Danke an die Helfer: Abschied von meinen Zwillingsmädchen

fussabdruck gedicht

Ihr Lieben, dies ist ein Gastbeitrag, der wirklich zu Herzen geht. Danke dafür an unsere Leserin!

Ich möchte heute etwas tun, was ich schon lange lange hätte machen sollen: DANKE sagen! Der Dank geht an die Ärzte und Hebammen im Klinikum Oldenburg, die vor 12 Jahren dabei waren, als ich meine Zwillingsmädchen in der 23. SSW nicht lebensfähig auf die Welt brachte. Die Geschichte in Kurzform:

 

Erste Schwangerschaft – Zwillinge – eineiig – Mädchen – Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel glücklich – beim 3D-Ultraschall vom Spezialisten dann die Nachricht: Fetofetales Transfusionssyndrom – wir sollen uns überlegen, ob wir die Nabelschnur von außen durchtrennen lassen wollen – es müsste dann aber schnell gehen – zu Hause erstmal Ratlosigkeit – ich habe schon seit ein paar Tagen Rückenschmerzen – die Schmerzen werden stärker – wir fahren zu meinem Frauenarzt – der Arzt stellt Wehen fest – der Muttermund hat sich bereits geöffnet – die übervolle Fruchtblase drückt durch den Muttermund – Überweisung zum Klinikum Oldenburg – Wehenhemmer – Becken hochlagern – hilft alles nichts – die Geburt schreitet voran – nacheinander kommen die Mädchen – sie leben – sind aber nicht überlebensfähig – sie werden mir gezeigt – ich will sie nicht halten – wir weinen – ich muss in den OP zur Ausschabung – ich bin so müde – wir bekommen ein Einzelzimmer – Trauer – beide Mädchen werden in einem Babybettchen in unser Zimmer gefahren – sie tragen Hemdchen – wir sehen sie an – streicheln sie – schließlich können wir schlafen – die Mädchen werden rausgebracht – wir werden sie nie wieder sehen.

 

Ich musste noch 2 Tage im KH bleiben, eine Seelsorgerin besuchte uns, genau wie meine Familie, die mir viel Kraft gegeben hat. Aber was uns auch sehr geholfen hat, war der professionelle Umgang des Klinikpersonals mit uns: Wir haben die Babys direkt nach der Geburt sehen dürfen, sie lagen mit uns im Zimmer, wurden nicht verschämt “weggeräumt”, sondern gewaschen, angezogen und fotografiert und es wurde eine Geburtskarte mit Fußabdruck und ihren Daten gemacht, für jedes Kind eine. Sie waren dann nachts mit uns im Zimmer, auch wenn es uns schwer fiel, sie anzusehen, es war sooooo wichtig. Doch das habe ich erst später erfahren. Damals fand ich es befremdlich. Erst das Buch “Gute Hoffnung – Jähes Ende” von Hannah Lothrop hat mir gezeigt, wie es anderen Paaren in ähnlichen Situationen ergangen ist. Ich bin mir nach wie vor nicht sicher, ob das kleinere der beiden Mädchen wirklich noch gelebt hat, als sie auf die Welt kam, aber weil es so eingetragen wurde, durften wir beide Kinder offiziell beerdigen. Mit der Beerdigung schafften wir den ersten Abschnitt zu bewältigen, die Trauer konnte sich weiterentwickeln. Ich bekam das obengenannte Buch geschenkt und erfuhr immer wieder: Hey, die haben da im Krankenhaus ganz schön viel richtig gemacht, dadurch wurde uns zusätzliches Leid erspart. Wir mussten nicht darum kämpfen, dass unsere Kinder beerdigt werden dürfen, konnten für die Kosten Kindergeld und Erziehungsgeld beantragen, hatten Bilder und Namen, Dokumente die aussagten: Ihr seid Eltern! Irgendjemand Kluges hat da im Krankenhaus dafür gesorgt, dass wir in dieser schweren Zeit alles bekommen, was wir zur Bewältigung der Situation brauchen. Vielleicht hat es vorher eine gute Fortbildung dort gegeben, vielleicht war die Hebamme einfach drin im Thema. Ich weiß nicht, warum die Klinik gehandelt hat, wie sie es tat, aber egal wer das zu verantworten hatte: DANKE!

 

Heute haben wir zwei gesunde Kinder, die kürzlich das Foto “ihrer großen Schwestern” in unsere Vitrine gestellt haben.

 

Ich habe für mich aber noch mehr positive Erfahrungen aus der obigen Geschichte ziehen können: Die Beziehung zu meinem Mann ist viel fester geworden, so etwas schweißt unglaublich zusammen, wenn es einen nicht zerreißt. Wir haben in dieser schweren Zeit auch einfach unglaublich viel Liebe und Unterstützung aus unseren Familien erhalten, die damals wahnsinnig viel für uns getan haben. Und letztendlich bin ich ganz persönlich daran gewachsen, ich denke ich bin stärker daraus hervorgegangen und auch wenn ich manchmal noch traurig bin: Schlussendlich gibt es mir die Gewissheit, dass alles gut werden kann.

 

Diese Geschichte ist für alle Fachkräfte in Krankenhäusern, Hebammenpraxen und Geburtshäusern, die Tag für Tag Familien in ihren glücklichsten, wie auch schwersten Stunden zur Seite stehen und sie nach bestem Wissen und Gewissen begleiten. Ihr seid unersetzlich und verdient deutlich mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung!

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8 comments

  1. So ähnlich…
    … ist es uns vor einigen Monaten ergangen. Unsere Zwillinge kamen in der 23. Woche zur Welt und wir mussten sie gehen lassen… Die Wochen und Monate vor der Geburt waren geprägt von Angst und Hoffnung – es hatte viele Komplikationen gegeben, unserem Mädchen ging es nicht gut, und wir hofften, dass zumindest unser Junge es schaffen würde. Doch dann war es auf einmal vorbei – plötzliche heftige Wehen, Geburt, Abschied von Beiden. Es war und ist das Schlimmste, was uns passieren konnte und wir vermissen unsere Kleinen jeden Tag. Aber auch uns als Paar und als Familie hat dieses Erlebnis noch mehr zusammengeschweißt. Und auch bei uns hat das Klinikpersonal sehr viel richtig gemacht – wir hatten Unterstüzung, Verständnis, menschliche Wärme erfahren. Wir hatten ein Familienzimmer bekommen, durften unsere Kinder mehrfach sehen, halten, in Ruhe Abschied nehmen. Zum Glück muss man jetzt nicht mehr darum kämpfen, Sternenkinder beerdigen zu dürfen – diese Regelung und andere Hilfsangebote spenden Trost und sind wirklich sehr wichtig in dieser schweren Zeit.
    Herzliche Grüße, Lu

  2. Wie ich euch verstehe.
    Schön dass Du deine Geschichte erzählt. Wir müssen den Tabu brechen. Ich verstehe dich gut. Ich habe meine erste Tochter in der 35.ssw verloren und mein Sohn Inder 16 ssw direkt danach. Ich verstehe wenn du über das Positive schreibst. Die Verlust von Kinder ist das schlimmste für Eltern dennoch haben uns unseré Sternkinder extrem viel geschenkt. Das Leben fühlt sich anders an und irgendwie noch schöner auch wenn ich immer noch Angst habe, dass ein Schicksalsschlag mir mein Glück wegnimmt. Liebe grüße und alles gut für die Zukunft, Sandrine

  3. http://www.kuestenkidsunterwegs.blogspot.de
    Danke für diesen Beitrag! Es ist so unglaublich wichtig, dass man in einer solchen Situation jede Hilfe erhält, die möglich ist, und eine liebevolle und einfühlsame Betreuung. Das haben wir bei unserem Küstenmini am eigenen Leib erfahren.

    Viele liebe Grüße und eine Umarmung schickt
    Küstenmami

  4. Hallo, wenn ich Ihre Zeilen
    Hallo, wenn ich Ihre Zeilen lese kommen mir die Tränen. Ich habe selbst eineiige Zwillingsmädchen die bereits schon 4,5 Jahre alt sind. Ich wurde auch in der 23. SSW operiert (Laser) da wir auch das fetofetale Transfusionssyndrom hatten. Es war eine sehr schwierige Zeit und das hoffen und bangen ob die beiden überleben und vor allem ob die beiden gesund sind, hat uns sehr geprägt. Die beiden sind dann in der 33. SSW auf die Welt gekommen und wir waren, dann noch 5 Wochen im Krankenhaus und haben auch so einiges miterlebt, was das Personal dort geleistet hat. Wir hatten riesiges Glück und sind unsagbar dankbar darüber. Ich wünsche Ihnen und Ihre Familie viel Glück und Alles Gute! Herzliche Grüße, Melanie

  5. Guter Beitrag
    Hallo,

    ich möchte Ihnen sagen, wie gut ich Ihre Zeilen finde und wie tröstlich. Wir haben auch zwei Kinder verloren, allerdings viel früher, noch in den ersten 12 Wochen. Es ist sicherlich nicht vergleichbar aber der Schmerz über den Verlust kann man meines Erachtens auch nicht an der Länge der Schwangerschaft fest machen. Wir erwarten jetzt unser erstes Kind und (noch) geht alles gut. Der kleine Mann soll Anfang November auf die Welt kommen und wir beten und hoffen, dass dieses Mal alles gut wird. Ihre Worte haben mich sehr berührt und ich denke, dass unsere Sternenkinder immer einen Teil unserer Familie ausmachen werden…
    Alles Gute für Sie und Ihre Familie
    Barbara Gies

    1. Danke
      für die lieben Worte. Ich wünsche Ihnen alles Gute mit der Schwangerschaft und für die Geburt. So unbeschwert wie mein ersten Mal, aber es wird gut gehen, da bin ich mir sicher!

      1. auweia
        Noch mal im ganzen Satz: So unbeschwert wie mein ersten Mal, ist es jetzt nicht mehr, aber es wird gut gehen, da bin ich mir sicher!

        1. Danke…
          …für die guten Wünsche. Ich kann mich ja melden, wenn der kleine Mann auf der Welt ist. Gestern hat er schwer geboxt, wir sind also ganz zuversichtlich, dass es gut geht, auch wenn wir noch nicht „über den Berg“ sind.
          Alles Gute!