Liebe Lisa, wenn ich mir eine Eigenschaft wünschen dürfte, dann wäre das Schlagfertigkeit. Denn schlagfertig bin ich leider gar nicht. Oft verschlägt es mir angesichts der Dreistigkeit, Unfreundlichkeit oder dem Selbstverständnis anderer die Sprache. Kaum bin ich nicht mehr in der Situation wird mir ganz klar, welcher Spruch gut gewesen wäre oder wie ich reagieren hätte sollen. Dann ärgere ich mich, dass ich die Chance verpasst habe. Genauso ging es mir kürzlich in der ersten Schwimmstunde meiner Tochter. Sie hatte sich super super super drauf gefreut – doch leider entpuppte sich der Schwimmlehrer als muffelig. Anstatt die Kinder zu ermutigen, mit ihnen Spaß zu haben, zog er teilnahmslos sein Programm durch. Er ging nicht darauf ein, dass meine Tochter bald schlotternd vor Kälte an der Schwimmnudel hing, sie es einfach nicht hinbekam, ihre Arme richtig zu bewegen – was beim ersten Versuch ja auch kein Wunder war. Ich saß auf einer Liege in der Nähe und beobachtete das alles. Irgendwann, als ich sah, dass die Verzweiflung bei meiner Tochter wuchs, unterbrach ich das Ganze. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Schwimmlehrer verließen wir das Bad. Er sagte nur: „Kein Wunder, dass sie friert. Sie bewegt sich ja auch nicht.“ Da mein Kopf voll damit war, ein schlotterndes Kind und einen pitschnassen 1-Jährigen (der wollte nämlich auch die ganze Zeit ins Wasser), zu handeln, startete ich keine Diskussion, sagte ihm nicht, dass ich seinen Umgang absolut lieblos fand. Und das wurmte mich. Also setzte ich mich am Tag drauf hin und schrieb ihm diese Mail:
"Lieber XXX,
gestern war meine Tochter bei Dir in der Schwimmstunde – ich wollte Dir nur sagen, dass wir uns entschieden haben, den Kurs nicht fortzuführen. Das liegt zum einen daran, dass sie körperlich wohl nicht nicht ganz so weit ist. Zum anderen möchte ich Dir aber auch ein Feedback geben. Meiner Meinung nach hast Du eine wirklich tolle Aufgabe, nämlich Kindern die Freude am Schwimmen zu vermitteln. Auf mich hast Du gestern aber nicht besonders einfühlsam gewirkt, sondern eher teilnahmslos. Mir hat gefehlt, dass Du liebevoll auf die Situation eingegangen bist, die Kinder bestärkt und ermutigt hast. Vielleicht hattest Du gestern auch einfach einen schlechten Tag, aber ich habe Dich nicht einmal lachen oder freundlich gesehen.
Mach mit diesen Sätzen, was Du willst. Vielleicht sind sie Dir egal – mir war es aber wichtig, Dir ein Feedback zu geben.
Viele Grüße, Katharina"
Ein paar Stunden später erhielt ich diese Antwort:
"hallo katharina,
kritik bringt einen immer weiter;-)
danke fürs feedback."
Es geht mir nicht darum, als Gewinner aus der Situation zu gehen – oder einen anderen Erwachsenen zu erziehen. Aber ich möchte in den Spiegel gucken und wissen, dass ich für mich und meine Kinder das Richtige getan habe und nicht einfach den Mund gehalten habe.
3 comments
Gut gemacht!
Finde deine email gut. Die Antwort gefällt mir aber auch. Da hat sich jemand nicht verteidigt, sondern einfach mal akzeptiert, dass er was falsch gemacht hat. Und das noch auf recht lockere Weise 🙂 Wir haben alle mal einen schlechten Tag oder?
Antwort vom Schwimmlehrer
Trotzdem finde ich die Antwort vom Schwimmlehrer ziemlich banal; spätestens hier hätte er ja in etwa schreiben können: es tut mir leid, dass das nicht so funktioniert hat wie erhofft, probieren wir es doch in ein wenig Zeit nochmals. Das wäre ermutigend gewesen…
Oft ist der schriftliche der Beste Weg für Feedback…
… Finde ich. Man kann mit Bedacht die Worte wählen und ist nicht mehr so in Rage, weiß aber noch genau, wie man sich gefühlt hat. Genauso ists beim Empfänger, der das Ganze meist in einer ruhigen Minute liest und es kommt dann vielleicht ganz anders und gezielter an. In einem halligen Schwimmbad mit einem dutzend Kindern im Rücken und getragen von den jeweiligen Emotionen ist man zwar vielleicht eindrucksvoller aber es prallt auch leichter am Gegenüber ab, weil er sich falsch behandelt fühlt und sofort mauert… Ich finds gut, dass du noch ne Email hinterhergeschrieben hast!!