Ein Zwillings-Vater im Interview: Wie hat sich Dein Leben seit der Geburt verändert?

watzinger 25

Lieber Stefan, Du bist frischgebackener Zwillingsvater – erzähl doch erstmal, wie Du die Nachricht von dem doppelten Nachwuchs aufgenommen hast…

Die Freude beim positiven Schwangerschafts-Test war riesengroß – zumal meine Frau und ich jahrelang versucht haben, schwanger zu werden, bis es endlich geklappt hat. Beim ersten Frauenarzttermin waren dann auf einmal zwei Fruchthöhlen sichtbar – in dem Moment waren wir eigentlich nur happy, dass der Test wirklich richtig gelegen hat. Dass wir jetzt gleich doppelt Nachwuchs erwarten, war dann natürlich ganz besonders aufregend.

Die Gedanken, die man sich da so macht, gehen von „Wow, ich weiß nicht mal, wie ich ein Baby richtig versorgen soll (also im Sinne von füttern, wickeln, kuscheln, …) …“ über  „Hilfe, wir brauchen ein neues Auto, eine neue Wohnung, viel mehr Platz, alles doppelt…“ bis „Wir werden nie wieder länger als 2 Stunden am Stück schlafen!“ – Aber insgesamt war die Vorfreude definitiv deutlich stärker als die Sorgen.

Wie hast Du Deine Frau in der Schwangerschaft und während der Geburt erlebt?

Meine Frau hat die Schwangerschaft mit Bravour gemeistert. Manchmal kam ich abends von der Arbeit wieder und dachte nur „Wow, so groß war der Bauch doch heute morgen noch nicht!“ Die üblichen Schwangerschafts-Beschwerden – vom Sodbrennen bis zu den Rückenschmerzen – hat sie ebenfalls mit stoischer Gelassenheit und Geduld ertragen. Wow.

Die Geburt war wirklich heftig für alle Beteiligten. Nach dem Blasensprung hat es drei Tage bis zum Kaiserschnitt gedauert. Zwischendurch hatte meine Frau heftige Wehen.  Meine Frau hat aber gekämpft wie eine Löwin und alles über sich ergehen lassen. Beim Kaiserschnitt durfte ich zum Glück bei ihr sein und als uns nacheinander unsere beiden Kleinen zum ersten Mal gezeigt wurden – nein, eigentlich als wir die beiden zum ersten Mal haben schreien hören – kamen uns beiden die Tränen der Freude.

Leider gab es unmittelbar nach dem Kaiserschnitt heftige Komplikationen, durch die meine Frau zunächst ans Bett gefesselt und anschließend für einige Tage auf einen Rollstuhl angewiesen war. Und auch diese Zeit hat sie mit einer unfassbaren Kraft nicht nur ertragen, sondern sich unfassbar schnell regeneriert, um für unsere Kinder da zu sein. Auch dafür bewundere ich sie sehr.

Kannst Du das Gefühl beschreiben, das Du hattest, als Du Deine Kinder zum ersten Mal im Arm hattest?

Ich durfte recht kurz nach der Geburt unser kleineres Mädchen im Arm halten, da sie fitter war als ihre „große“ Schwester – obwohl sie nur mit etwas mehr als 2 kg auf die Welt gekommen ist und ihre Schwester mit über 2,6 kg – und war einfach nur unfassbar glücklich und stolz. Ein paar Stunden später durfte ich dann in die Kinderklinik zu beiden Mädchen – und als die Große dann meinen Zeigefinger festgehalten und mich dabei angesehen hat, war das ein unbeschreiblich schönes Gefühl. So richtig zusammengewachsen sind wir dann in den Tagen danach – egal ob beim wickeln, stillen oder kuscheln.

Was ist so ganz anders am Vatersein als Du es Dir vorgestellt hast?

So komisch das klingt: Ich hätte mir die Doppelbelastung Papa – Arbeit deutlich schlimmer vorgestellt. Trotz des wenigen Schlafs und dem durchaus großen Nähebedürfnis der Kleinen bin ich tagsüber relativ fit bis völlig überdreht. Und noch ein paar Dinge, die ich mir nie vorstellen konnte, sind eingetreten: Mein ganzes Handy ist voll mit Babyfotos, Wickeln macht (meistens) Spaß, vor allem wenn die Kleinen die Streicheleinheiten genießen und selbst die vollste Windel macht einem nichts aus – denn der Inhalt stammt ja von den eigenen Babys. Und: Man freut sich plötzlich über Stuhlgang und Bäuerchen. 😉

Wie managt Ihr die Nächte?

Da ich eine Nachteule bin und meine Frau eine echte Lärche mache ich meistens die erste „Schicht“ so gegen 1 oder 2 Uhr und meine Frau die zweite gegen 5 oder 6 Uhr. Unsere Mädchen sind zum Glück meistens in einem ganz guten Rhythmus von ca. 4 Stunden und das ein wenig zeitversetzt – sprich: Ist die Kleine gestillt und gewickelt, wird die Große wach. In den seltenen Fällen, dass beide gleichzeitig losbrüllen, schleichen wir zusammen wie Zombies durch die Wohnung und arbeiten parallel daran, dass unsere Kleinen so schnell wie möglich glücklich und zufrieden weiterschlummern können.

Wie werdet Ihr Euch in der Zukunft die Kinderbetreuung aufteilen?

Im Moment hat meine Frau Unterstützung durch eine Haushaltshilfe, durch eine Familienhebamme und zum Glück haben wir Freunde, die immer am Start sind, wenn wir Hilfe brauchen. Mit Ende der Elternzeit wird meine Frau in Teilzeit wieder in ihren Job einsteigen und die Kids – so ist der Plan – werden von einer Tagesmutter „verpflegt“. Ich selbst hatte einen Monat Elternzeit ab Geburt und habe einen weiteren rund um Weihnachten rum. Ansonsten arbeite ich in Vollzeit.

Gibt es auch etwas, was Dich am "Elternsein" nervt? 

Eigentlich nerven nur Leute, die man auf der Straße trifft, wenn man gerade mit Zwillingskinderwagen unterwegs ist. Keine Ahnung, wie oft ich den Spruch „ach wie süß, Zwillinge – das ist bestimmt total anstrengend“ schon gehört habe. Ja, natürlich ist es anstrengend, aber wir genießen jede Sekunde mit den beiden. Auch wenn – hoffentlich werde ich für die Aussage nicht zu sehr abgewatscht – ein übellauniges Baby in der Wachstumsphase zugegebenermaßen nach zwei Stunden Dauergemotze auch ein kleines bisschen nervig sein kann – erst recht, wenn man denkt „Hurra, es schläft fest“, um nach wenigen Sekunden festzustellen „Nein, es passt mit geschlossenen Augen auf, dass man es auf gar keinen Fall ablegt“.

Was möchte Du Deinen Kindern mit auf den Weg geben?

Mama und Papa lieben euch und sind immer für euch da.

Wie hat sich Eure Partnerschaft durch die Kinder verändert?

Schon in der Schwangerschaft sind wir noch ein großes Stück stärker zusammengerückt. Am Tag der Geburt mit den nachfolgenden Komplikationen ist uns beiden klar geworden, dass das Leben schneller vorbei sein kann, als man sich das so vorstellen kann – auch das hat dazu beigetragen, dass wir alles ein wenig anders sehen als vorher und unsere kleine „Familieninsel“ mit besonders viel Aufmerksamkeit beschützen und bewahren. Auch wenn das jetzt abgedroschen klingt: Wir sind echt ein verdammt gutes Team – und hoffentlich merken das unsere beiden Mädels auch.

Gibt es etwas, was du aus dem "alten Leben" vermisst?

Ehrlich gesagt nicht viel. Wenn, dann die längeren Abende mit Freunden und die Möglichkeit, in der Freizeitgestaltung deutlich flexibler zu sein, als wenn man alle 3-4 Stunden einen Hunger- oder Windel-Notfall hat. Aber die Kleinen entschädigen für alles – da genügt ein Grinsen oder wenn sie sich nach einem Schrei-Anfall ganz fest an mich drücken.

Der beste Moment der Tages für dich ist….

…wenn ich nach einem Tag in der Agentur nach Hause komme und mindestens eine meiner Töchter mich anstrahlen oder die Arme nach mir ausstrecken.

 

Foto: Barbara Kessidis, Bad Vilbel

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