Ich gebe gerne zu: Geduld ist nicht unbedingt meine Stärke. Früher ging mir sowieso alles immer viel zu langsam, erst durch die Kinder habe ich gemerkt, dass Geduld eine sehr wichtige Eigenschaft ist – ohne die man in der Kinder-Erziehung sowieso total aufgeschmissen ist. Und so habe ich in den letzten Jahren wirklich dazu gelernt, habe mich verbessert.
Nicht so viele meiner Mitmenschen. Immer wieder beobachte ich etwas, über das wir uns als Mütter schon lange aufregen. Dass sich ständig alle in alles einmischen. Wir haben uns ja schon an Sätze wie „Meinst Du nicht, du müsstest etwas strenger sein?“ oder „Bei uns hätte es das damals nicht geben“ gewöhnt. Doch diese Einmischerei beschränkt sich nicht nur auf Kinderthemen – mir fällt sie gerade gepaart mit Ungeduld überall auf.
Beispiel 1: Ich bin mit dem Auto unterwegs, will in eine kleine Gasse abbiegen, merke aber, dass es eine Sackgasse ist. Ich rage mit den Vorderreifen bereits in die Gasse hinein, bremse. Hinter mit ist niemand, die Straße, von der ich komme, ist frei. Also lege ich den Rückwärtsgang ein. Dann kommt ein Auto hinter mir, sieht, dass ich zurück stoße und fängt an, wie wild zu hupen. Ich hebe die Hand entschuldigend. Wenn das andere Auto nicht so nah aufgefahren wäre, wäre ich in null komma nix weg. Doch so muss ich kurz rangieren, der Autofahrer hinter mir hupt wie blöd. Dann schert er aus und überholt, fuchtelt dabei wie wild herum, signalisiert: „DU blöde Kuh“. Ich verstehe, dass niemand gerne wartet. Es handelte sich alles in allem aber nur um eine halbe Minute. Er führte sich so auf, als hätte ich einen 10 Kilometer langen Stau verursacht. Entspannt Euch doch alle mal, denke ich. Wie innerlich aufgewühlt muss man sein, um so ein Theater zu machen?
Beispiel 2: Ich muss schnell Brot holen und parke in einer Einfahrt (was zugegeben nicht korrekt ist). Ich flitze in den Bäcker, wo ich SOFORT dran komme, weil er komplett leer ist. Ich zahle gerade, ich war höchstens 1 Minute in dem Laden, da geht die Tür auf. „Ist das Ihr Auto in der Einfahrt?“ motzt mich eine Frau an. „Ja, ich bin sofort weg“, sage ich uns schnappe mir das Brot. „Das ist eine Einfahrt“, motzt mich die Frau weiter an. „Das geht gar nicht, das nächste Mal hole ich die Polizei“. Ich atme durch. „Das war nicht richtig, Sie haben recht. Ich hatte gehofft, in der einen Minute müsste niemand in die Einfahrt. Es tut mir leid, dass sie durch mich warten mussten und nicht hineinfahren konnten“, sage ich. „Muss ich gar nicht. Ich finds nur einfach eine Frechheit.“, sagt die Frau böse. Soll heißen: Ich hatte die Frau nicht behindert, sie wollte gar nicht in die Einfahrt. Sie hat mich einfach nur parken sehen und dachte, sie müsste mich zurecht weisen.
NOCHMAL: In beiden Fällen habe ich mich nicht 100 prozentig korrekt verhalten, das weiß ich. Aber sind diese Reaktionen wirklich angebracht? Hätte der Autofahrer nicht einfach ein paar Sekunden warten können? Hätte die Frau nicht einfach weiter spazieren können? Sie hat doch gesehen, dass ich nur zum Bäcker rein bin.
Ist das nur in Berlin so, wo es generell so ist, dass viele Menschen stets übellaunig sind? Oder motzen Menschen einfach generell gerne?
Und zum Schluss noch ein Zitat, das ich zum Thema fand:
“Man kann sich eine Menge Kummer und Ärger ersparen, wenn man im Moment aufkommenden Zorns Geduld und Ruhe bewahrt.”
Sehr wahr….
Foto: Lucas88 / photocase.de
12 comments
Das ist überall so…
Hallo Katharina,
ich habe zwar festgestellt, dass die Menschen im Süden etwas entspannter sind und wirklich die Ruhe weg haben. Geduldige Autofahrer sind sie aber leider auch nicht. Und Mütter… naja. Es muss eben überall im alles schnell gehen. Da ist bei vielen ja kaum Zeit, dass Kinder Knöpfe selbst zumachen üben oder sich allein die Schuhe anziehen. Schade, aber irgendwann kommt das bei ungeduldigen bestimmt wie ein Bumerang zurück, wenn sie ihren Kindern noch mit 14 die Schuhe zubinden und die Jacke knöpfen 🙂
Liebe Grüße,
Julia
Berlin kann auch freundlich
Jetzt nuss ich doch nal eine Lanze für die Berliner brechen. Ich habe eigentlich bisher zum allergrößten Teil positive Erfahrungen gemacht, wenn ich mit meinen zwei Kindern (2 Jahre und 6 Monate alt) in der Stadt und speziell in meinem Kiez in Moabit unterwegs war.
Und dabei nehmen wir auf der Straße oder in der Bahn und dem Bus mit Kleinkind im Buggy und Baby in der Trage echt viel Raum ein. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb), bieten viele uns beim Ein- und Aussteigen ungefragt Hilfe oder ihren Sitzplatz an. Wir wurden schon öfter an der Supermarktkasse vorgelassen.
Und die netten Plaudereien mit den Mitarbeitern an der Kasse oder auf der Post kann ich schon gar nicht mehr zählen. Blöde Kommentare kann ich dagegen an einer Hand abzählen.
Das meine ich alles ohne Ironie.
Mhm, hat denn außer mir sonst niemand auch mal nette Erfahrungen mit Kind in Berlin gemacht?
Allgemein ist mir übrigens aufgefallen, dass Leute besonders positiv reagieren, wenn ich das Baby in der Trage dabei habe (war auch bei Kind Nr. 1 schon so). Vielleicht, weil das Baby dann auf Augenhöhe ist? Sind ja in der Regel ganz knuffig anzusehen die Kleinen. Da kann man ja eigentlich nur freundlich sein. 😉
Jaaaaa!
Fast täglich erlebe ich sowas. In Berlin übrigens. Z. B., wenn ich am Ende der 30er Zone nicht plötzlich Gas gebe, um die orange Ampel noch zu kriegen…die Dame heute Morgen hinter mir hatte fast nen Herzinfarkt vor Ärger. Ich hab gelacht und gewunken. Irgendwie freue ich mich nämlich, wenn die Leute sich dann noch mehr aufregen 🙂
Das ist (leider) Berlin
Ich habe Berlin immer so geliebt, allerdings hatte ich noch keine Kinder als ich dort lebte. Jetzt wohne ich in Stuttgart, fühle mich total wohl (egal ob ich mit oder ohne Kinder unterwegs bin) und bin in Berlin nur noch besuchsweise. Aber ganz ehrlich, diese Aggressivität und das dauernde Rumgemotze egal ob im Straßenverkehr, in der Supermarktschlange oder bei nahezu allen Aktivitäten, die Kinder beinhalten, machen mich mittlerweile nur noch sprachlos. Ich weiß nicht ob es wirklich die Ungeduld ist die manche Menschen so werden lässt, oder ob es nicht einfach eine allgemeine Verbitterung ist. Na klar weiß ich, dass ich diese Leute einfach nur bemitleiden sollte, aber sie können einen mit ihrer Art trotzdem den Tag vermiesen. Einfach nur traurig.
Geht mir genauso wie Dir,
liebe Katharina, und ich glaube, es ist Berlin. Ich merke es so stark, seit ich mit Kinderwagen unterwegs bin. Ich bemühe mich so sehr, NICHT im Weg rumzustehen, die Welt und die Bedürfnisse der anderen Fußgänger, Radfahrer, Autos, etc. wahrzunehmen. Ich bin (schon fast paranoid) flink, aufmerksam, habe einen guten Kinderwagen – und trotzdem: regelmäßig passt es jemandem nicht, dass ich ein Stück mehr Bürgersteig beanspruchen muss, nicht ganz so flexibel ausweichen kann, wie wenn ich alleine unterwegs bin, etc. Es nervt so sehr und es ist, glaube ich, diese ungemein verbreitete Intoleranz, die schon im Kleinen anfängt.
Und weiß Du, was das Schlimmste daran ist: Früher war ich genauso!
Leider entwickelt sich die Welt in diese Richtung
Wir bekommen diese Ungeduld derzeit überall zu spüren. Sei es der Vorstand, der plädiert „Was heute gerade so gut genug war, muss morgen besser sein“ oder die kleinen Beispiele des Alltags. Ich glaube wir können dies nur wieder ändern, in dem wir unseren Kindern zeigen (und somit lehren), dass sie alle Zeit der Welt haben und wenn ihre Handlungen länger dauern als bei einem Erwachsenen, dies völlig ok und korrekt ist.
Meist ärgern sich die
Meist ärgern sich die Menschen ja nur über sich selbst. Der Autofahrer, wenn er Dich denn überholen konnte, dass er nicht so vorausschauend gefahren ist, dass er das gleich getan hätte. Die Frau vielleicht darüber, dass sie beim letzten Mal auch angegiftet wurde, als sie sich kurz über die Regeln hinweggesetzt hat.
Ich habe aber eine Frage zu Deiner „halb so wild“ -Einstellung in dem konkreten Auf/Zufahrts-Beispiel. Bliebest Du ruhig, wenn Du, sagen wir mal samt krankem Kind, für „nur 1 Minute“ auf eine Frau im Bäcker warten müsstest?
Wäre es ein Unterschied, wenn es eine Auf/Zufahrt wäre, sondern ein Rolli-Stellplatz oder eine Eltern-Kind-Parkfläche?
Die gibt’s überall…
Liebe Katharina! Die Erfahrung zeigt: diese Menschen gibt’s leider überall, auch hier in Österreich, und man muss sich dafür noch nicht mal wirklich „falsch“ verhalten haben, um so eine Art Zorn auf sich zu ziehen. Ich wollte unlängst eine Freundin besuchen, und als ich zur Eingangstür kam und klingeln wollte, war auch gerade eine ältere Frau dabei, die Tür aufzuschließen. Aus Respekt habe ich mit meinem kleinen Sohn am Arm ein paar Schritte hinter ihr gewartet. Als sie schon durch die Tür war, habe ich sie wirklich höflich gefragt, ob ich auch gleich mit rein darf. Dreht sie sich um und giftet mich in einem rüden Ton an: „Na dann machen Sie schon, und beeilen Sie sich gefälligst, ich muss auf’s Klo!“ Ich war in dem Moment so perplex, dass ich nur stammeln konnte: „Ja, aber das kann ich doch nicht wissen, ich wollte doch nur…“ Daraufhin schneidet sie mir das Wort ab: „Na Sie stehen da nur in der Gegend rum und schauen!“ Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte, als ihren mir unbekannten Harndrang zu schikanieren! Es klingt mit einem gewissen Zeitabstand jetzt schon viel harmloser, als es mir zu dem Zeitpunkt vorgekommen ist, aber den anschließenden Nachmittagskaffee bei meiner Freundin konnte ich damals nicht genießen.
Das ist Berlin
Liebe Katharina,
meine Erfahrung nach 10 Jahren Berlin ist diesselbe. Übellaunig, abschätzende Blicke wenn man mit Kindern unterwegs ist, Ungeduld, Unfreundlichkeit. Ich wohne nun seid 2 Jahren in Hamburg. Gut gelaunte geduldige Menschen, die gerne Leuten mit Kindern helfen, sich an ihnen erfreuen und einfach freundlich sind. Geduld hat der Hanseat auch, in der Supermarktschlange wird dann eben mit dem Hintermann geplaudert anstatt ungeduldig zu poltern. Für mich tat sich eine völlig neue Welt auf, wirklich! Liebe Grüsse
Liebe Katharina- du schreibst
Liebe Katharina- du schreibst mir von der Seele!
Und- meine Erfahrung- das ist Berlin!
Ich wurde schon mal, mit 2 kleinen Kindern im Schelpptau, eine kleine Straße überquerend, angehupt, weil ein Autofahrer in die Straße einbiegen wollte und wir sie ‚versperrten’…
Liebe Grüße aus Pankow