Was mir wirklich wirklich fehlt, seit ich Kinder habe…

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In meinem früheren Leben – also als ich noch keine Kinder hatte – saß ich manchmal am Schreibtisch und träumte mich weg. Ich sah dann weißen Sandstrand, eine Hängematte und ein kühles Getränk. Ich hörte das Meersrauschen und leise Musik. 

Oder ich sah den Trubel einer Großstadt, sah mich in Ausstellungen, beim Shoppen, in Restaurants oder Clubs. Ich hörte Musik, Trubel, Menschenstimmen, Gelächter. 

Seit ich drei Kinder habe träume ich mich primär nicht mehr an Sandstrände oder auf coole Partys. Ich träume mich in die Einsamkeit und in die Stille. Denn das fehlt mir wirklich wirklich wirklich schrecklich, seit ich Kinder habe. 

"Kannst Du Dich daran erinnern, wann Du das letzte mal aufgewacht bist und alleine im Haus warst?", fragte mich neulich eine Freundin. Nein, das konnte ich nicht. Die Kinder sind ja immer da – und wenn wir sie einmal im Jahr für ein Wochenende zu den Großeltern abgegeben hatten, um ein Paar-Wochenende zu machen, war dann logischerweise mein Mann da. 

Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal über Nacht und morgens so richtig ganz alleine war. Meine Freundin genauso wenig. Sie tag-träumte: 

"Stell Dir nur vor, Du wachst auf und niemand ist da. Diese Ruhe. Und dann gehst du in Ruhe in die Dusche, niemand öffnet auf einmal die Badezimmer-Tür, weshalb es plötzlich kalt wird. Du trocknest Dich in Ruhe ab und cremst Dich ein, ohne dass jemand in der Tür steht und sagt: "Ich muss Kacka" Du ziehst Dich an, gehst in die Küche und niemand ruft: "Ich hab Huuuuunger, ich will Müüüüüüsli." Sondern Du machst Dir einen Kaffee, den Du schweigend trinkst. Du musst nicht mir Deinem Mann darüber diskutieren, dass er mit dem Wochenendeinkauf dran ist. Du muss keine streitenden Kinder auseinander ziehen. Du kannst einfach nur da sitzen und schweigen. Es ist einfach still."

Nach dieser Träumerei saßen wir uns still gegenüber und dachten nach. Ich gebe offen zu, dass sich so ein Morgen für mich gerade einfach himmlisch anhört. Wenn es eben EIN Morgen bleibt, maximal zwei. Denn dann würden meine Liebsten mir fehlen. Es würde mir fehlen, dass jemand ins Badezimmer kommt, während ich dusche. Es würde mich traurig machen, dass ich alleine frühstücken müsste. Die Stille wäre dann nicht mehr heilsam, sondern erdrückend. 

Es ist vielleicht einfach so, dass das genaue Gegenteil von dem, was wir alltäglich haben, begehrenswert erscheint. Aber wenn wir genauer hingucken, merken wir schnell, wie gut wir es eigentlich haben und dass Kinderlachen tausendmal schöner ist als andauernde Stille. 

Und trotzdem fehlt mir die Stille manchmal. "Man muss sich nur zu helfen wissen", sagte meine Freundin und drückte mir eine kleine Schachtel in die Hand. "Für den Notfall, wenn die Kinder zu laut sind", sagte sie. In der Schachtel waren Ohrenstöpsel. 

 

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4 comments

  1. Im Moment höre ich an allen
    Im Moment höre ich an allen Ecken, dass ich mit dem Bedürfnis nach Ruhe nicht alleine bin. Mir reicht inzwischen die Ruhe, wenn nur 1 oder 2 Kinder da sind.
    Das und die fehlende Mögluchkeit mal spontan etwas zu machen, fehlt mir momentan sehr.
    Aber meine Jungs würde ich nie im Leben wieder hergeben.

  2. Wenn ich da jetzt mal drüber nachdenke…
    … Fällt mir auf, dass auch ich mich nicht an einen solchen morgen erinnere. Aber um ehrlich zu sein kann ich die Zeit die ich im letzten halben Jahr mal ganz alleine zu Hause war, stundenmäßig an einer Hand abzählen… Das fehlt mir auch manchmal (auch wenn ich dann im Gedanken trotzdem die ganze zeit bei meiner familie bin =))

  3. oh ja
    Oh ja, diese Stille vermisse ich auch – aber du hast recht, nach spätestens zwei Tagen ist die Sehnsucht nach Action und Lautstärke zurück. Und diese Box habe ich übrigens immer dabei. Vor allem auch, wenn man mal ohne Kinder weg ist, damit man vor dröhnender Stille im Kopf schlafen kann…