Gestern haben wir dann doch mal wieder Berg und Wiesen verlassen und sind nach Köln rein gefahren. Mit unserem Besuch aus Westfalen. Wir sind dann mit fünf Kindern zwischen fünf und acht Jahren den Kölner dom hochgegangen. 157 Meter hoch ist der, das dritthöchste Kirchengebäude der Welt, 533 Stufen zwischen unten und oben. Wir waren neulich schon mal da oben mit den Kindern, deswegen wusste ich, das klappt. Und schon beim letzten Mal fiel es mir auf und gestern eben nochmal deutlicher: Viele Menschen sprachen uns auf der Treppe beim Auf- und beim Abstieg an. Nein, nicht uns, sondern vor allem unsere Fünfjährigen. „Ihr seid aber tapfer“, sagten sie oder „Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr da hoch wollt?“ oder „Na, Ihr seid aber tüchtig.“ Und ich fragte mich: Trauen wir unseren Kindern heute nichts mehr zu?
Gelten Kinder heute nur noch als schutzbedürftige Wesen, die auf Watte zu betten sind? Ich verriet natürlich nicht, dass es die Kinder selbst waren, die sich diesen Aufstieg gewünscht hatten. Sie haben Spaß an dieser sportlichen Herausforderung (ich glaube, das Kulturelle stand nicht wirklich im Vordergrund 🙂 Und wie toll ist es, danach sagen zu können: Ich hab das geschafft! Ja, es ist anstrengend. Aber sollte man deswegen erst gar nicht losgehen? Ich finde das eine merkwürdige Einstellung, die mir auch in anderen Fällen gegenüber Kindern begegnet. Kinder haben viel mehr Kraft und Energie und Ausdauer, als wir heutzutage so glauben. Ich bin kein Marathonfan und muss sie nicht täglich vor Herausforderungen stellen, nicht dass das hier falsch rüberkommt. Aber Bewegung ist wichtig und ich finde schon, dass wir unseren Kindern auch einfach mal etwas zutrauen können. Das tut ihnen gut und stärkt sie. Finde ich.
Und dass wir es gestern nicht mit allen bis ganz nach oben geschafft haben, sondern mit einigen auf der Mittelebene geblieben sind, das war für mich dann sogar noch eine ganze wunderbare Feldstudie. Rechts war die Tür, durch die die Emporgehenden hindurch kamen, links die Tür, aus der die von Obenkommenden kamen. Fast alle schnaufend mit tollen Gesichtern für eine Fotoreportage, dachte ich. Was mir dabei aber besonders auffiel war, dass diejenigen, die eigentlich am fittesten sein sollten, die Jugendlichen nämlich, am lautesten stöhnten.
Das war nicht die Frau, die im Tragetuch noch ihr Kind mittrug. Nicht der Senior, dessen Gelenke nicht mehr so funktionierten wie früher. Und auch nicht die Kinder, die „tapfer“ die 533 Stufen rauf und wieder runter kraxelten. „Boah Alter, ich kann jetzt schon nicht mehr“. Für sie war es scheinbar eine wirkliche Herausforderung. Weil Bewegung vielleicht einfach nicht mehr so selbstverständlich ist, wie sie es einmal war. Ich geh jetzt mal schnell aufs Trampolin…