Ihr Lieben, dass Corona was mit den allermeisten Kindern gemacht hat, steht wohl außer Frage. Unsere Kinder mussten viele Einschnitte hinnehmen, konnten wochenlang nicht ein die Schule oder zu ihren Hobbys. Und wir Eltern haben uns zerrissen, um alle Bälle in der Luft zu halten. Nun ist das Schuljahr (fast) rum und wir können Bilanz ziehen, wie sich Homeschooling auf unsere Kinder ausgewirkt hat. Deshalb haben wir auf unserer Facebook-Seite gefragt, wessen Kind die Klasse nun wiederholen wird – und haben viele viele Zuschriften bekommen. Zwei Geschichten werden wir euch erzählen. Die erste ist die von Helena und ihrer Tochter….
Liebe Helena, deine Tochter geht in die zweite Klasse. Erzähl mal, was für ein Schulkind deine Tochter VOR der Pandemie war.
Sie ist vor der Pandemie auf jeden Fall gerne zur Schule gegangen und war motiviert. Sie ist auch bei allem sehr gut mitgekommen und das Lernen fiel ihr bis dahin leicht.
Dann kam Corona. Wie sah euer Homeschooling aus?
Das Homeschooling bestand im ersten Lockdown nur aus Arbeitsblättern, die abzuarbeiten waren. Eine Rückmeldung an die Lehrerin, ob die Blätter überhaupt bearbeitet wurden, wurde nicht verlangt. Dementsprechend kam auch keine Rückmeldung von der Lehrerin zu den erledigten Aufgaben…
Am Anfang war das alles noch spannend und neu und es lief ganz gut. Die Motivation lies aber nach 4/5 Wochen merklich nach. Dazu kam dann in unserem speziellen Fall noch ein Wechsel der Klassenlehrerin mitten im Lockdown. Die „Übergabe“ fand bei einer Miniverabschiedung mit Abstand vor der Schule und einer Videokonferenz statt. Im zweiten Lockdown gab es immerhin kleine Videokonferenzen von 30 Minuten 2-5 mal pro Woche, je nachdem, ob die Lehrer und Lehrerinnen in der Notbetreuung gebraucht wurden oder nicht. Das einzig Positive war meine Kurzarbeit und Homeoffice vom Papa. So hatten wir wenigstens kein Betreuungsproblem.
Wie hat deine Tochter die Schulschließungen psychisch weggesteckt?
Sie hat die anderen Kinder und das gemeinsame Lernen sehr vermisst. Ihre Motivation wurde immer schlechter und wir saßen teilweise bis nachmittags 16 Uhr an den Aufgaben. Mama, ich hab Hunger, Mama, ich brauch eine kurze Pause, Mama meine Hand tut schon weh usw. usw.
Ich war mehr Motivator als Lehrende. Sie hat auch keine Aufgabe mehr alleine bearbeitet, einer von uns musste die ganze Zeit neben ihr sitzen. Ohne meine Kurzarbeit ( ich habe noch 1 Tag/Woche gearbeitet) wäre das absolut gar nicht möglich gewesen. Wir haben uns während des Lockdowns mit einer anderen Familie getroffen, weil meine Tochter einfach den Ausgleich des Spielens mit anderen Kindern brauchte…
Wo bist du mit dem Homeschooling an deine Grenzen geraten?
Es gab fast täglich Streit und Tränen – und zwar nicht nur beim Kind. Wir sind zwar keine Akademiker, aber ich habe Abitur und wir verdienen ganz gut und konnten sehr viel mit unserer Tochter zusammen arbeiten. Und TROTZDEM war das alles eine Katastrophe. Unsere Beziehung hat sehr gelitten und wir schwankten immer zwischen „das Kind muss was lernen“ und “ die Beziehung ist wichtiger“. Sie hat immer mehr die Lust verloren und ich wusste nicht mehr, wie ich das Kind noch motivieren kann. In den Studien liest man meist nur, dass sozial benachteiligte Kinder den Anschluss verloren hätten, das stimmt aber sicher nicht.
Manchmal denke ich, dass der ganze Zoff auch nur meine Schuld war. Ich frage mich ständig: war ich zu streng und habe zu viel gefordert und sie hat deshalb die Lust verloren? Oder: War ich zu locker und hätte noch strenger sein müssen und sie zum arbeiten zwingen müssen auch unter Tränen? Als Eltern und vor allem Mutter kann man ja eh immer alles nur falsch machen.
Wie hat sich die schulische Leistung deiner Tochter im letzten Jahr verändert?
Die 2.Klässler bekommen ja jetzt im Zeugnis zum ersten Mal Noten, weshalb natürlich jetzt noch einige Lernstandskontrollen geschrieben wurden. Da gab es jetzt einige 3-4 oder 4. Es ist nicht unbedingt so, dass sie den Stoff gar nicht kann. Aber die 2.Klässler haben diese ganze Schulsituation ja noch gar nicht richtig kennengelernt. Bei ihr hängt auch viel daran, dass sie sich nicht richtig konzentrieren kann und sich von ihren MitschülerInnen leicht ablenken lässt.
Nun habt ihr noch ein paar Wochen Schule, aber ihr überlegt bereit, ob sie die zweite Klasse wiederholt. Warum?
Sie ist ein Juli Kind, also bei den jüngeren, es wäre also vom Alter her nicht schlimm. Wir denken, es könnte einen Motivationsschub sein, wenn sie mal die „Beste“ wäre statt die Schlechteste. Allerdings wäre sie dann halt nicht mehr mit ihren Freundinnen in einer Klasse, was sie dann wohl auch belasten wird. Die Schule ist da aber sehr hilfsbereit und flexibel. Wir können das wohl auch erst nach den Ferien entscheiden…
Was sagt deine Tochter dazu?
Sie möchte in ihrer Klasse bleiben. Sie hat, so glaube ich, auch einfach noch nicht verstanden, dass Schule wichtig ist. Wie auch, wenn die letzten Monate Schule so unwichtig war? Zudem fallen auch jetzt, wo wieder Präsenzunterricht ist, viele Stunden aus, weil Lehrerinnen krank sind. Dies war schon vor Corona ein Problem und ist es immer noch. Sie ist eigentlich sehr wißbegierig, stellt viele Fragen, möchte Experimente machen usw. Inzwischen hasst sie Mathe und hat auch keine Lust mehr auf lesen….
10 comments
Das Jahr war für viele echt nicht einfach, meine Tochter (2. Klasse) hat auch das ein und andere nicht gemacht, weil sie teilweise so unmotiviert war, dass es mehr kaputt gemacht hätte, wenn ich sie gezwungen hätte.
Wir sollten nicht vergessen, dass Kinder unglaublich flexibel sind und vieles auch schnell aufholen können. Wenn in der dritten Klasse es (hoffentlich) normal weiter geht, und wieder eine Beziehung zur Lehrerin da ist, werden die Kleinen schnell aufholen können.
Alles Gute euch! Und die richtige Entscheidung!
Sollte das normale Leben wirklich auch nach den Ferien so weitergehen, wird deine Tochter (so wie Du sie und die Situation schilderst) wieder schnell aufholen. Kinder in dem Alter sind sehr flexibel. Solltest Du Ende des Halbjahres merken, dass sie wirklich nicht aufgeholt hat, kann sie ja auch im Halbjahr in die 2. Klasse wechseln…zu dem Zeitpunkt wird sie dann auch besser verstehen warum die Wiederholung nötig ist.
Deine Tochter war kaum in der Schule, kennt Ihre neue Lehrerin nicht, ist doch verständlich dass sie „bockt“.Mit Lerndefiziten wird sie das nicht in Verbindung bringen, sonder auf sich beziehen.
Dem Kommentar von Blüte möchte ich noch hinzufügen, dass man mal schauen müsste, wie es dem Rest der Klasse geht. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele solche Schwierigkeiten haben und vielleicht müsste man dann eher schauen, ob es eine Art Förderangebot für die gesamte Klsse geben kann…
Wir haben mit unserem Sohn, vor ein paar Tagen 8 Jahre alt geworden, dass selbe durch. Im Homeschooling hat er sich sogar noch recht gut geschlafen, aber auch nur, weil er durch mich meistens eine 1:1 Betreuung hatte. Auch bei ihm hat mitten in der zweiten Klasse, seine Klassenlehrerin wegen Schwangerschaft aufgehört und es hat ewig gedauert, bis endlich jemand neues für die Klasse zuständig war.
In der Schule ist es jetzt so, dass er beim freien Schreiben und Rechnen Probleme hat, bzw. sich in der Schule unter Druck setzt und dann gar nichts mehr klappt.
Wir haben jetzt am Montag in einem langen Gespräch mit der Lehrerin beschlossen, dass er die 2.Klasse wiederholt. Wir haben einfach Angst, dass der Druck für ihn noch größer wird, wenn nach den Ferien, die Arbeiten und Tests auch noch benotet werden. Zudem bekommt er dann schon wieder eine neue Klassenlehrerin…
So hat er jetzt ein Jahr mehr Zeit, die Grundlagen in Mathe noch einmal zu lernen und das ohne viel Druck.
Natürlich war er nicht begeistert und ist auch erstmal schreiend durchs Haus gelaufen, aber schon ein Tag später, hat er sich damit halbwegs abgefunden. Er hat schon Angst, dass er jetzt der Älteste und Größte die ganze Zeit ist und sich die neue Klasse über ihn lustig macht oder so. Allerdings hat er auch festgestellt, nachdem er es seinen Freunden gesagt hat, dass keiner ihn doof behandelt hat oder ähnliches. Sie stehen alle hinter ihm und wollen auch weiterhin mit ihm befreundet bleiben etc.
Ich bin mir mittlerweile sicher, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben. Aber letzten Endes können wir das erst nächstes Jahr bestätigen oder nicht.
Alles Gute für Eure Entscheidung. Ihr werdet schon das richtige für euer Kind machen.
Also da kannst Du ihn trösten: Über den ältesten, größten und stärksten der Klasse machen sich die anderen Kinder normalerweise eher nicht lustig, weil der sich im Zweifel schon durch seine überlegene Körperlichkeit wehren kann.
Hallo, ich habe ja zu Hause eine Erstklässlerin und beobachte auch, wie sehr sich ihr Start in die Schulzeit im Vergleich zum Bruder, der nun Viertklässler ist, durch Corona unterschieden hat. Die Kinder waren noch überhaupt nicht im Klassenverband angekommen. Haben bisher nur Arbeitshefte abarbeiten als Lernen erlebt. Auch den ganzen Fachunterricht wie z. B. Werken, Musik, Kunst und Schulgarten kaum erlebt. Bisher hatte meine Tochter nur einen halben Wandertag und einen Unterrichtsausflug zur Klassenbildung erlebt. Den fand sie toll! Sie hat mehr oder weniger das Lesen selber gelernt, die Buchstaben und Druckschrift auch. In Mathe kommt sie auch gut klar und trotzdem ist sie nicht wirklich motiviert, leider! Aber wie auch, Schule ist bei ihr als Stillsitzen und Arbeitshefte durcharbeiten angekommen. Hin und wieder gab es mal ein Video… Doch all die schönen Erlebnisse, wie auch ein Sportfest und auch all die anderen Feste im Jahreskreis hat sie nicht in der Schule erlebt! Unsere Kinder gehen in ein Deutsch- Französisches Schulzentrum, da wird normalerweise auch Epiphanias gefeiert und der Klassenkönig und die Königin gekürt, deren Bilder mit Krone hängen dann das ganze Jahr an einer Wandzeitung, Élysée- Tag gefeiert usw… wir haben uns zu Hause bemüht das auch zu tun, doch das ist nicht das Gleiche! Zum Glück konnte wenigstens im Klassenverband der Schulgeburtstag gefeiert. Naja, was ich sagen will ist: Mein Sohn fühlt sich als Teil seiner Schule, liebt jeden Tag dort. Meine Tochter geht zum Lernen hin. Sie meinte jetzt zu mir, jetzt kann ich lesen und etwas rechnen. In der zweiten Klasse lerne ich noch Schreibschrift und besser rechnen, dann bin ich eigentlich fertig! Warum sollte ich da noch öfter hin. Ist das nicht traurig? Es darf im nächsten Schuljahr einfach nicht wieder so weit kommen, dass die Schulen schließen! Mir tut auch die Geschichte der Schreiberin so leid! Eigentlich müssten einfach alle Kinder, wenigstens die Grundschüler da letzte Jahr wiederholen können, aber nicht nur um Stoff zu pauken, sondern um all die ausgefallenen Wandertage und Schulfeste und Sportfeste nachzuholen, die Zweifelderball- Turniere gegen die Nachbarschulen etc… all das was die Schule zu lebendigen Lernort werden lässt!
Leider geht es vielen Kindern so, dass die Lücken inzwischen echt groß sind. Ich kenne zum Beispiel ein Kind, das zu Hause keinen Laptop hatte, um online zu lernen … Alles lief über die Lernplattform. Ich habe sogar selbst die Schule angerufen und nach Laptops zum Ausleihen gefragt – gab es nicht. So wurden sicher viele Kinder über Monate hinweg hängen gelassen. Natürlich kann man sagen: da sind auch die Eltern schuld; man könne sich anders organisieren. Aber das hilft den betroffenen Kindern leider überhaupt nicht.
Mir fällt dazu ganz viel ein, vor allem Fragen bzw. Anregungen, weil ich das Kind ja nicht kenne.
Grundsätzlich sind Noten im Bereich 3 oder auch 3-4 absolut kein Grund, eine Klasse zu wiederholen, unabhängig vom Homeschooling.
Unabhängig von den Noten sollte die SCHULE eine begründete Meinung zu dem Thema abgeben, „flexibel“ zu sein und die Entscheidung den Eltern zu überlassen, hilft nicht.
Die Lehrerin sollte eine Aussage dazu machen können, ob der Lese- und Schreiblehrgang erfolgreich abgeschlossen wurde, ob er Zahlenraum bis 100 erfasst ist und die Rechenoperationen in diesem Bereich klappen. Solche Sachen. Nur wenn das alles funktioniert, ist ein Wechsel in Klasse 3 sinnvoll.
Es sollte aber auch festgestellt werden, ob das Arbeits- und Sozialverhalten einen Wechsel in Klasse 3 erlaubt.
Auf Basis solcher kompetenter Einschätzungen der Lehrkraft können die Eltern dann eine Entscheidung treffen, was das Beste für das Kind ist.
Ich habe selbst noch NIE ein Kind erlebt (egal welchen Alters), das wiederholen WOLLTE, völlig unabhängig davon, wie sinnvoll das wäre. Die Kinder wollen die Klasse nicht verlieren, den vertrauten Klassenraum, die Lehrerin usw. Das ist alles legitim, kann aber am Schluss nicht ausschlaggebend für die Entscheidung für oder gegen eine Wiederholung sein, die müssen die Lehrerin und die Eltern gemeinsam auf der Basis anderer Fakten treffen, FÜR das Kind.
Die derzeitigen Zweitklässler sind die ABSOLUTEN Verlierer der coronabedingten Schulkatastrohe. Letztes Jahr im März mitten im wichtigen Lernprozess der ersten Klasse gestört, sei es im Lesen, im Schreiben oder im Rechen. Da fehlte vielen schon die Grundlage für Klasse 2. Und kaum war man dort angekommen, war es schon wieder vorbei.
Insofern könnte eine Wiederholung absolut Sinn machen, aber ich würde die Schule ins Boot holen und auf einer begründeten Einschätzung bestehen, die dann Grundlage für eure Entscheidung ist.
UND… ich würde die Entscheidung vor den Ferien treffen, so oder so. Dann kann das Mädchen unter klaren Verhältnissen im neuen Schuljahr anfangen und hängt nicht schon wieder in der Luft, DAS hatte das Kind nun wirklich genug.
Alles Gute für eure Entscheidung!
Ein großartiger Kommentar, Blüte.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ich wünsche dir, liebe Helena, dass ihr auf dieser Basis die für euer Kind richtige Entscheidung treffen könnt. Falls es von Seiten der Schule keine qualifizierten Aussagen gibt, besteht die Möglichkeit anhand o.g. Kriterien, eure Tochter selbst zu „testen“.
Auf keinen Fall jedoch solltet ihr eurer Tochter die alleinige Entscheidung überlassen. Diese Entscheidung kann sie gar nicht treffen und würde sie maßlos überfordern.
Alles Gute!!
Ich habe aktuell eine zweite Klasse und sehe das ganz genauso!