Ihr Lieben, wenn umwälzende Erfahrungen im Leben unserer Kinder passieren, dann geschieht das manchmal auf eine Art, die wir nicht erwarten. Zum Glück weiß ich das mittlerweile, immerhin bin ich seit mittlerweile zwölf Jahren Mama. Aber manchmal ist es eben ein Spagat.
Ob das Kind neu in der Kita ist, neu in der Grundschule, neu an der weiterführenden Schule. Ob vielleicht ein neuer Partner dazugekommen ist oder ein Umzug oder ob es sonst eine grundlegende Veränderung gegeben hat – so etwas lässt unsere Kinder nicht kalt.
Manche Kinder reagieren still, andere überfordert, wieder andere mit Ablehnung oder sogar Aggression. Jedes Kind verarbeitet solch neue Situationen auf irgendeine Weise.
Da kann das Nicht-Auffinden eines zweiten Sockens zum tränenreichen Drama werden – ja, auch bei zehnjährigen Kindern oder noch älteren. Da kann das Einschlafen abends wegen der Nervosität vor der neuen Situation auch mal wieder Stunden dauern. Da kann sich alles falsch anfühlen, was sonst Routine ist.
Für alle Eltern, deren Kinder gerade in einer solchen Situation stecken: Ich wünsche euch Geduld und starke Nerven! Aber seid nachsichtig mit euren Kindern. Sie können ihre Emotionen noch nicht so gut formulieren wie wir, wissen vielleicht selbst nicht, was mit ihnen los ist.
Es ist immer ein Spagat in der Erziehung. Wann muss Stopp auch mal Stopp heißen? Wann kann ich nachgiebiger sein? Wann brauchen die Kinder abends wirklich noch ein Kapitel aus dem Buch, um runterzukommen und wann möchten sie einfach nur das Licht ausschalten um ein paar Minuten nach hinten verzögern…
Es ist September. Viele von euch, unseren Leserinnen, werden im Moment Kinder haben, die neu in Kita, Grundschule oder weiterführender Schule unterwegs sind. Die ersten Tage waren die Kinder vielleicht euphorisch, ihr Eltern wart stolz und im Zwiespalt zwischen: Oh Gott, mein Kind, es ist doch grad erst geboren! Und: Wow, mein kleines Kind ist schon soooo groß, wie stolz ich bin.
Und diesen Zwiespalt der Gefühle machen eure Kinder auch grad durch! Im einen Moment sind sie mutig und trauen sich was. Sie wirken fast „erwachsen“. Und im nächsten Moment sind sie wieder wie „Babys“, brauchen eine Umarmung und eine ganz große Portion Liebe.
Diesen Spagat hinzubekommen, das ist nicht leicht. Sie ernst zu nehmen, ihnen etwas zuzutrauen und dann aber auch wieder weich zu sein, ihnen Halt geben und Fürsorge. Ein Kind, das uns grad noch angebrüllt hat, dann plötzlich wieder liebevoll zu umarmen. Das klingt paradox und viellicht fühlt es sich auch so an. Aber ich sag euch etwas aus meiner Erfahrung: Ich glaube, genau das kann in solchen Momenten Gold wert sein. Einfach die Mama zu sein. Der Papa. Der Wohlfühl-Anker.
Fragt euch, woher dieser Vulkanausbruch der Emotionen gerade herkam. Für euch mag es so wirken, als sei er aus dem Nichts gekommen, aber irgendwas scheint in euren Kindern zu brodeln. Ein „So, Ihr Süßen, so langsam machen wir uns mal bettfertig“ kann dann zu Schreien führen, zu Wutschnauben, zu Türen knallen, Treppen trampeln, Wäscheberge zertreten, was auch immer – und ihr steht davor und denkt: Ist er oder sie jetzt verrückt geworden?
Es ist okay, das zu denken! Aber seid euch sicher: Eure Kinder tun das nicht, um euch zu ärgern. Oder weil sie plötzlich alles, was bislang da war, in Frage stellen. Sondern einfach, weil sie gerade überfordert sind mit der Situation. Weil ins Bett gehen für sie vielleicht gerade bedeutet, gleich in den Tunnel zu gleiten, der sie direkt auf diesen Pausenhof führt, der ihnen mit alle den fremden Kindern vielleicht noch Angst macht. Weil es bedeutet, dass morgen vielleicht zum ersten Mal ein neuer Lehrer kommt oder eine Bastelarbeit ansteht, von der sie glauben, sie nicht zu schaffen.
Ihr seid in diesen Momenten ihr Blitzableiter. Alles muss raus. Ich glaube, es bringt nichts, dann Strenge walten zu lassen. Ich glaube, es bringt etwas, dann zu versuchen, der Fels in der Brandung zu sein. Tief Luft zu holen. Ruhig zu bleiben. Abzuwarten, bis der Gewittersturm vorübergezogen ist und man das Kind wieder mit Worten erreicht. Manchmal kann es helfen, dann eine Umarmung anzubieten. Kann es sein, dass es dir grad nicht gut geht? Wird dir grad alles zu viel? Kann ich dir irgendwie helfen?
Und dann kann es passieren, dass das coole Kind von gerade, das plötzlich den Schulweg allein meistert oder sonstige vermeintlich erwachsene oder große Aufgaben übernimmt, plötzlich wieder ganz klein wird. Sich ankuschelt. Seufzt. Und vielleicht sogar vor Erleichterung weint.
Probiert es mal aus. Ich schaff das auch nicht immer. Aber wenn, dann endet es meist in ganz viel Liebe und Wärme.
7 comments
Papa-Perspektive.
„Der Wohlfühl-Anker“ – sehr schön geschrieben.
Unsere ersten Wochen bei der Tagesmutter mit unseren Erfahrungen & Tipps:
https://www.vatersohn.blog/tagesmutter-aus-der-papa-perspektive/
LG, Richard & Hugo.
Das kommt mir gerade sehr
Das kommt mir gerade sehr bekannt vor. Vor einer Woche kam unser nun doch nicht mehr ganz so kleine Pirat in den Kindergarten und während ich ihn angelächelt und mich mit ihm gefreut habe, sah es in meinem Inneren ganz anders aus. Ich wollte ihn festhalten und weinte, weil mir irgendwie alles viel zu schnell ging. Als er Nachmittags wieder nach Hause kam, ging es mir wieder gut, aber dem kleinen Mann nicht mehr. er fand den Kindergarten doch nicht so toll und wollte am nächsten Tag lieber wieder bei mir bleiben. Und auch Nachts ist momentan alles nicht mehr ganz so entspannt. Er wacht wieder sehr oft auf, ruft nach mir und will kuscheln. Ich weiß, dass er das jetzt braucht und das ist auch okay und doch hoffe ich, dass diese Zeit nicht allzu lange andauert, denn meine Nächte sind gerade augenringekurz. xD
Ganz liebe Grüße,
Maike von MitohneMaske
wie wahr
Da ich ein sehr sensibles Kind habe, passiert das bei uns immer wieder. Ich habe zum Glück gelernt mein Kind besser zu verstehen, das hat etwas gedauert. Heute früh wieder: relativ neu in der Kita, Bezugs-Erzieherin nicht da, 2 Springer, die nicht aufsehen, als er rein kommt, die beiden besten Freunde nicht da, mega laut… dumme Frage, als ich ihn rein bringe. Doch mein Sohn weiß, dass ich bei ihm bin. Dass es ok ist, so zu sein und so zu fühlen.
LG Sonja
Wie wahr…
Danke für diesen Text, der mich gerade einmal mehr bestätigt…
Wir sind in den Sommerferien umgezogen, Anfang August begann für den Großen die Grundschule – in einem neuen Ortsteil, alle Wege, selbst das Zuhause waren neu, in der Klasse kannte er niemanden… Und es war oft so schwer – an einem Abend habe ich 2 Stunden ein weinendes und wirklich verzweifelt schluchzendes Kind in den Armen gehalten, das so froh war, einfach nur weinen zu dürfen und sagte „Mama, jetzt kommt alle Sorge und alle Angst einfach raus.“ Als er endlich schlief, habe ich mich ausgelaugt gefühlt wie nach einem Marathon.
Aber gerade dieser Abend hat uns so nah zusammengeschweißt, so viel Liebe und Sicherheit erneuert, die über die stressige Umbau- und Umzugsphase zu kurz kamen, dass seitdem eine regelrechte Kehrtwende eingetreten ist. Und ja, auch diese Situation ergab sich aus einer Kleinigkeit wie „Räum doch bitte deine Sachen in die Wäsche…“. Aber soo langsam fühlt sich wieder alles richtig, routiniert und gleichmäßiger an. Zum Glück dauert ja eine Hurricane-Saison nicht ewig.
Mittendrin…
Wir stecken mittendrin und haben fast jeden Tag einen Hurricane. Es ist manchmal ganz schön schwer, bis zum Auge des Sturmes durchzudringen. Danke für diesen Text. Wie die Faust aufs Auge. Alles wird gut.
Ganz toller Text
Danke für diesen tollen Text! Meine Tochter wurde kürzlich eingeschult und wir erleben genau diese Achterbahn der Gefühle…
Danke!
Superschöner und wahrer Beitrag!! Auf die Kleinen prasselt nach dem Sommer so viel Neues ein, da ist es oft schwer nicht mal einzubrechen. Oft sind es wirklich die kleinen Dinge (verlorene Socke, etc.), die dann den Gefühlsausbruch auslösen. Das ist aus Erwachsenen-Sicht so unverständlich, aber umso wichtiger, dass wir Eltern in den Situationen cool bleiben und die Kinder unterstützen.
Danke für diesen einfühlsamen Beitrag!