Huch, die Kinder sind erwachsen! Interview über den ersten Urlaub ohne Kinder

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Liebe Tine, Du kommst gerade aus dem Urlaub. Zweieinhalb Wochen mit dem Mann und dem Wohnmobil – ohne Kinder. Eure Kinder sind jetzt 17, 18 und 24 Jahre alt. Wie war dieser Urlaub ohne die Kids?

Es war der erste längere Urlaub ohne Kinder seit 25 Jahren für mich persönlich, seit 11 Jahren für uns Beide gemeinsam. Es dauerte ein paar Tage, bis ich mich an die Situation gewöhnt hatte. Völlig anderer Rhythmus – ohne Arbeit, ohne Kinder, nicht ständig in Aktion sein müssen. Wir haben bisher Urlaube mit Selbstverpflegung gemacht, was bedeutete, für Fünf einkaufen und kochen… Diesmal ging es nur um uns, das war leicht. Anfangs gab es viel Stille, weil wir im Alltag nur selten so intensiv zusammen sind und sich die Gesprächsthemen offensichtlich neu entwickeln mussten. Ich musste ehrlich gesagt erst einmal den Kopf frei bekommen. Seltsames Gefühl. Dadurch, dass wir mit dem Wohnmobil unterwegs waren und nur wenig stationär an einem Ort blieben, waren wir bald viel damit beschäftigt, die nächste Route zu planen. Das hat viel Spaß gemacht.

Wie war der Urlaub früher mit Kindern?

Die Urlaube waren sehr schön, aber wie Urlaube mit Kindern häufig so sind, wenn man nicht in einen "All-inclusiv-Club" fährt: 24/7-Betreuung, 24/7-Bespassung, kochen, einkaufen… Am Ende war man froh, wenn Schule und/oder Kindergarten wieder begannen. Im Nachhinein betrachtet irgendwie schade. Das legte sich etwas, als die Kids größer wurden.

Viele Paare beschreiben ja eine Leere, wenn die Kinder plötzlich weg ist. Wie ist das bei Euch?

Die "Leere" kann ich für uns nicht so ganz bestätigen, was sicher auch daran liegt, dass wir durch unsere Patchworksituation immer wieder auch Zeiten zu zweit hatten, weil die Kinder bei den anderen Elternteilen untergebracht waren. Außerdem leben wir "erst" seit 11 Jahren zusammen und haben keine gemeinsamen Kinder von Beginn an großgezogen. Generell allerdings kann ich die Leere jedoch nachvollziehen, denn plötzlich stellst Du Dir die Frage "Und jetzt?". Aufgaben fallen weg, freie Zeiten entstehen, Verantwortungen verschieben sich… eine Zeit, in der emotional eine Menge passiert. Wenn das bei beiden Elternteilen gleichzeitig auftaucht, kann das schnell zu der beschriebenen Leere kommen. Mein Tipp: Überlegen, welche gemeinsamen Hobbys oder Aktivitäten neu entdeckt oder entwickelt werden können und vor allem miteinander über die Veränderungen reden.

Dein Sohn ist jetzt auch mit der Schule fertig. Kannst Du mal beschreiben, warum das so ein großer Einschnitt ist?

Das Ende der Schulzeit wird von mir nur gefeiert, weil ich nie ein Fan unseres Schulsystems war und das Thema endlich beendet ist. Weiterhin muss ich nun keine Rücksicht mehr auf Ferienzeiten nehmen, die Urlaube werden günstiger, ich brauche nach 20 Jahren (mit zwei Kindern) morgens keine Schulbrote mehr schmieren und Elternabende gehören endlich der Vergangenheit an (was allerdings bereits mit dem Eintritt in die Oberstufe so war).

Einschneidender ist allerdings die Tatsache, dass mit dem Ende der Schulzeit auch die Volljährigkeit einher geht und das heißt "Losassen". Neben der Frage der Ausbildung, des weiteren Werdegangs, ist er von heute auf Morgen per Gesetz selbst verantwortlich für sich und sein Handeln. Bankgeschäfte, Unterhalt, Kaufverträge… hier kann man nur noch beraten, die Entscheidungen liegen bei ihm. Das ist der Moment, in dem die Kids die Früchte deiner "Erziehungsarbeit" tragen dürfen, wenn ihre Selbständigkeit bis zu diesem Zeitpunkt unterstützt und gefordert wurde. 

Direkt nach dem Abi ist er mehrere Wochen auf Reisen gegangen. Wie leicht fällt Dir das Loslassen?

Das Loslassen war bei Beiden gleich schwer. Heulend vom Flughafen nach Hause gefahren… Nach ein paar Tagen – wenn sie angekommen sind und erstmal alles gut lief, wurde es besser und ich konnte geniessen. Schwieriger wurde es dann erst wieder, wenn sie krank waren und ich selbst nicht vor Ort war. Allerdings im Zeitalter von Whatsapp, Facetime, Skype etc. Jammern auf hohem Niveau und ein Teil in mir findet es schade, dass die Kids gar nicht mehr richtig die Möglichkeit haben, sich abzunabeln. 

Was fandest du das Schönste daran, als die Kinder noch klein waren?

Aus jetziger Sicht war es schön, wenn sie regelmäßig kuscheln kamen, zu sehen wie sie hinfielen und immer wieder aufgestanden sind. Ich fand es sehr schön, dass ich mich für einen Halbtagsjob + Nebenjob entschieden hatte, um am Nachmittag für die Kids zur Verfügung zu stehen. Diese Entscheidung war finanziell nicht immer leicht, aber ich habe sie bis heute nicht bereut, denn Zeit ist es, was sie wirklich brauchen.

Und was ist das Beste daran, wenn sie größer werden?

Das sie selbständiger werden, dass dadurch Lücken entstehen, die man wieder für sich nutzen kann. Dass sie verständiger werden und versuchen, ihren eigenen Weg zu finden, wobei man natürlich immer wieder unterstützen darf.

Du warst viele Jahre auch alleinerziehend. Wie hat Dich und die Kinder das geprägt?

Die Zeit, in der wir allein waren (ca. 5 Jahre, die Kinder waren 3 und 9, als wir uns trennten) war die coolste Zeit, die wir hatten. Da sind wir uns einig. Wir denken alle gerne daran zurück, haben tolle Erinnerungen an diese Zeit. Für mich war es häufig hart mit zwei Jobs etc. und ich weiß nicht wie ich es ohne die Unterstützung meiner Mutter so gut geschafft hätte. Auch die relmäßigen Besuchszeiten beim Vater waren verlässlig und ich konnte mich in dieser Zeit erholen und ausruhen.

Kiinder leiden immer auf eine Art und Weise, wenn Eltern sich trennen und wünschen sich lange, lange, lange, dass die Eltern wieder zusammen kommen. Ich kann nicht genau sagen wie es die Kinder geprägt hat, sie hatten das große Glück, dass die Zeiten mit ihrem Vater regelmäßig stattfanden, dass er für sie da war, und dass es ihm und mir immer gelungen ist, bei Problemen, die die Kinder betrafen, zu reden und gemeinsam Lösungen zu finden, die wir beide vertreten haben. Die Kinder sind auf einem sehr guten Weg, wir haben ein gutes Verhältnis und ich finde, wir haben das gut hinbekommen, auch wenn es wahrlich nicht immer leicht war.

Jetzt, wie die Kinder dich nicht mehr nonstop brauchen, was tust du da ganz speziell für dich?

Arbeiten. Ganz ehrlich… das ist etwas seltsam. Eigentlich habe ich das Bedürfnis, mal mehr auszuruhen, kürzer zu treten. Auf der anderen Seite bekommt "Endlichkeit" plötzlich ein Gesicht und du hast das Gefühl, jetzt noch einmal etwas verändern zu können, nochmal durchzustaren. Die Arbeit geht allerdings leichter von der Hand als früher, weil die Kids z. B. auch mal alleine bleiben, wenn sie kränkeln und du nicht immer mit schlechtem Gewissen den Job absagen musst, weil sie sich selbst mal etwas kochen können oder auch mal Arbeiten im Haushalt übernehmen.

Wir versuchen gerade als Paar wieder neue Gemeinsamkeiten zu finden und haben uns einen Ford Transit ausgebaut, um zukünftig mehr zu reisen und auch länger unterwegs zu sein (Instagram: @tinyandhappy). Dieses freiere Leben mit dem Job zu vereinbaren ist gerade meine persönliche große Herausforderung.

Was hoffst du, hast du deinen Kindern mit auf den Weg gegeben?

Selbständgkeit. Das Wissen, dass sie wunderbar sind, so wie sie sind. Flügel, aber trotzdem den halt der Familie.

Und was möchtest du als Mama von erwachsenen Kindern jeder Mama mit Kleinkindern sagen?

Nehmt den Druck raus, lasst ihnen Zeit, gebt ihnen Zeit. Sie brauchen keinen vollen Terminkalender mit Flöte, Turnen und Sprachunterricht, häufig neben Logopäde und Physiotherapeut, sondern auch Zeit, sich zu langweilen, Zeit, die Seele baumeln und Dinge entstehen zu lassen. "Erziehung" ist für mich ein überflüssiges Wort, weil es doch eigentlich ausreichen würde, unseren Kindern die eigenen Werte einfach vorzuleben, ihnen zu zeigen, wofür wir stehen. Das nimmt am Ende Allen etwas Druck – uns selbst und den Kindern. Das sind meine Erfahrungen, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen.tine moeller2

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2 comments

  1. Warmherzig
    Danke für das warmherzige und schöne Interview. Interessantes Thema, Loslassen beim Älterwerden und das Leben neu gestalten. Gerne mehr davon!

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