„Hast Du einen Tipp, wo wir mit den Kids hinfahren können? Sollte nicht zu weit weg sein. Toll wäre was mit Tieren. Wir wollen mal raus aus der Stadt.“
Es gibt kaum eine Konversation, die es in meinem Berliner Freundeskreis öfter gibt. Manchmal muss ich ein bisschen schmunzeln. Während wir früher alle gar nicht genug vom Lärm der Großstadt kriegen konnten, zieht es uns nun immer öfter in die Ruhe. „Schuld“ daran sind die Kinder. Die Prioritäten haben sich einfach geändert – auch oder besonders beim Thema Urlaub.
Damit eine Familienauszeit auch wirklich eine entspannte Zeit für alle wird, sollte der Urlaubsort nicht zu schickimicki sein – schließlich haben wir Eltern keine Lust, den Nachwuchs ständig zur Ruhe zu ermahnen. Die Kinder sollten Platz haben, um zu toben, für uns müssen die Unterkünfte nicht luxuriös sein, sondern viel mehr Flair haben.
Als mein linkes Auge Mitte November auf einmal anfing, unkontrolliert zu zucken, beschloss ich, dass ich einen Gang zurück schalten muss. Zu viel Arbeit, zu viel Leben, zu viel Kopfkino rund um die Uhr.
Also führte ich mit ein paar Freunden die oben beschriebene Konversation und hört dann mehrmals den Namen „Gut Boltenhof“. Ich schrieb Jan-Uwe, den Boltenhof-Chef, an und hatte Glück: Es war noch eine Ferienwohnung für das vergangene Wochenende frei.
Ich surfte auf der Internetseite und merkte, dass es genau das war, was ich brauchte: Ein ruhiger Ort, viel Natur, Bauernhof-Atmosphäre für die Kids, lange Spaziergänge für uns, eine gemütliche Unterkunft zum Kartenspielen und chillen – und das alles 1,5 Stunden von Berlin entfernt.
Das ehemalige Rittergut ist seit 1996 im Besitz der Familie von Jan-Uwe. Sein Vater Uwe, er arbeitete damals noch in Frankfurt, fand damals in einer Zeitung den Hinweis, dass das Gut zu verkaufen sei. „Mein Vater wollte sich damals nochmal beruflich verändern, fuhr also am nächsten Wochenende von Frankfurt nach Brandenburg und verliebte sich sofort in das Gut. Es war zwar total runtergekommen, aber mein Vater hatte Lust, es neu aufzubauen. Die nächsten Jahre steckten er und meine Mutter all ihre Kraft und ihr Geld in das Gut, sie renovierten Ferienwohnungen fingen an, diese an Touristen zu vermieten.“
Jan-Uwe lebte unterdessen mit deiner Familie in Berlin und Frankfurt, als 2014 klar war, dass seine Eltern langsam an ihre körperlichen Grenzen kamen, mussten er und seine Frau Andrea entscheiden, ob sie das Gut übernehmen. „Ich arbeitete damals in einem großen Konzern, wollte mich aber auch nochmal verändern und die Großstadt hinter mir lassen. Ich wusste, dass das Gut noch großes Potential hat und wollte es weiterführen.“ Bedenken, aufs Land zu ziehen, weit weg von den Lichtern, dem kulturellen Angebot und dem Lifestyle von Frankfurt, hatte er nicht. „Ich dachte auch an meine Töchter. Und ich konnte mir keinen schöneren Ort zum Aufwachsen für sie wünschen.“
Als wir am Freitag Abend – leicht gestresst nach heftigem Verkehr auf der Berliner Stadtautobahn – ankommen, merken wir sofort: Das ist wirklich ein guter Ort. Kinder sind dort mehr als willkommen, wir sind niemandem zu laut oder zu wuselig. Unsere zweistöckige Ferienwohnung ist voll ausgestattet – es gibt Kindergeschirr, einen Hocker vor dem Waschbecken, einen Wickeltisch und ein Sicherheitsgitter vor der Treppe. Hier hat jemand mitgedacht. Insgesamt gibt es 10 Ferienwohnungen, die von vier bis acht Personen ausgelegt sind. Dazu kommen noch einmal neun Hotelzimmer für bis zu vier Personen im Haupthaus.Die Familien können frei wählen: Man kann voll auf Selbstverpflegung gehen, Frühstück dazu buchen oder Halbpension wählen. Frühstück und Abendessen gibt es im Haupthaus – und gefällt besonders, dass bei allen Speisen darauf geachtet wird, regionale und saisonale Produkte zu verwenden. Fleisch, Eier und Wurst stammen vom Hof selbst.
Wir schlafen tief uns fest in dieser Nacht, über uns leuchten die Sterne und es ist wunderbar still. Am nächsten Morgen sind wir früh wach, denn um acht Uhr dürfen die Kinder helfen, die Tiere zu versorgen. Zunächst werden die Schweine, die Ziegen, Schafe, die Esel, die Ponys und die Hasen gefüttert, dann dürfen die Kinder helfen, die Gänse aus dem Stall auf die Wiese zu treiben. Für unsere Kinder der perfekte Start in den Tag. Beim leckeren Frühstück danach erzählen sie nonstop von den Tieren und für unsere Große steht fest, dass sie später auch mal auf so einem Hof arbeiten will.Gut gestärkt machen wir bei herrlichstem Sonnenschein eine große Wanderung. Wir streifen durch den Wald, freuen uns über die wunderschönen Alleen, klettern auf Hochsitze. Stundenlang sind wir draußen, kein Kind langweilt sich oder meckert. Sie finden jede Menge Abenteuer in der Natur, erkunden alles ganz genau und tanken jede Menge frische Luft.„Bei uns gibt es keine Hüpfburgen oder Kinderanimation. Wir wollen keine Inszenierung. Hier gibt es alles, damit die Kinder ihren natürlichen Spieltrieb ausleben können“, sagt auch Jan-Uwe. Er erzählt, dass sich die Kinder der Feriengäste innerhalb kürzester Zeit kennen lernen würden und dann gemeinsam toben und spielen würden. „Das bringt dann den Eltern natürlich auch Entspannung, weil die Kinder sich herrlich selbst beschäftigen und schnell neue Freunde finden.“
Im Sommer lädt der zwei Kilometer entfernte Haussee zum Baden ein, auch der berühmte Stechlinsee (gilt als einer der saubersten Seen Brandenburgs) ist nicht weit entfernt. Außerdem können Räder gemietet werden, um die Umgebung zu erkunden.
Weil es das erste Adventswochenende ist, haben wir das Glück, bei einem besonderen Event dabei zu sein. In der liebevoll restaurierten Veranstaltungsscheune wurde ein kleiner, feiner Weihnachtsmarkt aufgebaut, abends folgte ein festliches Gänseessen (wird am 3.Adventswochenende wiederholt – wer Lust hat, schnell anmelden!). Für die Kinder hab es Buffet und danach sensationelle Bastel-Betreuung. Aufgepasst: Die Scheune wird auch für Hochzeiten vermietet – eine unglaublich schöne Location.
Auch am nächsten Morgen sind meine Kids wieder dabei, um die Tiere zu versorgen, nach dem Frühstück machen wir uns für die Heimreise bereit. In den letzten zwei Tagen ist uns besonders aufgefallen, wie freundliche alle Guts-Mitarbeiter waren. Alles ist sehr liebevoll und nachhaltig durchdacht. Jan-Uwe ist es gelungen, ein ganz besonderes Team zusammen zu stellen. Ihm war es dabei wichtig, Mitarbeiter aus dem Landkreis einzustellen. „Ich habe hier eine soziale Verantwortung und möchte helfen, die Region weiter voran zu bringen. Dazu gehört es auch, Arbeitsplätze zu schaffen. Ein Gut war schon immer ein Ort sozialer und kultureller Inspiration – das will ich weiter führen.“
Zurück in Berlin schwärmen die Kinder in der Kita, der Schule und bei Freunden von diesem Wochenende. Wir sind alle herrlich entspannt und für uns steht fest: Wir kommen wieder!
3 comments
Sehr schön aber leider auch sehr teuer
Wir haben dieses Jahr bei einem Radausflug eine Stop im Gut Boltenhof eingelegt. Eine wirklich sehr schöne Anlage. Aber leider wird in deinem Bericht nicht erwähnt, dass es eine teure Auszeit auf dem Land ist.
Wir (2 Erwachsene, 1 Kleinkind) haben uns nach Preisen für eine Ferienwohnung für 3 Näche erkundigt. Mit Endreinigung und verpflichtender Halbpension (weil es über einen Feiertag war) wurden dafür 515 Euro verlangt.
Das ist für Normalverdiener wie uns leider nicht drin. Aber der Zwischenstop mit Besuch im Cafe hat sich definitiv gelohnt.
Schöner Bericht
Sieht super aus! Danke
Super, da muss ich such mal
Super, da muss ich such mal mit meiner Familie hin.