Ihr Lieben, immer wieder berichten wir über andere Familienmodelle. Weil wir wichtig finden, zu zeigen, dass Liebe in den verschiedensten Konstellationen vorkommen kann. Heute gibt es ein Interview mit Jana, die gemeinsam mit ihrer Frau ein Pflegekind angenommen hat. Uns hat interessiert, wie das funktioniert und ob man es als lesbisches Paar bei den Behörden schwerer hat. DANKE Jana für den Einblick in Euer Leben!
Wer bist Du und wer gehört zu Deiner Familie?
Ich bin Jana 28 Jahre jung, Sozialpädagogin. Zu meiner Familie gehören: meine Frau V. Informatikerin und unsere 17 Monate alte Tochter. Wir leben in einer Kleinstadt in einem gemütlichen Haus mit 300 qm Garten und zu uns gehört noch eine 3 jährige Hundedame. Bis Dezember letzten Jahres lebten wir allerdings im schönen Köln.
Wann hast Du Dich geoutet und wie waren die Redaktionen?
Geoutet habe ich mich mit 16 bei Freunden und meiner Familie. Natürlich hatte ich Angst, aber hätte mir jemand gesagt, dass ich durch mein Outing meine Eltern verliere, hätte ich sie ausgelacht – denn damit hätte ich nicht gerechnet. Leider konnten meine Eltern nicht akzeptieren, dass ich lesbisch bin, wir haben seit dem keinen Kontakt mehr. Heute weiß ich, es ist alles gut so, wie es ist. Ich möchte nur Menschen um mich herum haben, die auch zu 100% zu mir stehen und mich mögen, sowie ich bin.
Wo hast Du Deine Frau kennengelernt und wer hatte zuerst den Gedanken an ein gemeinsames Kind?
Wir haben uns in einer Bar kennengelernt und ich war diejenigen, die zuerst von Kindern gesprochen hat. Aber meine Frau war auch sofort Feuer und Flamme.
Ihr habt Euch entschieden, ein Pflegekind anzunehmen. Hattet Ihr es schwerer, weil Ihr nicht die typische Vater-Mutter-Kind-Familie seid?
Ob wir es schwerer hatten, kann ich Dir nicht sagen. Katholische Träger haben natürlich gleich den Kopf geschüttelt, aber das ist ja nichts Neues. Und wir wurden auch von zwei Trägern abgelegt, was nicht unnormal ist. Allerdings empfanden wir das Gespräch mit der Psychologin, dass wir im Sinne der Überprüfung führen mussten, als sehr seltsam. Denn sie konnte so gar nicht verstehen, warum wir als Frauenpaar gerne einen Jungen aufnehmen würden. Wir haben die Frage nicht verstanden. Dann sagte die Psychologin tatsächlich, sie hätte bei dieser Konstellation ein komisches Bauchgefühl. Bis heute weiß ich nicht was sie mir damit sagen wollte, aber unsere Kanzlerin hat ja auch ein komisches Bauchgefühl. Wer weiß woher die Magenschmerzen kommen.
Dann habt Ihr ja Eure Tochter aufgenommen. Welche Rechte und Pflichten habt Ihr?
Wir haben als Pflegemütter ziemlich viele Rechte. Es gibt zwar einen offiziellen Vormund, von dem habe ich aber für alles Vollmachten und somit können wir uns mit unserer Tochter frei bewegen. Das heißt, wir können alles machen: Arztbesuche, Kindergarten-Anmeldungen, Urlaube etc.
Zu den Pflichten: Alle 6 Monate gibt es Gespräche mit dem Jugendamt, sogenannte „Hilfe-Plan-Gespräche“. Dann treffen sich Vormund, das Jugendamt, die Pflegeeltern und gegebenenfalls die leiblichen Eltern. Man bespricht die letzten 6 Monate, den Entwicklungstand des Kindes, die Zusammenarbeit der Beteiligten und macht einen Plan für die nächsten 6 Monate. Man erzieht so heißt es offiziell: öffentlich. Wir bekommen regelmäßig Besuch vom Jugendamt/oder Träger und vom zuständigen Vormund. Wir werden also bei unserer Erziehung schon anders „beobachtet“ als "nicht- Pflegeeltern".
Wie hat Euer Umfeld reagiert, als Ihr gesagt habt, dass Ihr ein Pflegekind aufnehmen wollt?
Unser Umfeld hat durchaus positiv reagiert. Alle haben sich gefreut und waren begeistert Oma, Opa, Uropa und Tante zu werden. Natürlich kamen die ängstlichen Fragen a la „Aber müsst Ihr das Kind dann auch wieder abgeben?“. Aber das ist ja verständlich, keiner möchte unsere Maus je wieder missen.
Wie erklärt Ihr Eurer Tochter, dass sie zwei Mamas hat?
Für Erklärungen ist sie noch zu klein. Sie hat einfach zwei Mamas und für sie ist das auch normal. Genau wie für unsere Freunde und Verwandte. Sie nennt uns beide Mama und der Rest wird sich zeigen.
Kannst Du Dir vorstellen, ein leibliches Kind zu bekommen bzw wollt Ihr überhaupt noch mehr Kinder?
Wir wollen vier Kinder. Das zweite Pflegekind ist in Planung und mal sehen, was die Jahre noch so mit sich bringen. Leibliche Kinder möchte ich nicht, meine Frau ist sich noch nicht sicher.
Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass die Bürokratie nicht so festgefahren ist in ihren Ansichten und Worten. Das Wort "normal" sollte gar nicht mehr dort auftauchen, wo man von Familie, Liebe oder Beziehungen spricht. Ich finde uns drei manchmal schon so spießig, dass ich diesen 'angeblichen' Unterschied gar nicht wahrnehme. Wir sind Familie. Familie ist dort, wo Kinder sind, und jedes Kind hat ein Recht so geliebt zu werden wie es ist und jeder Mensch hat das Recht zu leben wie er es möchte.
5 comments
Zwei Mama’s mit zwei Töchtern
Ich lebe ebenfalls mit einer Frau zusammen. Vor vier Jahren haben wir Standesamtlich geheiratet. Wir leben in einen kleinen Dorf, wo jeder jeden kennt. Als Neulinge und als lesbisches Paar hatten wir Distanz von den anderen erwartet. Aber wie so oft, unterschätzt man manche Leute. Wir sind mit offenen Armen integriert worden und viele zeigten Interesse an unserer Lebensweise. Als wir beide dann noch gleichzeitig schwanger wurden und neun Monate darauf unsere Töchter zur Welt kamen, waren viele erstaunt. Jetzt sind beide drei Jahre, im Kindergarten sehr beliebt und wir als Familie mit zwei Mama’s voll akzeptiert.
Wichtig ist doch dass ein
Wichtig ist doch dass ein Kind geliebt wird, egal in welcher Familienkonstellation. Meine Schwester lebt auch in einer gleichgeschlechtlichen Ehe und es bestand lange ein Kinderwunsch. Leider wurden den beiden nur Steine in den Weg gelegt und nach mehreren erfolglosen Jahren haben sie aufgegeben. Schön finde ich dass meine beiden Kinder ganz selbstverständlich mit ihren zwei Tanten aufwachsen.
Besonders die letzten zwei
Besonders die letzten zwei sätze sind richtig und toll. Familie ist familie, und ob sie nun aus vater-mutter-kind, mutter-mutter-kind oder vater-vater-kind besteht. Das tut doch der zuneigung für einander und dem kind keinen abbruch. Hauptsache alle sind mit der situation zufrieden, und ich denke das gleichgeschlechtliche eltern genau so gute (oder eben manchmal auch nicht so gute) eltern sein können wie beim „klassichen“ familienbild. Es kommt ja schließlich nicht nur auf das geschleht an.
Wie schön, dass es klappt!
Wie schön, dass es klappt! Ich habe schon öfters von schwulen Paaren gehört, die Pflegekinder ( meist aus dem Berliner Raum) aufgenommen haben. Mir zeigt es, dass es zwar immer noch große Vorbehalte gegen gleichgeschlechtliche Paare gibt, aber es scheint langsam der Weg geebnet zu werden, die Vorurteile zu vergessen. Als Pflegemutter von 3 Kindern freue ich mich immer, wenn Kinder in liebevollen Familien aufgenommen werden… Macht bitte weiter so!
Klasse!
Klasse!
Unser Sommerkind hat drei Omas, denn meine Mutter lebt ebenfalls mit einer Frau zusammen. Ich finde toll, dass sie so ohne Vorurteile aufwächst und die beiden „Omas“ sind sowieso ihre Liebsten ; ).
Liebe Grüße
Nicole