Liebe Yvonne, du bist sehr spontan den Berlin Marathon mitgelaufen, weil plötzlich ein Startplatz frei wurde. Wie kam das?
Ich nehme seit 2005 immer am Berlin Marathon teil – außer wenn mal wieder eine Schwangerschaft oder Stillzeit dazwischenkam. Dieses Jahr erhielt ich keinen Startplatz über das Losverfahren, versuchte es dann noch über einen anderen Weg, was aber auch nicht hinhaute.
Doch am Freitag um 10:45 Uhr bekam ich von einem Reiseveranstakter eine Mail, ob ich denn Lust hätte, einen freigewordenen Platz zu übernehmen. Das war echt verrückt, ich hatte mich gerade darauf eingestellt, gemeinsam mit den Kids einfach als Zuschauer dabei zu sein. Mental war ich also gar nicht auf "Selber-Laufen" eingestellt.
Aber da ich sowieso für den Harzgebirgslauf (Marathon in zwei Wochen) und den Rennsteigsupermarathon mit 73km im Mai trainiere, fühlte ich mich körperlich fit genug – also sagte ich zu.
Wie lief der Marathon für dich?
Das war der beste Berlin Marathon bisher. Ich wurde Achte von insgesamt fünfzehn 42-Jährigen. Ich fühlte mich wunderbar fit und hatte das erste Mal überhaupt keine Probleme. Das Wetter war für uns Läufer trotz Regens fantastisch. Nicht zu warm – und ob es regnet, ist auch egal.
Die ersten 10km (diesmal in 53 min) klappen bei mir eigentlich immer super, aber ich lief eher langsam als am Limit. Normalerweise kommt bei mir der Hammer bei km 17/18. Diesmal aber nicht. Die Halbmarathonzeit lag bei 1:52. Da merkte ich, dass es ein guter Lauf wird und ich unter vier Stunden ins Ziel kommen würde…
Bei km 32 mussten wir das Tempo etwas verlangsamen, weil mein Mann, mit dem ich zusammen gelaufen bin, muskuläre Probleme hatte. Wir wollten aber gemeinsam ins Ziel einlaufen, ich bin also bei ihm geblieben und habe ihn mental unterstützt. Die letzten Meter waren für ihn echt hart, aber wir haben es durchgehalten und haben Hand in Hand in 3:49 gefinished.
Du bist ja auch sonst eine gute, regelmäßige Läuferin – aber ein Marathon ist schon etwas Besonderes. Für mich ist es unvorstellbar, 42 km am Stück zu laufen. Wieviel entscheidet sich da im Kopf?
Einen Marathon zu laufen ist reine Kopfsache. Ok, auch etwas Training 🙂 Wenn ich gefragt werde, wie viel und lange vor einem Wettkampf gelaufen werden soll, dann antworte ich gern: in den letzten 8 Wochen dreimal 80% der Wettkampfdistanz. Aber dann entspannt.
Die Schnelligkeit kommt bei kürzeren, knackigen Läufen oder diesen gemeinen Intervallläufen. Hier läuft man eine spezielle Strecke sehr schnell, den folgenden Teil ganz langsam. Es gibt gemeine Pyramiden (d.h. z.B. 200m, 400m, 800m, 400m, 200m oder aber auch z.B. 6x 1000m).
Durch die langen Läufe stärkst du deinen Kopf – du weißt, dass du die Distanz drauf hast. Auch nach Pausen, z.B. bei Schnee oder akutem Pollenflug, regeneriert der Körper ganz schnell wieder, man kann ohne größeren Aufwand ans Vorher anknüpfen.
Wie oft in der Woche läuft du und wann baust du dein Training in den Alltag ein?
Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt Wochen, da laufe ich jeden Tag meine Lieblings-9km-Runde plus einen langen 30km-Lauf am Wochenende. Es gibt aber auch Wochen, da fühle ich mich nicht gut und laufe nur 30 km insgesamt. Ich trainiere nie nach Trainingsplan. Mittlerweile weiß ich, was ich 8 Wochen vor einem Marathon machen muss.
Ganz früh morgens laufen gehen – bevor die Kids aufstehen – mag ich überhaupt nicht. Eher drehe ich eine Runde, wenn ich den Kleinsten in die Kita gebracht habe oder verlängere die Mittagspause etwas. Es gibt viele Läufer, die Probleme haben, abends zu laufen, weil sie danach nicht gut runterfahren können. Das geht mir nicht so.
Oft drehe ich noch abends, nachdem die Kids im Bett sind, eine Runde. Da ich mitten in der Stadt wohne, laufe ich dann große, beleuchtete Straßen entlang. Dunkle Ecken und Parks meide ich mit Einbruch der Dämmerung. Denn wenn ich allein laufe, laufe ich immer mit Musik und das ist abends alleine nicht so gut.
Bei den langen Läufen am Wochenende sind die Kinder immer auf den Rädern mit dabei. Läufe von bis zu 10km laufen die Großen sogar schon mit uns zusammen. Bei den langen Läufen gibt es immer wieder hier und da einen Spielplatz, an dem pausiert wird. Wochenende ist Familienzeit!
Und ich bin ja nicht allein mit dieser Sportmeise. Die langen Läufe am Wochenende und die Marathons laufe ich immer zusammen mit meinem Mann. Wir sehen das als verrückte Qualitytime.
Du hast drei Kinder, bist berufstätig – was gibt dir der Sport für diesen stressigen Alltag?
Wenn ich laufe, kommen mir die besten Ideen – echt jetzt! Laufen ist für mich eine wunderbare Möglichkeit, meinen Körper zu spüren, an meine Grenzen zu gehen. Solange ich kann, werde ich laufen, denn ich möchte möglichst lange fit und aktiv bleiben.
Jetzt beginnt die dunkle, kalte Jahreszeit – es gibt tausend Gründe, sich nicht die Schuhe anzuziehen, sondern sich auf die Couch zu kuscheln. Was sind deine Tipps gegen dem inneren Schweinehund?
Das Gefühl danach – etwas für sich getan zu haben, ist großartig! Diesen ollen Schweinehund überwunden zu haben, sich nicht der Chipstüte hingegeben zu haben, sondern eine kleine 30-Minuten-Runde gedreht zu haben, mit toller Musik oder einem Podcast auf den Ohren – darum solltet Ihr laufen.
Ach, außerdem stärkt Sport natürlich das Immunsystem – gerade wir Mütter bekommen ja von allen Seiten ständig alles ab. Seit Jahren bin ich wirklich, wirklich (toitoitoi) fit und war nur mal kurz, tageweise kränklich.
Was sind deine drei Lauftipps für alle, die endlich ganz neu mit dem Laufen anfangen wollen?
Laufen ohne Schnaufen – ganz entspannt beginnen. Auch mal kurz gehen. Und, wenn die Gelenke das Laufe nicht gewohnt sind, dann zackig spazieren gehen. Jede Form von Bewegung bringt euch weiter!
Motivation setzen: belohnt euch nach den ersten durchgelaufenen 5km mit etwas, was euch glücklich macht.
Ausgiebiges Dehnen niemals vergessen!
Ach ja: Für den Beginn tun es auch eure ollen Turnschuhe – später sind eine Laufanalyse und Schuhempfehlungen sinnvoll.
Welchen Sport machen deine Kids und warum ist Sport für Kinder so wichtig?
Gib meinen Kids einen Ball und sie sind glücklich 🙂 Momentan sind sie in Vereinen für: Feldhockey, Fußball & American Football. Tennis, Basketball und Baseball finden die Großen auch toll – wird aber nur familienintern gespielt. Sonst rocken sie auf dem Fahrrad bei Wind & Wetter täglich ihren Schulweg quer durch Berlin.
Wenn wir uns kleine Kinder anschauen, sehen wir, wie groß der Drang nach Bewegung ist. Viele Erwachsene und junge Jugendliche haben verlernt, sich zu bewegen. Bewegung tut gut!
Bewegung ist wichtig für Körper und Geist. Aktive Menschen sind kreativer, ausgeglichener. Das sehe ich auch bei meinen Kids und bei mir – nach einer Sporteinheit kann sich leichter auf Kopfarbeit konzentriert werden.
—Ps: Yvonne ist eine liebe Bloggerkollegin von uns. Mehr Infos über sie findet ihr auf Instagram