Wie motiviere ich meine Kinder im Grundschulalter zum Aufräumen?

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Ihr Lieben, neulich haben wir unseren Text von vor einem Jahr aus dem Archiv gekramt und schon wieder habt ihr ihn geklickt wie verrückt. Aufräumen ist ein Thema, dass in Gesprächen kaum vorkommt, im Elternalltag aber einfach essentiell ist. Manche lieben es, weil das Ergebnis gleich sichtbar ist. Manche hassen es, weil es eben eine Sisyphos-Arbeit ist. Gut, wenn man dann ein paar kleine Helfer hat – in Form der eigenen Kinder. Nur: Wie können wir unsere Kinder zum Aufräumen motivieren? Wir haben da mal ein paar Experten gefragt…

Aufräumen? Aber bitte mit Anleitung

Manche Eltern überfordern ihr Kind. „Kinder brauchen klare Anweisungen“, sagt Dr. Markus Schaer, Professor für Psychologie und Erziehungswissenschaften an der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Für Achtjährige ist Aufräumen schwieriger als erwartet.

 

Herr Schaer, haben schon Achtjährige ein Ordnungssystem?

Ein Grundverständnis von Ordnung ist bei Achtjährigen schon da. Sie können Dinge eigenständig ordnen, und unter Anleitung auch mal ihr ganzes Zimmer aufräumen. Dabei ist Autonomie sehr wichtig. Lassen Sie ihr Kind selbst entscheiden, „was wo wohnen soll“: wo genau also die Kuscheltiere im Schrank wohnen, ob Lego und Playmobil zusammen in eine Kiste dürfen, oder lieber in zwei.

Welche Rolle spielen die Eltern?

Was Eltern vorleben spielt eine große Rolle. Wenn ein Kind daran gewöhnt ist, im Chaos aufzuwachsen, schaut es sich das ab. Wenn Eltern oft Konflikte zum Thema Aufräumen haben, wenn es für sie selbst ein Kampf ist, dann spüren die Kinder das. Dann sollten Eltern erst einmal selbst Gelassenheit üben. Und überlegen, wie sie sich selbst das Aufräumen angenehmer gestalten können, mit Musik zum Beispiel.

Ist es also nur eine Sache der Einstellung und des Trainings?

Nicht nur. Mit acht Jahren zeigt sich bei einem Kind schon eine Art Aufräum-Persönlichkeit. Ob ein Kind aufräumen kann oder will, ist nicht nur eine Frage des Alters oder der Erziehung, sondern auch in ihm selbst als Person begründet. Manche Kinder tun sich leichter, andere schwerer. Es gibt ja fünf zentrale Persönlichkeitsfaktoren, die sogenannten „Big Five“. Einer davon ist die Gewissenhaftigkeit, dazu gehört auch die Ordnungsliebe. Es ist also nicht nur die Vorbildfunktion der Eltern, sondern auch eine gewisse Anlage. Die Frage ist: Wie geht mein einzigartiges Kind mit dem Thema um, und was braucht es dabei von mir als Unterstützung?

Bayern-Trainer Carlo Ancelotti hat in einem Interview gesagt, er lasse seine Spieler mitentscheiden, zu welcher Uhrzeit das Training stattfindet. Wenn die Zeit dann aber festgelegt sei, wäre es seine Aufgabe als Trainer, für die Einhaltung der Regel zu sorgen. Sollten sich Eltern das in Bezug auf ihre Kinder von ihm abschauen?

Ja, so ähnlich empfehlen wir das auch oft. Dadurch werden auch wichtige Werte des Miteinander-Umgehens vermittelt. Die Rolle der Eltern sollte nicht die eines Dompteurs sein, sondern eher die eines Coaches und Begleiters. Das Trainerbild passt ganz gut. Vermitteln Sie Ihren Kindern: Wir sind alle ein Team! Wir sind Verbündete. Es ist kein „Ich gegen Dich“, sondern ein „Wir – gemeinsam für die Ordnung“.

Wie lässt sich das etablieren?

Es hilft, sich in Situationen zusammenzusetzen, in denen es allen gut geht. Zu überlegen: Was ist uns wichtig? Wie wollen wir leben? Etwa: „Wir wünschen uns ein aufgeräumtes Wohnzimmer. Da achten alle drauf.“ Oder zum Umgang mit Streit: „Wir wollen respektvoll miteinander umgehen.“ Dann erinnern die Kinder auch mal die Eltern: „Hey, Du hast gerade gegen unsere Regel verstoßen.“ Sie fühlen sich ernst genommen. Es entsteht Respekt und gegenseitige Wertschätzung.

Und dann können auch Achtjährige schon allein aufräumen?

Kinder brauchen Anleitung, auch mit acht noch! Die Kinder brauchen uns Eltern als Unterstützer. Dauerhaft! Es reicht nicht, einmal drüber zu sprechen, dass aufgeräumt werden muss. Der häufigste Fehler von Eltern: Am Kinderzimmer vorbeilaufen und im Vorbeigehen reinrufen: „Du, räum doch mal auf.“ Das kommt gar nicht an, ist viel zu allgemein. Eltern sollten sich dafür Zeit nehmen, und ganz konkret beschreiben, was zu tun ist. „Nimm Deine Sachen, trag sie ins Bad und wirf sie in den Wäschekorb. Figuren in die Kiste.“

Aber was, wenn ein Kind sich vehement weigert?

Dann hat es immer einen Grund. Meist steht ein dringendes Bedürfnis des Kindes dahinter: Vielleicht gibt es keine Zeit zum Aufräumen, weil die Freundin draußen wartet? Vielleicht gab es einen vorangegangenen Konflikt mit Mama oder Papa und der Groll steckt noch im Bauch? Die Eltern sollten einen Schritt zurückgehen und versuchen zu verstehen, warum ihr Kind Nein sagt. Verständnisvoll zuhören. Und dann natürlich auch sich selbst innerlich fragen, was ihnen genau wichtig ist und warum. Je klarer und freundlicher die Eltern dann in die gemeinsame Lösungssuche gehen, desto eher kooperieren die Kinder.

Ist das Chaos oft hausgemacht?

Wir schenken und kaufen unseren Kindern so viel wie nie zuvor und dann wundern wir uns, warum Ordnung so ein großes Thema geworden ist. Immer wieder mal Aussortieren macht Sinn. Kindern fällt es dabei oft schwer, etwas herzugeben. Reden sie dann darüber. Da können wunderschöne Gespräche entstehen, wenn man sich zusammensetzt und bespricht, was die Dinge dem Kind bedeutet haben oder noch bedeuten. Da kann man über Loslassen und über die Vergangenheit sprechen. Dann hat das Aufräumen einen enorm positiven Effekt.
 

 

Drei Aufräum-Profis verraten ihre Tipps

 

Tanja Priefling, Kaiserslautern:

„Ich habe an unserem Treppenaufgang für jedes Kind eine schöne Papiertüte aufgehängt. Wenn ich die Wohnung aufräume und noch kleine Dinge von den Kindern finde, verteile ich diese in die jeweiligen Tüten.  Unsere Treppenstufen sind seit dem jedenfalls immer leer.“

 

Katrin Miseré, Wien:

„Es ist natürlich verführerisch, mit Belohnung zu arbeiten. Langfristig halte ich das aber für nicht hilfreich. Ein Satz, der meinen Kindern hilft auch nicht so geliebte Tätigkeiten zu erledigen ist: es ist gut für uns als Familie.“

 

Meike Suhre, Duisburg:

„Für ein 8-jähriges Kind muss der Nutzen des Aufräumens für sich selber deutlich werden. Erst wenn es erkennt, dass es auch selber davon profitiert, dass z. B.  der Schreibtisch aufgeräumt ist, dann wird auch ein 8-jähriges Kind selber aufräumen.“

 

Die drei zitierten Frauen arbeiten als „Ordnungspartner“ des Netzwerks ordnungsservice.com, das Menschen professionell hilft, ihr Zuhause besser zu sortieren.

 

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der Zeitschrift Eltern Family.

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