über Insta Frühchenkleidung für Leo organisiert und bekommen. Ich war total geflasht und dankbar, da wir sonst nicht so den großen Kontakt haben. Aber wenn es hart auf hart kommt hält unsere Familie zusammen. Haushaltshilfe oder finanzielle Hilfe hatten wir keine.
Wenn du jetzt mit etwas Abstand zurückblickst: Was konntest du aus dieser Extremsituation lernen oder mitnehmen für dein weiteres Leben?
Auch wenn es abgedroschen klingt, aber Gesundheit ist das A und O.
Wie sieht euer aktueller Alltag aus?
Mein Mann geht arbeiten, zwei Kids sind in der Schule und ich bin mit den drei kleinen Kindern zu Hause.
Was wünschst du dir für eure Zukunft?
Ich hab da eigentlich keine großen Wünsche. Man sollte viel mehr im Hier und Jetzt leben, da man eh nicht weiß, ob man nächste Woche noch da ist.
Aber ich wünsche mir, dass die Arbeit der Pflegekräfte einen viel höheren Stellenwert bekommen. Ohne sie gäbe es mich, Leo und viele andere Menschen nicht mehr. Danke, dass euch gibt und ihr ein großes Stück eures eigenes Leben für andere hergebt.
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Wow. Für dich und deine Geschichte. Für deinen Mann. Für euren kleinen Sohn und eure ganze Familie. Für deinen letzten Absatz. Alles, alles Gute für euch!!!!