Ihr Lieben, immer wieder erreichen uns Fragen, wie wir denn mit dem Medienkonsum unserer Kinder umgehen, welche Regeln es bei uns gibt und welche Erfahrungen wir mit ihnen im Dschungel der Digitalen gesammelt haben. Es ist wirklich schon lange her, dass unsere Kinder noch keine eigenen Geräte hatten, aber ab und zu mal ein Spiel auf dem Tablet des Vaters spielten, auf dem In-App-Käufe möglich waren (man kann sie ausschalten… STELLT SIE AUS!).
Was uns da passiert ist, sollte euch eine Warnung sein. Wir schalteten sogar die Polizei ein. Um dann zu erfahren: Hier lag gar kein krimineller Akt vor… And that´s the story:
Merkwürdige Abbuchungen vom Konto
Es waren mehrere Abbuchungen auf dem Konto, die uns stutzig machten. Hier mal 9,95 Euro, da mal 79 Euro. Wir gingen zur Polizei. Doch kurze Zeit später kamen die Rechnungen: Kein Krimineller hatte unser Konto geschröpft, nein, unsere Kinder hatten per App auf dem Ipad schlicht virtuelles Heu für ihre unechten Kühe im Bauernhofspiel gekauft: Für sage und schreibe 500 Euro.
In-App-Käufe? Hatten wir noch nie gehört. Unsere Kinder hatten sich Zugang zum Itunes-Passwort verschafft (oder war es gar voreingestellt?!) und fröhlich auf „kaufen“ geklickt, um das nächste Level zu erreichen. Unser erstes Reflex: Nie wieder Ipad. Das ist natürlich Quatsch! Gerade zu diesem Zeitpunkt, an dem wir diese Erfahrung gemacht hatten, müssten wir uns mit den Kindern hinsetzen und mit ihnen zusammen über das Spiel sprechen, ihnen erklären, was es bedeutet, auf „kaufen“ zu klicken und sie kompetent machen – sie für das Digitale sensibilisieren. Die 500 Euro mussten wir nicht zahlen, eine kulante Regelung, weil die Firma selbst raffte, dass es viel zu einfach für Kinder war, sich Zugang zu verschaffen. Dieses Mal mussten wir also nicht zahlen! Aber das nächste Online-Spiel würde ja bestimmt kommen.
500 Euro Rechnung durch In-App-Käufe
Wir leben in einer Zeit, in der das Digitale zum Alltag gehört. Es geht längst nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie: Wie vermitteln wir unseren Kindern den Umgang mit den neuen Möglichkeiten? Wie bringen wir ihnen bei, das Gute zu nutzen und die Gefahren zu meiden? Das Vertrackte ist, dass auch wir noch frealtiv neu im Business und damit nicht aufgewachsen sind. Das führt zu einer großen Verunsicherung, ja, sogar Angst. Das ist nicht per se schlecht, Angst schützt uns vor Neuem: Wir streicheln ja auch keine fremden Hunde. Wir müssen sie kennenlernen, uns mit ihnen beschäftigen um unsere Furcht zu verlieren. Das gilt auch für´s Netz.
Mit dem Internet öffnet sich uns eine neue Welt, für die es keine allgemeingültige Bedienungsanleitung gibt. Wir müssen uns selbst die Regeln aufstellen und Grenzen setzen. Wie schwierig das sein kann, zeigt etwa die Diskussion von Eltern um das Zeigen von Kinderfotos. Die einen meinen: Kinder dürfen nicht ausgegrenzt werden – auch nicht im Netz. Die anderen sagen, unsere Kinder müssen geschützt werden und sollen später selbst entscheiden, ob es online Fotos von ihnen gibt oder nicht.
Die Debatte wird sehr emotional geführt. Weil es eben nicht die eine richtige Lösung für alle gibt. Und weil das Netz nicht vergisst! Einmal hochgeladen, ist ein Foto nicht leicht aus dem Netz zu entfernen.
Digitale Fußabdrücke
Wir hinterlassen digitale Fußabdrücke durch unser Online-Verhalten. Und ja, auch das mag uns Angst machen. Aber es hat auch sein Gutes. Wenn plötzlich sämtliche Fotos der Klassenfahrt durch einen Computer-Absturz verloren sind und wir sie in der Cloud wiederfinden. Wenn uns das Smartphone an den Geburtstag der Schwiegermutter erinnert oder wir unsere Termine per App mit denen des Partners abstimmen können. Oder einfach hier auf Stadt Land Mama in den Austausch und Abgleich kommen können… Wie bei fast allem gibt es positive und negative Seiten. Es gibt Studien und Gegenstudien zum Thema Kinder und Medien. Am Ende liegt es an uns, einen sinnvollen Umgang mit den Medien zu vermitteln.
Und unser Gefühl muss stimmen. „Jede Familie hat ihre eigene Logik und ihre ganz eigene Situation, ich glaube bei solchen Themen generell nur bedingt an die Übertragbarkeit“, schreibt Maximilian Buddenbohm in seinem Blog „Buddenbohm und Söhne“. Wohl aber gibt es eine Übertragbarkeit der analogen Werte einer Familie auf die digitalen. Wer seinen Kindern beibringt, im analogen Leben nicht mit Fremden mitzugehen, wird seinem Kind auch im Digitalen empfehlen, keine Freundschaftsanfragen von Unbekannten anzunehmen.
Den Umgang mit den Medien definiert jede Familie selbst
Wer Wert auf eigene Gedanken und Reflexion legt, wird es nicht gutheißen, wenn das Kind die gesamte Hausaufgabe bei Wikipedia abschreibt. Wer Wert darauf legt, Geschichten vom Pausenhof zu hören, wird auch nach dem letzten Chat des Kindes fragen. Und ihm erklären, dass die Chatpartnerin vielleicht tatsächlich Lilli, 13, war, die Pferde mag. Vielleicht aber auch der ungeduschte Nachbar von gegenüber.
Den Umgang mit den digitalen Möglichkeiten definiert jede Familie selbst. Wir können Dinge erklären und unsere Kinder begleiten. Wir können Vorbilder sein: Warum sollte das im Digitalen auch anders sein als im Analogen? Wenn ich bei Gesprächen heimlich auf das Smartphone schaue, werden das auch meine Kinder tun. Wenn ich konsequent handyfreie Zeiten im Alltag einbaue, wird das auch bei den Kindern möglich sein (hoffentlich!). Ich kann ihnen auch vermitteln, wie gut es sich anfühlt, wenn man eine Nachricht schickt, dass man gut angekommen ist. Auf der Dienstreise. Oder auf der Klassenfahrt.
Das Digitale hat aber auch positive Seiten
Als selbst netzaffine Mutter freue ich mich darüber, wie viele Warums meiner Kinder ich dank stets verfügbarem Netz schon beantworten konnte – zur Erdanziehungskraft, zum Mauerfall und zum Balzverhalten von Regenwürmern. Für das Referat über das Lieblingsbuch kann ich meinen Kindern (die vielleicht selbst noch kein Handy haben) anbieten, die Autorin via Facebook einfach um ein Kurz-Interview zu bitten. Es freut mich auch, dass sie gern Bücher lesen, weil sie danach in einem tollen Programm online Fragen dazu beantworten und sich anschließend eine Urkunde ausdrucken können.
Für mich förderte das Smartphone auch schon früh die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, weil ich Nachfragen von Kollegen schnell vom Spielplatz aus beantworten konnte, während die Kids mit den Nachbarsjungen kickten. Andere werden genau das doof finden – auch diese Einstellung ist okay. Jeder schaut eben, wie die eigene Familie die neuen Möglichkeiten so nutzen kann, dass es für alle in Ordnung ist.
Wie wäre es also, wenn wir nicht länger von „Netzgefahr“ sondern vom „Netzlernen“ sprechen? Das passt doch viel besser zu der Geschichte vom virtuellen Heu, das meine Kinder für analoge 500 Euro gekauft haben. Es war ein Lernprozess – für uns alle. Und wer holt sich nicht auch beim Laufen lernen mal eine kleine Schramme … und steht dann wieder auf um weiterzulaufen?!
2 comments
Also ich empfinde 500 € schon als ganz schön erheblichen Schaden. Also ich würde das nicht sehr witzig finden. Aber da haben wir tatsächlich stark bei unseren Kindern drauf aufgepasst und frühzeitig erklärt, was das bedeutet und das sie uns fragen sollen, wenn ein unerwartetes Kästchen aufgeht. Bei meiner großen hat das super geklappt, beim kleinen haben wir gleich auf Passwortschutz gesetzt. Da ist eben auch jedes Kind wieder anders.
Wir haben im Freundeskreis aber auch komplett unterschiedliche Meinungen und Ansichten. Wie auch beschrieben, muss da jede Familie für sich den richtigen Weg finden. Wenn Kinder aber am Ende lieber vorm Tablet als mit ihrem Spielzeug spielen, dann sollte man schon eine Grenze ziehen. So zumindest meine Meinung. Digitaldetox und so… 😉
Ich denke auch es ist ein Lernprozess für uns alle – aber ich möchte gerne in diesem Lernprozess meinen Kindern immer einen Schritt voraus sein. Aus Unwissenheit virtuelles Heu für 500 € kaufen, finde ich noch einen verhältnismäßig geringen Schaden. Im Grundschulalter versentlich auf pornographisches Material zu stoßen halte ich für eine reale Gefahr. Ich finde es echt wichtig, dass wir uns selbst in der Medienwelt echt gut auskennen und uns sämtlicher Einstellungen auf den digitalen Geräten bewusst sind (wo sind in-App Käufe erlaubt, was ist wo passwortgeschützt, wie lässt sich welcher Passwortschutz umgehen, welche Apps lassen sich herunterladen, etc.), bevor unsere Kinder alleine ein digitales Gerät nutzen (und sei es nur, dass sie 10 Minuten lang nach ihrem Lieblingsdino googlen dürfen – in 10 Minuten kann man viel Quatsch finden, den einen nachhaltig verstören kann…)