Gestern habe ich im Blumenladen zweimal sieben Rosen bestellt. Einmal pinke und einmal weiße. Und während ich die zwei Sträuße bestellte, kamen mir auch schon fast die Tränen – zweimal sieben Rosen für zweimal sieben Jahre.
Heute werden unsere Zwillinge sieben!
Heute vor sieben Jahren fuhr ich mit meinem dicken Bauch hinterm Steuer zu einer Routine-Untersuchung ins Krankenhaus. Und verließ es erst, als meine Jungs geboren waren. Am Nachmittag des 25. durften wir sie in unsere Arme nehmen, reif geboren in der 39. Schwangerschaftswoche mit jeweils etwa drei Kilo. Im Grunde also wie zwei Einlinge. Nicht zu früh, nicht zu leicht, zwei richtige Kerle.
In der letzten Woche sprach ich kurz mit der Nachmittagsbetreuerin der Beiden und sie sagte: Wenn sie nicht gleich aussähen, würde man nicht denken, dass sie Geschwister sind. Jeder hat seinen eigenen Freundeskreis, sie hängen nicht aufeinander und sitzen beim Essen auch nicht zusammen, obwohl freie Platzwahl ist. Sie müssen nicht äußerlich beeinander sein, wenn sie sich ihrer inneren Verbindung so sicher sind…
Zwei eigene Persönlichkeiten. Zwei Individuen. Genau das war es, was uns wichtig war, als wir vier Monate nach der Geburt durch einen Gentest erfuhren, dass die Zwei eineiige Zwillinge sind. Sie sollten nicht immer nur als Doppelpack wahrgenommen und über einen Kamm geschoren werden, sondern jeder für sich. Wir kleideten sie so gut wie nie gleich und das verlangten sie auch nicht. Du bist Du und ich bin ich.
Trotzdem prägte sie das Zwillingssein unheimlich, das machte sich bei Kleinigkeiten bemerkbar. Zum Beispiel, als sie, kurz nachdem sie sprechen gelernt hatten, die Bäckersfrau fröhlich mit einem „Hallo, Ihr beiden“ begrüßten, obwohl nur eine Frau im Laden stand. Wie sollten sie das auch gelernt haben, wenn sie immer zu zweit begrüßt wurden…
Zwei Jungs durch dick und dünn. So unabhängig sie in der Nachmittagsbetreuung sein mögen, so doll hängen sie aber auch aneinander. Unvergessen bleibt das Wochenende, an dem einer mit Papa zu Oma fuhr und der andere bei mir und seiner großen Schwester blieb. Am Abend gab es Tränen. Ich will zu meinem Bruder. Darf ich ihm eine SMS schreiben? Das war kurz nach der Einschulung. Sie lernten nach der Schreiben-Nach-Hören-Methode und die SMS für den Zwillingsbruder lautete: „Es Femesedes“ – „Ich vermisse Dich“.
Einig sind sie sich außerdem über den Verein, an den sie ihr Herz verloren haben: Werder Bremen. Verliert Bremen, weinen beide. Außerdem kicken sie zusammen in einer Mannschaft und dribbeln, köpfen und schießen für die gemeinsame Sache. Egal, wie sehr sie sich auf der Fahrt zum Training noch gekloppt haben, auf dem Platz halten sie zusammen.
Ich habe sie gemeinsam im Bauch gehabt, ich habe sie gemeinsam gestillt. Ich habe ganze Nächte durchgemacht, um sie nacheinander oder miteinander zu beruhigen, wir haben Reisen unternommen, kurze und sehr sehr lange, wir haben Krankenhausaufenthalte gemeistert und blaue Flecken gekühlt. Wir haben eine wunderbare Taufe und eine rührende Einschulung erlebt.
Wir haben einen Umzug von Berlin ins Bergische gemeistert. Wir haben zusammen gelacht und geweint. Wir sind auch mal verzweifelt. Und ich habe auch mal gehadert in den überforderten Momenten und gedacht: Wären die beiden doch nur nacheinander gekommen, mit ein paar Monaten oder Jahren Abstand. Eine Eins-zu-Eins-Betreuung, wie sie jeder verdient.
Und dann kamen wieder diese magischen Zwillingsmomente und ich wusste: Nein, sie hätten nicht nacheinander kommen können. Sie gehören zusammen und alles ist richtig so, wie es ist. Was haben wir für ein Glück, so etwas zu erleben. So etwas Besonderes, so etwas Spannendes, wer kann das schon mit erleben, wie sich zwei Menschen mit der gleichen genetischen Voraussetzung entwickeln. Und ich kann berichten, sie sind charakterlich nicht gleich.
Sie machen mich wahnsinnig, mal einzeln, mal zusammen – wahnsinnig mit ihrem Chaos, wahnsinnig vor Glück!
Und weil das so ist, muss ich mich mal bedanken. Ganz besonders danke ich den Statistikern, die immer behaupten, Zwillingseltern ließen sich fünfmal so häufig scheiden, wie Einlingseltern. Ich freue mich jeden Tag, Euch das Gegenteil beweisen zu können.
Und wo wir grad beim großen Dankeschön sind, danke ich auch unserer fabelhaften Tochter, die das mit den "terrible two" hier im Haus so besonnen meistert, auch wenn ihr fertig eingerichtetes Puppenhaus nie länger als fünf Minuten stehen bleibt, weil dann schon wieder ein Ball dagegen fliegt oder ein vom Skateboard gefallener Bruder mitten rein kracht. Die es fantastisch geduldig erträgt, wie viel Aufmerksamkeit diese gleich aussehenden blonden Brüder in der Öffentlichkeit ziehen und die, nachdem ich mir letzte Nacht einmal durchschlafen gewünscht hatte, ihren Brüdern sagte, sie könnten gern zu ihr kommen, wenn sie schlecht träumten. Heute morgen, als wir die Geburtstagskinder wecken wollten, fanden wir unseren Jüngsten neben ihr liegend vor…
Und auch danke ich den großartigen Großeltern, die IMMER hitner uns stehen und uns nicht nur in den Momenten des Wahnsinns unter die Arme greifen, sondern auch sonst immer für uns da sind.
Ich finde, wir können uns heute alle feiern für diese sieben Jahre Leben – Happy sieben Jahre ZWILLINGE!
Auch in den letzten Jahren haben wir zum Geburtstag unserer Jungs geschrieben. Der dritte Geburtstag fehlt zwar aus unerfindlichen Gründen, aber manchmal fallen mit Zwillingen eben auch Dinge hinten über 😉 Zum Nachlesen:
9 comments
…das selbe Geburtsdatum wie
…das selbe Geburtsdatum wie meine Tochter. Hach wunderbar- also 2 Waagen
Was für ein schöner Beitrag
Bin zufällig auf den Beitrag gestoßen und find ihn einfach nur toll. Nur unter Tränen konnte ich ihn zu Ende lesen während meine Zwillings-Jungs im Bauch strampeln. Sehr schön geschrieben.
Alles Gute!
So schön!
Hallo
Ein toller Text, der sogar mich, als vermeintlich gefühlloseren Mann, rührt. Das ist pure Geschwisterliebe, die ich mir in Zukunft auch wünsche – auch wenn es keine Zwillinge bei uns werden.
Ohhh
Was eine schöne Liebeserklärung an Deine Familie! Schön! Ich konnte mich in so vielem wiederfinden, manche Dinge kennen wir noch nicht, einiges aber schon. Bei uns ist die große Schwester z.B. meist auch so süß fürsorglich… Eigentlich wollte ich schon weiter zum nächsten Geburtstag hüpfen, doch dann habe ich das Datum Deines Posts gesehen. Und nun muss ich doch was schreiben. 🙂 Meine (Mini-) Ganoven sind nämlich auch am 25.09. geboren, nur vier Jahre später. Und nun bin ich gespannt wie Du die letzten Geburtstage beschrieben hast… Liebe Grüße vom Bodensee, Heike
Wie toll!
„Hallo ihr beiden“ ist sehr, sehr lustig. Und Tränen in den Augen hatte ich auch. Was für ein toller Text, ich hoffe, Ihr hattet einen schönen Tag.
Ach wie schön…
Liebe Lisa,
ich bin so gerührt von Deinen tollen Worten…meine Zwillinge sind ja erst 12 Wochen und trotz aller Anstrengungen ist es einfach etwas ganz besonderes so ein Doppelpack aufwachsen zu sehen. Unsere Große ist mit ihren 3,5 Jahren auch eine ganz tolle Schwester und liebt die beiden sehr, obwohl sie oft zurückstecken muss…! Aber wenn ich Deinen Beitrag hier so lese bin ich sicher: das wird alles noch ganz wunderbar!!! Liebe Grüße, Anna
Danke
Danke für diese schönen Worte. Sie haben mich ganz besonders berührt, da ich aktuell eine Tochter habe und mit eineiigen Jungs schwanger bin. Ich fände es toll, in 7 Jahren und ein paar Monaten ein ähnliches (Zwischen)Fazit ziehen zu können. Ehrlich gesagt freut mich besonders, dass deine beiden eben doch auch verschieden sind und trotz engem Band nicht alles zusammen und „gleich“ machen.
Herzliche Grüße aus Berlin
Anke
Oh!
Liebe Anke,
freunde mich doch sehr gern mal bei Facebook an oer schreib mir eine Mail, wenn Du magst, dann können wir uns austauschen. Ich helf gern bei Fragen weiter. Aber erstmal: Herzlichen Glückwunsch zum Doppelglück!
Lisa
Zwillinge!
Wunderschön geschrieben, am Ende kamen mir die Tränen… warum?? Weil ich emotional genau das alles nachfühlen kann und bei vielem genauso denke/rede/fühle/schreibe! Warum??
Wir haben eine Tochter 10 Jahre und unsere Zwillingsbuben 4 Jahre!!
Mensch, was für ein toller Beitrag und wie oft habe ich mich wiedergefunden in den Zeilen! Danke!
Und natürlich herzlichen Glückwunsch an die beiden Geburtstagskinder!
Es ist, wie es ist und so ist es verdammt gut!!
Überlegt ihr manchmal ein 4.Kind zu bekommen? Also ich bin am hin- und herdenken und wir überlegen sehr viel. Eigentlich sind wir Eltern ausgelastet und alles ist perfekt, manchmal wünsche ich mir aber so kleine Momente sehnlichst zurück, ein Baby zu stillen, zu kuscheln, zu lieben, anzuschauen…. weil diese Babyzeit mit unseren Zwillingsbuben soo schnell vergangen ist und man es einfach nicht so geniessen und erleben konnte, wie mit einem Einling, denn es lief immer so routiniert und strukturiert ab.