Wenn ich keine Kinder hätte – dann wäre es ein anderes Leben

huerde
Liebe Katharina, ich hätte am Wochenende vermutlich ausgeschlafen, wenn ich keine Kinder hätte.
Vielelicht hätte ich mich am Freitagnachmittag mit einer Freundin zum Kaffee getroffen, mir am Abend einen Wein mit meinem Mann gegönnt, mich aufgeschniegelt und wäre dann noch in die Stadt gefahren. Zum Feiern. Cocktails trinken, tanzen, Taxi, schlafen. Der Samstag hätte spät begonnen, wir hätten erst mittags gefrühstückt, mit Ei, gegen den Kater, wir wären bis 12 oder eins in Schlafanzügen, um uns dann mit einem Buch in den Park zu legen oder mal ausgiebig zu telefonieren.

Vielleicht.

Vielleicht wäre ich auch selbständig und hätte das ganze Wochenende Tag und Nacht durchgearbeitet.

Vielleicht hätte ich gar nichts zu tun und mir wäre sterbenslangweilig.

Vielleicht wäre ich auch Diplomatin geworden und säße in Jakarta oder Medellin oder Abu Dhabi und würde meine Palme im Garten wässern.

Vielleicht wäre ich wieder Single oder zum dritten Mal verheiratet.

Hätte, wäre, könnte.

Ich habe an diesem Wochenende mein Kind zum Kindergeburtstag gebracht. Mit den anderen Kindern bin ich zum Sport gefahren, endlich nicht mehr in der Halle, endlich wieder draußen auf dem Platz, endlich tolles Wetter. Wir haben dann zusammen Würstchen auf den Grill geworfen und beim Abholen vom Kindergeburtstag hab ich mit den anderen Eltern ein Sektchen getrunken, während die Kids noch auf dem Trampolin hüpften. Ich habe mich abends noch an einen Text gesetzt, der fertig werden musste, als die Kinder schliefen. Am Samstag stand ich auf einem Fußballturnier meiner Söhne in der Sonne herum. Mit meinem Mann und einem Kaffee in der Hand. So viele Tore, so viel Jubel. Am Sonntag waren wir auf der ArtCologne mit Kind und haben ihm eine Welt gezeigt, die anders ist als der Sportplatz. Die Leute, die Kunstwerke. Toll. Danach haben wir aus Eimern und Besen Hürden gebaut und sind wiehernd drüber gesprungen.

Das hätte ich ohne Kinder nicht getan.

Dabei habe ich meine halbe Kindheit mit solchen Hürden verbracht. Ich hätte auch nicht den Sonntagabend auf dem Trampolin verbracht, wo wir Der-Ball-darf-uns-nicht-berühren spielten. Ich hätte auch nicht den Samstagvormittag neben meinem Mann gstanden, um stolz unsere Jungs abzuklatschen, wenn mal wieder ein Tor gefallen war. Wir wären nie in den Garten der Eltern gekommen, in dem wir nach dem Kindergeburtstag zusammenstanden, um zu quatschen.

Es wäre ein anderes Leben. Ein ganz, ganz anderes.

 

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3 comments

  1. Eine Welt, die verborgen bleibt
    Ohne jemandem ohne Kinder zu nahe treten zu wollen: mit Kindern, finde ich, erschließt sich einem eine Welt, voller Überraschungen, Emotionen, die man sich nie hätte vorstellen können, Verantwortung für wundervolle und sich entwickelnde Wesen, man entdeckt auch eine neue Dimension der Liebe in der Beziehung, die mich zum Beispiel ebenfalls überrascht hat. Zusammen Eltern sein ist etwas einzigartiges, auch schwieriges, aber vor allem auch wahnsinnig Bereicherndes. Also, ein Leben ohne Kinder wäre für mich zwar nicht undenkbar, denn natürlich gibt es viele Dinge, die auch ich gerne tue, und die mit Kindern (zumindest wenn sie noch klein sind) erstmal wegfallen oder schwieriger werden. Aber, mit der Erfahrung die ich jetzt habe, und da muss ich meiner Vorrednerin entschieden widersprechen: ein Leben ohne Kinder, das wäre nichts mehr für mich.

  2. Tja
    Es ist nicht so, dass ich mein Leben vor den Kindern vermisse. Es ist auch nicht so, dass ich unglücklich wäre über das Leben mit Kindern. Hätte ich keine Kinder würde ich vermutlich bis zum Tod Trauern über das was mir vermeintlich ohne ein Leben mit eigenen Kindern verwehrt bleibt. Seit ich Kinder habe, vermute ich, könnte ich mit dem jetzigen Wissen um ein Leben mit Kindern, mein Leben auch ohne Kindrr wunderbar genießen.
    Wirre Grüße!

  3. Genau richtig
    Ich finde den Artikel klasse. Mein Mann sagt auch oft zu mir: was würden wir ohne unsere Maus eigentlich machen? Was haben wir den ganzen Tag gemacht, bevor wir Eltern wurden?

    Sicher haben wir den Tag auch „rumgebracht“ aber es war anders 😉

    Es war früher schön und es ist heute schön und ich bin sicher, dass wird es auch in Zukunft.

    Vielen Dank für diesen tollen Artikel, den ich gerne teilen werde.