„Und Ihr so?“ Heute bei: TINE

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Zum Start ins Wochenende eine neue Folge unserer Serie „Und Ihr so?“. Tine aus Berlin erzählt heute von den Höhen und Tiefen eines Patchwork-Lebens. Vielen Dank, liebe Tine, für den spannenden Einblick in Deine Familie!

Wer seid Ihr? Wir, das sind Michael (58), Tine (47), Kira (19), Luka (13) und Simon (13), leben seit 5 Jahren im Patchworkabenteuer. 2+3=5-1(bereits ausgezogen)= 4. Manchmal 3, glücklicherweise oft auch nur 2 – das macht es aufregend, im Zweifel erträglich, immer wieder neu und abwechslungsreich.

Was heißt für Euch Heimat?

Meine Heimat ist Berlin. Dort bin ich geboren, zur Schule gegangen und in 7 Jahren 8x umgezogen. Michael kommt aus Lübeck. Heimat ist allerdings auch dort, wo man seine Lieben um sich hat, wo das Herz einen Purzelbaum schlägt, wo man das Gefühl hat, angekommen zu sein. Das kann überall auf der Welt sein, und wir fühlen uns inzwischen auch auf unser Lieblingsinsel Ibiza sehr heimisch.

Wie wohnt Ihr?

Wir wohnen in einem kleinen Hexenhäuschen mitten im Wald, in der Nähe eines Sees am Rande von Berlin. Im Sommer sind die Türen fast immer geöffnet, wir haben viele nette Nachbarn, mit denen man sich gern und vor allem spontan zum Grillen und chillen trifft. Ganz wie jeder mag. Wir sind sehr glücklich in unserem kleinen Paradies inmitten der Hauptstadt. Nachteile finde ich keine, Vorteile hingegen gibt es viele: frische Luft, kaum Autos, Natur, Ruhe und Entschleunigung.

Wie hat sich Eure Wohnsituation verändert seit Ihr Kinder habt?

Vor unserem Patchworkabenteuer lebte ich mit Kira und Luka allein in einer kleinen Wohnung, dann  lebten wir gemeinsam mit Michael und Simon in einem kleinen Haus… Michael und Simon mussten etwas zusammenrücken als wir kamen, aber die Tatsache, dass wir nur selten alle zusammen im Haus leben, entspannt die Raumsituation. Jeder hat sein eigenes, wenn auch kleines Reich und somit ist die Welt in Ordnung.

Was tut Ihr vormittags?

Die Jungs sind in der Schule, wir sind berufstätig. Teils zu Hause, teils außerhalb – das ist eine angenehme Situation, die es uns ermöglicht, flexibel mit den unterschiedlichen Schulsituationen umzugehen und überwiegend dann zu Hause zu sein, wenn die Jungs auch zu Hause sind. Vor zwei Jahren noch war dieser Aspekt allerdings wichtiger als heute. Heute sind die Jungs auch froh, mal alleine zu sein 🙂

Und nachmittags?

Die Nachmittage sind unterschiedlich. Luka lebt im Wechselmodell. Wenn er bei mir ist, versuche ich, nachmittags und abends überwiegend zu Hause zu sein. Kochen, quatschen etc.. 13, männlich, mundfaul kann ich nur sagen. Die Standardfrage am Mittagstisch „Wie war´s in der Schule?“ wird mit einem schlichten „hmm“ abgewatscht, 2 Stunden später hingegen, ganz unverhofft, sprudelt es aus ihm heraus. In diesen Momenten möchte ich da sein, das finde ich wichtig. Zuhören, Zeit haben. Etwas Fußball,  etwas Klettern für die Kinder, ansonsten Hausaufgaben unter Murren, am liebsten „minecraften“ und gleichzeitig skypen. Sind die Jungs bei den anderen Elternteilen, haben Michael und ich genügend Zeit, unseren Hobbies nachzugehen oder Freunde zu treffen. Wir sind gern in der Natur und obwohl ich sportlich ziemlich aktiv bin (jedenfalls für andere), versuche ich gerade, einen wöchentlichen Yogatermin für mich selbst zu organisieren.

Was heißt für Euch Vereinbarkeit:

Vereinbarkeit bedeutet für uns oft der kleinste gemeinsame Nenner, z. B. an den Wochenenden, an denen die Jungs bei uns sind, Dinge zu finden, die alle mögen. Unternehmungen zu planen, von denen jeder etwas hat. Das gelingt aufgrund der sehr unterschiedlichen Interessen nicht oft, zumal Freunde im Leben der Jungs einen höheren Stellenwert erlangen. Da kommt es auch vor, dass ein Wochenende verstreicht und jeder nur sein Ding gemacht hat, man sich kaum über den Weg gelaufen ist.

Vereinbarkeit heißt auch, der logistischen Herausforderung einer Patchworkfamilie Herr zu werden, wer wann mit wem wo Weihnachten, Geburtstag oder Ostern feiert, gemeinsame Urlaubszeiten zu organisieren, gerade dann, wenn die anderen Elternteile auch ein neues Patchworkleben führen und sich wiederum mit weiteren Eltern, Großeltern und Kindern organisieren müssen… eine endlos schwierige Aufgabe.  

Ich wünschte mir mehr gemeinsame Interessen, die die wenige gemeinsame Zeit zu einer wirklichen Gemeinsamkeit werden ließen.

Was bedeutet Gleichberechtigung für Dich?

Wenn alleinerziehende Elternteile – meist Mütter – endlich finanziell bessergestellt würden oder wenn Elternteile – auch meist Mütter -, die aus einer gemeinsamen Entscheidung mit ihrem Partner heraus nur Teilzeit arbeiten, im Falle einer späteren Trennung nicht von Altersarmut bedroht würden. Das ist ein großes Dilemma meiner Muttergeneration. Aber auch die jungen Mütter kämpfen heute natürlich mit dem Spagat zwischen Kindern und Beruf… welcher nicht selten in totaler Erschöpfung endet.

Was ist etwas, mit dem Du nie gerechnet hast bevor Du Mutter/Vater wurdest?

Theorie und Praxis sind oft auseinander geklafft, aber es gibt nichts, was mich umgehauen hätte, weil ich nicht damit gerechnet habe. Obwohl… vielleicht die Tatsache, dass ich vor der Geburt meines 1. Kindes fest davon überzeugt war, das Kind würde sich nach meinem Rhythmus richten und nicht anders herum. Spätestens nach 2 Wochen war ich eines Besseren belehrt. Wenn ich heute nochmal junge Mutter wäre, würde ich versuchen, mehr auf meine eigenen Bedürfnisse zu achten.

Inwiefern würdet Ihr Euer Leben optimieren, wenn Ihr könntet?

Es geht uns gut. Wir arbeiten täglich daran, die anderen zu nehmen wie sie sind, die Unterschiedlichkeiten zu akzeptieren. Vielleicht ist es das, was Therapeuten und Wissenschaftler Patchworkkindern nachsagen:  Die Fähigkeit, sich auf andere Menschen einzustellen und damit eine höhere emotionale Intelligenz zu erlangen…

Was ist Euch als Familie wirklich wichtig?

Dran zu bleiben und nach Lösungen zu suchen, wenn´s mal wieder schwierig ist. „Familienräte“ können da helfen. Wir sind nur selten komplett, da ist es leicht, Probleme immer wieder hinaus zu schieben und wenn wir zusammen sind, möchten wir nicht immer Probleme wälzen. Ein Drahtseilakt mit demnächst zwei vollpubertären Jungs …

 

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