Als dunkelhäutige Mama in Deutschland: Warum denkt ihr, dass wir anders sind?

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Rebecca Lina, 37, und ihre Kinder Nael, 2, und Laéna, 9, haben eine dunklere Hautfarbe als andere Deutsche. Wir haben die Zweifachmutter, Autorin und Unternehmerin aus Berlin mal gefragt, was sie im Alltag so erlebt – und was sie sich wünschen würde.

In ihrem Blog Elfenkindberlin hat sie sich bereits mehr als einmal ihre Wut darüber von der Seele geschrieben, immer noch – und nun durch die sich verändernde politische Lage noch einmal mehr – mit Vorurteilen konfrontiert zu werden. Rebecca ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, trotzdem erlebt sie Situationen, die sie erschrecken lassen, einfach nur, weil sie anders aussieht.

Was uns am meisten aufhorchen ließ: Rebecca sagt, dass es ihr zweijähriger Sohn Nael künftig vermutlich am besten antreffen wird, weil seine Hautfarbe heller ist als ihre und die ihrer Tochter. Hier erzählt uns Rebecca von ihren Wünschen.

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Wunsch 1: Weniger Misstrauen

„Wenn ich allein auf Reisen unterwegs bin, muss ich beim Security Check immer die Schuhe ausziehen und sie extra durch den Scanner fahren lassen. Das kann Zufall sein, aber mir fällt das auf. Und ich habe das Gefühl, dass Männer mit dunklerer Hautfarbe da sogar noch einmal stärker kontrolliert werden. Am einfachsten ist es, wenn ich mit meinen Kindern reise.“

Ich wünsche mir, dass diese Kontrollen unabhängig von unserer Hautfarbe und für alle gleich stattfinden, damit für Laéna und Nael später bei Reisen keine Unterschiede gelten.

Wunsch 2: Mehr Respekt

„Meine Tochter Laéna wird oft gefragt, ob ihr jemand mal durch die Haare wuscheln darf: ‚Darf ich mal? Ich hab sowas noch nie angefasst!’ Beim Einkaufen war eine 50-jährige Dame neulich so verzückt, dass sie fragte, ob Sie Laénas Haut anfassen dürfe. Ich habe freundlich Nein gesagt und es runtergespielt, um meine Tochter nicht zu beunruhigen. Die körperliche Grenzüberschreitung ist das eine. Aber ich finde, dass meinem Kind damit das Gefühl gegeben wird, irgendwie nicht normal zu sein.“

Ich wünsche mir, dass von unserer Hautfarbe nicht gleich auf Fremdsein geschlossen wird. Und dass meine Kinder genauso Deutsche sein dürfen wie alle anderen, die hier geboren und aufgewachsen sind.

Wunsch 3: Echte Sicherheit

„Als ich einmal aus der U-Bahn ausgestiegen bin, hörte ich, wie jemand rief: ‚Dieses schwarze Gesocks hat hier gar nichts zu suchen.’ Passanten stellten sich dann schützend vor mich. Ein anderes Mal hatte ich mein Baby im Tragetuch und fuhr mit dem Aufzug, als ein Typ mit dem Messer vor mir herumwedelte. Ich tue das nicht bewusst, aber ich merke, wie ich mich seither im öffentlichen Raum automatisch schütze. Beispielsweise halte ich mich in U-Bahnhöfen auf Treppen immer fest, um nicht hinuntergeschubst werden zu können. In einer Weltstadt wie Berlin hätte ich mir das anders vorgestellt.“

Ich wünsche mir, dass Menschen weiterhin Zivilcourage zeige, wenn Unrecht geschieht. Und natürlich, dass meine Kinder in Sicherheit und ohne Angst aufwachsen können – genau wie alle anderen Kinder, die hier leben.

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Wunsch 4: Keine Vorurteile

„Schon vier Mal wurde ich im Kaufhaus des Klauens verdächtigt und musste zweimal sogar mit der Security in die Geschäftsräume, um meinen Tascheninhalt vorzuzeigen. Meinen hellhäutigen Freunden ist das noch nie passiert. Auch auf der Suche nach einer geeigneten Schule für meine Tochter hätte ich besser meinen Mann losgeschickt, auch er hat helle Haut. Nicht nur, dass wir auf dem Schulhof bestimmt zehn Mal gefragt wurden, ob wir Flüchtlinge seien. Nein, das Gespräch mit der Direktorin war tatsächlich nach sehr kurzer Zeit vorbei. Das wunderte mich deswegen, weil ich mitbekommen hatte, wie lang die anderen Eltern im Lehrerzimmer saßen. Mit dieser Schule jedenfalls hat es nicht geklappt.“

Ich wünsche mir, dass meine Kinder in ihrem Leben mit empathischen Menschen zu tun haben werden, die sie nicht nach ihrer Hautfarbe beurteilen.

Wunsch 5: Sensible Sprache

„Mit dem Wort Neger verbinde ich Sklaverei, Leid, Tod – und die große Unterscheidung von Menschen durch ihre Hautfarbe. Es macht mich wütend, wenn auch heute noch Menschen das Wort benutzen. Wenn ich meinen Kindern Pippi Langstrumpf vorlese, dann ändere ich gewisse Worte ab. Bei uns ist Pippis Papa ein Südseekönig. Aber das war damals eine andere Zeit in der Literatur, eine andere Sprache. Ich finde es zwar unschön, mir vorzustellen, dass andere Eltern das Buch ohne Abänderungen vorlesen, aber viel schlimmer finde ich, wenn ich sehe, dass auch heute noch in Büchern das Wort `Negerkuss` vorkommt. Warum? Tut es ein Schokokuss nicht auch? Ich jedenfalls fühle mich persönlich vom N-Wort verletzt und klebe die Seite mit den ‚Zehn kleinen Negerlein’ im Liederbuch einfach zu, um meine Kinder zu schützen.

Ich wünsche mir, dass Menschen ihre Worte sensibel wählen, damit meine Kinder sich in ihrem Leben nicht durch derartige Ignoranz verletzt fühlen müssen.

 

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Rebecca ist groß geworden im niedersächsischen Niemandsland. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater kommt aus der Karibik. Sie sagt: "Er betrieb eine Disko und ein Restaurant – das schützte mich damals. Er war beliebt, mir tat man nichts. Aber ich fiel auf. Ich war das einzige dunkelhäutige Kind in dem Dorf. Die Menschen, die mir damals begegneten und mir dumme Sprüche reindrückten, konnten es vielleicht nicht besser wissen. Heute ist das anders.

Heute können wir uns die Welt ins Wohnzimmer holen. Durch Radio, Fernsehen, Internet  haben wir Zugang zu allen möglichen Ländern und Menschen. Wird uns das helfen? Wird da die Toleranz noch nachkommen? Ich wünsche es mir. Denn es ist ungerecht, anders behandelt zu werden, nur weil wir anders aussehen. Hautfarbe ist nichts, was man sich abtrainieren kann. Sie ist nur ein einzelner Puzzlestein in dem großen Mosaik, das jeden Menschen ausmacht.“

 

 

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6 comments

  1. Diese Übergriffigkeit, meist älterer, Leute gibt es in Bezug auf alle Babys. Da hilft nur klare Kante, oder auch wenn Kinder einfach angesprochen werden und freundlich/ höflich zu antworten haben ( gehört sich für Kinder gegenüber Erwachsenen?). Und Zivilcourage können sue in Deutschland überwiegend nicht erwarten, egal welcher Hautfarbe und welchen Alters ( auch bei Kindern). Da sind fast alle nur froh dass es nicht sie betrifft und rühren keinen Finger. Weniger gut ist natürlich Toleranz/ Respekt fordern aber selbst ( gleich in der Überschrift) zu verallgemeinern und alle in einen Topf zu werfen.

    1. Kommentare wie dieser sind leider genau der Grund,warum Menschen, die Rassismus erfahren, oft gar nicht mehr darüber reden. Ihre Erlebnisse werden kleingeredet und überhaupt nicht anerkannt, oder man versucht, sich selbst als mindestens ebenso großes Opfer der Umstände darzustellen.
      Wer sich ernsthaft mit Rassismus auseinandersetzen will, dem kann ich mehrere Bücher empfehlen, unter anderem „Warum ich mit Weißen nicht mehr über Hautfarbe spreche“ oder, aus deutscher Perspektive: „Und jetzt du. Rassismuskritisch leben“ von Tupoka Ogette. SEHR augenöffnend, auch dafür, wie allgegenwärtig Rassismus ist und wie rassistisch wir alle sozialisiert wurden. Warum das relevant ist? Weil struktureller Rassismus nicht nur unbequem ist, sondern verdammt gefährlich, und sogar Kinderleben fordert, mitten in Deutschland – ein leider sehr aktuelles Beispiel: https://blackcommunityhamburg.blackblogs.org/2022/04/05/justice-for-valerie-iyobor/
      https://www.t-online.de/region/hamburg/news/id_91963928/valerie-7-aus-uelzen-stirbt-nach-arztbesuch-handelte-ihre-aerztin-fahrlaessig-.html
      Und ja, leider kennen Menschen mit dunkler Hautfarbe nur zu gut, dass such körperliche Schmerzen bei ihnen oftmals nicht anerkannt werden – weswegen das Mädchen von der behandelnden Ärztin heimgeschickt wurde und an einem Blinddarmdurchbruch starb.
      Ich bin weiß und damit privilegiert, aber seit ich begonnen habe, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, verstehe ich die Wut und Hilflosigkeit der Betroffenen verdammt gut.
      Einfach mal zuhören, statt gleich abzuwürgen.

  2. Traurige Realität
    Ich kann diese Wünsche, Ängste und Sorgen sehr gut nachvollziehen. In unserer Familie haben wir sehr ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich hoffe sehr dass unsere Kinder stark und selbstbewusst genug sind die Situationen, in denen sie mit Rassismus konfrontiert werden, gut und ohne Beeinträchtigung ihres Selbstwertgefühls zu überstehen und dass sie niemals körperliche Gewalt erfahren müssen. Ich habe den Eindruck dass Menschen die nicht mit Rassismus konfrontiert sind diese Sorgen nur schwer nachempfinden können, daher freut es mich dass dieser Betrag hier veröffentlicht wurde.

  3. Ist dein Vater Afrikaner?
    Ich habe starke Locken, die tatsächlich nach afrikanischer Krause aussehen. Ich kenne das sehr gut, dass wildfremde Menschen einem durchs Haar streichen – gefragt und ungefragt. Und ich fand das nicht so super als Kind.
    Schlimmer waren allerdings die Kommentare und fragen in die Richtung: ist dein Papa Afrikaner? Dabei habe ich eine sehr helle Haut und keinerlei sonstige Anzeichen, die so eine Frage gerechtfertigt hätten.
    Da ich lange Zeit ein Einzelkind war haben diese Aussagen tatsächlich gewisse Zweifel in mir aufkommen lassen – bin ich überhaupt das Kind meiner Eltern? Denn mein Vater hat ganz glattes Haar und meine Mutter nur leichte Locken. Da ist es dann schon fraglich wo so eine Krause her kommt.
    Als ich neun war kam meine Schwester – sie hat auch sehr viele Locken, wenn auch weniger als ich.

  4. ja das ist wirklich furchtbar…
    meine Töchter haben rote Haare, und sie werden ständig ohne Fragen am Kopf begrappelt, die ältere geht daher auch im Hochsommer bei 37 Grad mit Mütze auf die Straße. ich werd mittlerweile fuchsteufelswild, wenn sich solch eine Situation anbahnt. aber seit meine Töchter auf der Welt sind, werd ich nicht mehr auf arabisch angesprochen, das ist der Vorteil. ich habe keinerlei solchen Hintergrund, sehe einfach nur etwas südländisch aus. diese Vorurteile, schlimm schlimm. ich kann daher von ganzen Herzen zustimmen.

  5. Ich fühle wie Du
    Mir geht es genauso wie der Autorin…
    Sie spricht mir aus der Seele-besonders durch die veränderte politische Lage spüre ich eine Änderung der Mitmenschen im Umgang mit mir…
    Meine Kinder haben alle eine helle Hautfarbe. Manchmal ertappe ich mich bei dem Gedanken „Zum Glück“, einfach weil ich dann nicht befürchten muss, dass Sie diskriminiert oder sogar verletzt werden, weil sie hauttechnisch nicht der deutschen Norm entsprechen…

    Danke für diesen Artikel

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