Kind, Beruf, Haushalt, Partner: Muttersein ist ein Fulltime-Job. Mama sein etwas ganz Wunderbares, kurz gesagt das schönste Gefühl und gleichzeitig die größte Herausforderung im Leben. Denn neben all der Liebe und Fürsorge für die eigenen Kinder ist es nicht immer leicht, die eigenen Bedürfnisse im Blick zu behalten. Ich habe mir vor drei Jahren zunehmend die Frage gestellt, wer ich eigentlich bin, also abseits des Mama Daseins. Innerlich fühlte mich überfordert, kraftlos und leer. Doch was soll man tun, wenn alles zu viel wird und die Erschöpfungsspirale stetig nach unten läuft?
Fakt ist: Burnout kann jeden Menschen treffen, der unter Dauerstress steht. Lange galt Burnout irrtümlich als klassische Managerkrankheit. Doch auch Mütter – die oft die Familienmanager sind – leiden am Zustand innerer Erschöpfung und Kraftlosigkeit. Die Gründe dafür sind vielfältig: oftmals hoher Leistungs- und ständiger Zeitdruck bei gleichzeitig fehlenden Ruhepausen. Und das geschieht nicht nur, sofern Frau neben der Rolle als Mama, Ehefrau und Haushälterin auch noch ihrem Beruf mit all seinen Herausforderungen nachgeht. Selbst als „Nur-Hausfrau“ können einem die Erwartungen, die andere und man selbst an sich stellen, nach und nach in die Knie zwingen.
Ein Erfahrungsbericht: Mama sein ist die größte Herausforderung
Als ich Anfang 2017 meine ersten Burnout-Symptome wahrnahm, traf es mich nicht aus heiterem Himmel. Ich hatte mich bereits seit mehreren Jahren mit Stress und Burnout beschäftigt. Mein Sohn war 2007 direkt nach der Geburt an schwerer Neurodermitis erkrankt, und recht schnell begriff ich, dass die Krankheit bei uns vor allem stressbedingt war. Er spiegelte meinen Stress wider. Ich wusste das, aber ich konnte es zum damaligen Zeitpunkt nicht ändern. Mein Leben war einfach so.
Ich war Mutter, Hausfrau, Ehefrau und daneben auch noch Unternehmerin mit mehreren Angestellten. Ich war erfolgreich – jedenfalls von außen betrachtet. Ich hatte es „geschafft“. Aber innerlich war ich leer und fühlte mich ausgebrannt. Nichts interessierte mich mehr wirklich, nichts machte mir mehr Freude. Ich funktionierte nur noch. Selbst meine Hobbys, für die ich mir weiterhin Zeit nahm, waren nur noch ein weiterer Punkt auf meiner To-do-Liste. Es war schrecklich und schmerzhaft zugleich, denn die Lebensfreude sank damit. Gleichzeitig nahm der innere Druck zu, glücklich zu sein und keine Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Denn eigentlich hatte ich alles, wovon ich immer träumte: eine eigene Familie.
Erste Lektion: „Du musst nicht immer perfekt sein!“
Burnout ist eine tiefe emotionale, mentale und oft auch körperliche Erschöpfung. Die Erschöpfungsdepression ist nicht lustig, weder für die Betroffene noch für ihr Umfeld. Aber sie kommt auch nie grundlos und unangekündigt. Meist liegt eine Historie an Ereignissen zurück, die wir schlichtweg ignorierten und nicht wahrnehmen konnten oder wollten. Das Burnout schickt viele Signale voraus, bei mir waren es Schlafstörungen, häufige Erkältungen, Gereiztheit, das Gefühl, ständig überall sein zu müssen, Vergesslichkeit, häufige Müdigkeit und Lustlosigkeit.
Als Burnout-Prävention wird oft empfohlen, dir Zeit für dich selbst zu nehmen. Spazierengehen, ein Bad einlassen, lesen. Bei mir hat das nicht funktioniert. In meinem Kopf tobte ein ständig schlechtes Gewissen wegen allem, was in dieser Zeit liegen blieb. Durch die „freigeschaufelte“ Zeit empfand ich nur noch mehr Stress und Druck. Ich musste noch einen Schritt weiter gehen.
Burnout als Mutter: Es darf kein Tabu-Thema mehr sein
Was mir half, um aus der Spirale auszusteigen, war Selbstrespekt. Der Respekt vor meinen Bedürfnissen (schlafen, essen, trinken, Ruhe), vor meinen Wünschen (Nein, ich will heute keine Wäsche waschen! Ich will malen!) und vor meinen Werten (Was will ich wirklich im Leben? Was ist wirklich wichtig?). Und der Respekt vor meinen Grenzen (Ich schaffe das heute nicht). Letztlich geht es um eine genügende Selbstfürsorge neben der bedingungslosen Liebe und Fürsorge für die eigenen Kinder.
Die Praxis: Erste Schritte raus aus dem Mama-Burnout
- Schau dir an, was du alles schon geschafft hast in deinem Leben. Und dann respektiere dich selbst, mit all deinen Bedürfnissen, Schwächen und Ängsten. Erlaube dir, egoistisch zu sein! Gib dir dabei Zeit. Die meisten von uns haben nicht gelernt, auf sich selbst zu achten. Das braucht manchmal Übung und Geduld.
- Versteck dich nicht. Das Gefühl, nicht mehr im vollen Umfang zu funktionieren, kann zu tiefer Verunsicherung bis zu Versagensängsten führen. Wir sind dann geneigt, unser Leiden für uns zu behalten und nach außen hin so zu tun, als sei alles gut. Doch das macht alles nur noch schlimmer!
- Zeig den Menschen ehrlich, wie es dir wirklich geht. Denn es ist nicht nur für dich anstrengend, dich zu verstellen. Die anderen merken das auch auf einer unbewussten Ebene. Und außerdem gibst du auch anderen Menschen die Erlaubnis, auch mal schwach sein zu dürfen, wenn du es dir selbst erlaubst. Das schafft Vertrauen
Wenn du dir zugestehst, Fehler zu machen und nicht alles zu schaffen, bist du ein gutes Vorbild für deine Kinder. Deine Gesundheit wird es dir danken.
Über die Autorin: Bettina Ramm, geboren 1977 in Bernau bei Berlin, ist Unternehmerin, Ehefrau und zweifache Mutter. Zwischen all dem Trubel, Pflichten und der schweren Neurodermitis ihres Sohnes wurde ihr vor einigen Jahren alles zu viel. Sie sehnte sich danach, das Leben wieder mehr zu spüren, mehr zu erleben und wieder freier, leichter und mit mehr Freude zu leben. Hinschmeißen war verlockend, aber keine Option, also machte sie sich auf die Suche. Ramm lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Berlin. Mehr zur Person unter www.bettinaramm.com. Ihr Buch heißt: „Das muss doch auch anders gehen“
15 comments
Ich lese hier, dass fertige Lösungen erwartet werden? Jede/r ist individuell, ebenso wie ihr/ sein Leben. Diese Achtsamkeit und Selbstfürsorge kann nur jede/r für sich selbst umsetzen ( erstmal merken was ich selbst brauche, was mir fehlt…). Das kann niemand anderer für euch tun?
@Melinda, Sie haben sich ihre Frage selbst beantwortet und gemerkt was Sie brauchen und an welcher Stelle Sie etwas ( Arbeit) einsparen oder ausfallen lassen können. Das ist der erste Schritt!
Ok, ich versuche es mal vorsichtig zu formulieren: Das Thema Mama-Burnout ist nun wirklich kein Tabu mehr. Das es das gibt und sich sehr viele Mamas von einer leichten bis mittelschweren Form betroffen fühlen ist auch Fakt. Was mir bei solchen Artikeln in 95% der Fällen fehlt: Praxisberichte für Auswege. Es gibt immer nur die üblichen Phrasen – akzeptiere dich und dein Unperfekt-Sein, sei Achtsam mit dir selbst usw.
ja aber WIE sieht das praktisch im Alltag aus??? Ich mag heute keine Wäsche waschen, sondern malen, ist mir da irgendwie zu wenig. Dann habe ich nämlich morgen doppelte Wäsche. Viel besser wäre doch: ich ziehe ohne schlechtes Gewissen den Kindern den Pullover morgen noch ein zweites Mal an, auch wenn da dieser Mikrokleine Fleck ist, den außer mir wahrscheinlich keiner sieht und der auch nach 5 Minuten tragen beim Frühstück entstanden sein könnte. Verringert Wäsche, ich akzeptiere mein Unperfekt-Sein und schaffe Zeit zum malen 😉 (Ok, funktioniert sicher nur bis zu einem gewissen Alter, aber sowas an Praxisbeispielen wünsche ich mir)
Moin,
danke für den Text.
Ich hatte gestern den Gedanken, dass ich mir so einen Text zwischen all den Durchhalteparolen mal wünsche, weil beim Burnout das rauskommen einfacher ist, je eher man aufgibt, und heute schreibt ihr ihn 🙂
Ich wünsch allen Eltern viel Kraft zum Leben in diesen anstrengenden Zeiten, egal wie viel sie gerade stemmen.
Liebe Grüße
Anne
Mich würde interessieren, ob die Autorin sich einfach nur „ausgebrannt“ fühlte oder ob sie wirklich eine klinisch diagnostizierte Depression hatte? Weil da ist es mit einem innerem „ab jetzt habe ich Respekt vor meinen Bedürfnissen“ nicht getan. Da braucht es eine Therapie, Medikamente und oft auch einen Klinikaufenthalt.
Ich fände es gut, wenn ihr das nochmal näher beschreibt. So wie es jetzt dort steht, wirkt es mal wieder so, als könnte man eine Depression mit dem Ändern der inneren Einstellung selbst beenden. Das ist fatal für Betroffene.
Das war auch mein Gedanke. In Erfahrungsberichten zum Thema Burnout bzw. Depression wird der Weg aus der Krise heraus oft nur sehr dürr und abstrakt beschrieben, häufig mit einem Satz à la, „Was mir letztlich half, war die Erkenntnis XY“. Das klingt dann so, als müsse einem „einfach nur“ die richtige Erkenntnis in den Sinn kommen, und schon könne man – ebenso einfach – die damit verbundenen Veränderungen auf den Weg bringen.
Als Psychologin und Psychotherapeutin kann ich dazu sagen: Es braucht in der Regel eine gewisse Zeit, um auf die wichtigen Erkenntnisse zu kommen, und noch mehr Zeit, die damit verbundenen Veränderungen im Alltag zum Tragen zu bringen.
Ohne professionelle Hilfe von außen klappt es in den Fällen, in denen tatsächlich eine klinisch relevante Depression diagnostiziert ist, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht, dauerhaft aus der Überlastung herauszukommen.
Allen Frauen, die schon länger das Gefühl haben, in einer Überlastungssituation festzustecken, rate ich, den Hausarzt anzusprechen oder eine Beratungsstelle aufzusuchen. Es geht sehr vielen Frauen so und je eher man sich Hilfe holt, desto besser.
Statt noch einen Ratgeber zu kaufen und keine Zeit zum Lesen zu haben: raus in den nächsten Wald und der Stille lauschen!
Gut + umsonst + immer offen.
Joggen wäre gut, spazieren hilft auch schon.
Ja es ist ein Tabuthema. Eine Freundin kämpft seit knapp 2 Jahren damit. Oft heisst es, leider hauptsächlich von anderen Mamas, sie simuliert und hat keine Lust.
Was an ihrem Leben so schwer sei, sie hat doch ein Haus, Mann der sehr gut verdient, Freunde, Hobbys etc….
Ich will jetzt eigentlich nicht gleich losmeckern und hab ja das Buch auch nicht gelesen…muss aber doch was sagen:
Ist Mama-Burnout tatsächlich ein Tabu-Thema??? Was für eine Banalität ist bitte „Du-musst-nicht-perfekt-sein“?! Und von welchen Anforderungen der Gesellschaft wird man als Mutter „in die Knie gezwungen“?
Liebe Julie,
danke für deine kritischen Anmerkungen.
Möglicherweise ist es kein Tabu-Thema, aber ich glaube doch, dass sich viele Mütter ziemlich viel zumuten, und nach außen nicht zeigen, wie es ihnen wirklich geht – weil sie glauben, alle anderen schaffen das doch auch. Und genau das macht es für mich zu einer Art Tabu.
Gerade scheinbare Banalitäten übersehen wir oft im Leben, eben weil sie so banal erscheinen. Für mich war mein Wunsch nach Perfektion unsichtbar, weil so „normal“.
Ich wünsche mir sehr, dass viele Mütter es nicht so empfinden. Aber erwartet die Gesellschaft nicht, gerade jetzt – im Homeschooling, dass Mütter den Spagat zwischen Schule, Home-Office, Haushalt schaffen, und nebenbei auch noch gute Laune haben?
Ich hoffe sehr, dass du all das nicht so erlebst. Das ist gut, genieße das.
Alles Liebe,
die Autorin Bettina Ramm
Liebe Bettina Ramm,
ich wollte nicht dein persönliches Problem (den Wunsch nach Perfektion) abwerten oder kleinreden.
Aber das ist doch kein pauschales Mütterproblem. Vielleicht leb ich in einer anderen Mütterwelt (bin aber auch Grundschullehrerin, hab besonders aktuell sehr intensiven Kontakt zu Müttern) , da will nicht eine „perfekt“ sein. Da wollen alle halbwegs gut durch diese Sch…-Pandemie kommen. Nicht mehr und nicht weniger.
Und welche „gesellschaftlichen Anforderungen“ meinst du?
Danke. Ich treffe heute meine Ärzte zu dem Thema. Wie kommt man da wieder raus? Warst du in der Klinik? Ambulant in Behandlung? Mich würden Wege daraus interessieren.
Liebe/r S,
Burnout ist für mich ein Zeichen für permanente Überforderung. Und dass wir zu sehr auf das Außen schauen, und zu wenig auf unsere innere Wahrheit.
Der Ausweg kann etwas dauern, weil wir unsere uralten Konditionierungen ablegen müssen, aber schwer ist er nicht: Mehr Achtsamkeit für sich selbst. Der inneren Weisheit vertrauen. Das ist im Grunde die einzige Zutat, die es braucht.
Alles Liebe,
Bettina
Nein, das ist oft eben NICHT die einzige Zutat, die es braucht. Sondern zunächst eine fundierte Abklärung der Diagnose. Wenn sich hinter dem „Ausgebrannt sein“ eine Depression im klinischen Sinne verbirgt, ist psychotherapeutische und ggf. auch medikamentöse Behandlung unerlässlich. Ich finde es fahrlässig, ohne fundierte Diagnostik solche pauschalen Aussagen zu treffen.
Das sehe ich genauso.
Ich auch! Ich wette, die Autorin hatte gar keine diagnostizierte Erschöpfungsdepression, sondern nutzt den Begriff als Synonym für Stress.